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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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was Charlie zurückrief. Powell sah durch den Spion, und der Alte konnte sich vorstellen, was er dachte: Da steht ein alter Cowboy auf meiner Veranda.
    Die Tür war kaum zehn Zentimeter weit geöffnet, als Charlies mit dicken, regennassen Schlagringen aus Messing gespickte Faust durch den Spalt in Hayden Powells Gesicht fuhr. Die Wucht des Hiebs warf Powell nach hinten, und er schlitterte über den Hartholzboden. Der Alte spannte sich an, hob das Gewehr und hielt es weiter in den Flur gerichtet. Charlie trat ins Haus und schloss die Tür hinter sich. Seine erschreckend ernsten Augen ruhten auf Powells am Boden liegender Gestalt.
    Der Alte atmete vernehmlich aus. Es war schon vorbei.
    Doch plötzlich war es doch nicht ausgestanden, denn Powell stemmte sich überraschend nüchtern auf alle viere und rannte blitzschnell von Charlie weg Richtung Küche. Für einen Moment sah der Alte sein breites, blutiges Gesicht und seinen ängstlichen Blick und hob das Gewehr im gleichen Moment, in dem Powell hinter der Kücheninsel aus seinem Blickfeld verschwand. Charlie schrie: » Schnapp ihn!«, und kaum hatte der Alte die Hintertür zugetreten, krachte Powell dagegen.
    Er prallte zurück und krümmte sich zwischen der Kücheninsel und dem riesigen Tiefkühlschrank am Boden. Was der Alte dann sah, ließ ihn weit mehr an einen Jäger denken, der ein verwundetes Tier tötet, als an einen Menschen, der einen anderen umbringt. Charlie Tibbs kam die drei Stufen vom Wohnzimmer herauf und drückte sein Opfer mit den Knien an den Boden. Powell setzte sich zur Wehr und wollte ihn abschütteln, doch nachdem er sechs heftige und gezielte Hiebe mit den Schlagringen eingesteckt hatte, rührte er sich nicht mehr.
    Charlie Tibbs erhob sich langsam. Der Alte hörte seine Knie und seinen Rücken knacken. Charlies Gesicht war von der Anstrengung ganz rot, und sein rechter Arm war vom Ellbogen abwärts blutüberströmt.
    » Du hättest ihn fast entkommen lassen«, fuhr er den Alten mit böse funkelnden Augen an.
    » Du auch«, konterte der Alte und bedauerte seine Worte sofort. Zum ersten Mal spürte er den eisblauen, Frösteln verursachenden Blick auf sich gerichtet. Doch wie eine vorbeiziehende Sturmwolke wich die Härte aus Charlies Augen, und der Alte merkte, dass er wieder atmen konnte.
    » Jetzt ist es erledigt«, sagte Charlie leise. » Nimm einen Fuß und hilf mir, ihn ins Wohnzimmer zurückzuziehen.«
    Der Alte legte das Gewehr auf den Tresen, umrundete die Kücheninsel und wandte den Blick ab, um nicht zu sehen, wie übel Charlie Powells Gesicht und Kopf zugerichtet hatte. Als sie die Leiche durch die Küche und hinunter ins Wohnzimmer zerrten, ertappte er Charlie dabei, wie dieser ihn mit ruhigen Augen taxierte.
    Sie nahmen die Mikrokassette aus Powells Anrufbeantworter, denn Charlie hatte am Nachmittag angerufen, um Powells aufgezeichnete Stimme zu hören und sicherzugehen, dass sie die richtige Adresse hatten. Obwohl er keine Nachricht hinterlassen hatte, mochten die Verkehrsgeräusche im Hintergrund den Ermittlern doch Hinweise darauf geben, dass jemand angerufen hatte, um sich zu vergewissern, wer dort wohnte. Der Alte steckte die Mikrokassette ein. Sie entdeckten Powells Computer in seinem Arbeitszimmer und rissen die Kabel aus der Wand. Der PC, Akten, ein Karton mit Disketten und mehrere Zip-Laufwerke – alles landete hinten im Pick-up. Charlie platzierte Brandbomben in den vier Ecken des Erdgeschosses und goss über zwanzig Liter Benzin in Küche und Wohnzimmer aus. Beim Gehen zündete der Alte eine Verkehrsleuchte an und warf sie durch die Hintertür ins Haus. Das mächtig aufbrausende Feuer sog ihm den Atem aus den Lungen und ließ ihn nach kalter, feuchter Luft schnappen.
    Als sie durch Bremerton Richtung Autobahn fuhren, hielt Charlie jedes Mal pflichtbewusst an, wenn ihnen ein Feuerwehrwagen mit heulenden Sirenen und blitzenden, von den regennassen Straßen und Häusern ringsum gespiegelten Lichtsignalen begegnete.
    Am Einsatzort würde die Feuerwehr ein bis auf die Grundmauern abgebranntes Haus im Wert von eins Komma sieben Millionen Dollar vorfinden. Am nächsten Morgen würde sie eine verkohlte Leiche entdecken, und eine Autopsie würde zeigen, dass der Schädel eingeschlagen war, vermutlich von den riesigen gewölbten Balken, die während des Brandes aus dem ersten Stock gekracht waren. Die Autopsie würde auch zeigen, dass Powells Blutalkoholwert erheblich über dem gesetzlich erlaubten Pegel lag. Warum und wie das Feuer

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