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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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oder so«, sagte Sandvick schwach und schluckte. » Nur habe ich keinen.«
    » Ich sag Ihnen was, Matt«, begann Joe und schämte sich seines Tricks, war aber froh über seine Entdeckung, » wenn Sie eine eidesstattliche Erklärung unterzeichnen, derzufolge Jim Finotta Ihnen den Kopf außerhalb der Saison gebracht hat, werde ich den Bezirksstaatsanwalt nicht bitten, dieser Sache nachzugehen. Ich werde ihm sogar davon abraten, falls er damit anfängt. Aber ich kann Ihnen nicht versprechen, dass er sich meiner Meinung anschließt.«
    Sandvick legte die Hände vors Gesicht und rieb sich die Augen. » Finotta ist nicht selbst mit der Trophäe gekommen. Ein Arbeiter von seiner Ranch hat sie gebracht.«
    » Wann?«
    » Ich glaube, es war im Juni«, sagte Sandvick. » Ich kann in meinen Unterlagen nach dem genauen Datum sehen. Ich habe mit ihm telefoniert. Finotta hat mir einen seiner neuen Bauplätze dafür geboten. Das konnte ich mir kaum entgehen lassen. Außerdem wollte ich ihn nicht verärgern.«
    Sandvick rieb sich noch immer die Augen, dann das ganze Gesicht. Das war für Joe quälend anzusehen.
    » Sie leisten gute Arbeit«, sagte er. » Finotta hat mir erzählt, er habe den Kopf in Jackson Hole präparieren lassen, aber jeder weiß, dass Sie der beste Dermoplastiker weit und breit sind. Und Sie arbeiten direkt hier in der Stadt. Also lag es nahe, dass er zu Ihnen gekommen ist.«
    » Er hat behauptet, er habe den Kopf in Jackson präparieren lassen?«, fragte Sandvick und war offensichtlich beleidigt.
    Joe nickte. » Ich gehe jetzt. Aber ich melde mich wegen der eidesstattlichen Erklärung demnächst wieder bei Ihnen, ja?«
    » Das ist wirklich eine Beleidigung. Jackson?«
    Ehe Joe die Werkstatt verließ, griff er über die Theke und klopfte Sandvick auf die Schulter. » Sie sind ein anständiger Kerl, Matt, aber machen Sie so was nie wieder.«
    Das hätte er ihm nicht zu sagen brauchen, denn Sandvick zitterte noch immer.
    » Wissen Sie«, erklärte Joe, » die haben das Fleisch liegen lassen. Finotta hat den Hirsch geschossen und hatte vermutlich jemanden, der ihm das Tier vor die Flinte trieb, ihm den Kopf abtrennte und den Kadaver verrotten ließ.«
    Sandvick schwieg. Er senkte die Hände, um sich am Tresen festzuhalten.
    » So was macht mich einfach rasend«, sagte Joe, tippte an seine ramponierte Hutkrempe und verließ den Laden.
    » Ich glaube, ich hab ihn«, sagte Joe zu Marybeth, als er ins Haus kam, und warf dabei den zerbeulten Hut in sein Büro.
    Sie musterte ihn aufmerksam und bekam bei seinem Aufzug vor Schreck große Augen.
    » Mir geht’s gut«, sagte Joe. » Ich glaube, ich hab Jim Finotta drangekriegt.«
    » Verstehe«, sagte sie, trat zu ihm und nestelte an einem Riss in seinem Hemdsärmel.
    Aufgeregt, wie er war, rief er: » Marybeth, wir müssen reden.«
    Sie sah ihm prüfend in die Augen und tätschelte seine Wange.
    » Bald«, sagte sie.

11
    Marybeth Pickett räumte gerade Videokassetten in die Regale hinter der Anmeldung, als sie die Tür der Bücherei auf- und zugehen hörte. Am Wochenende achteten die Bibliothekare darauf, wie viele Besucher im Gebäude waren, weil schon früh am Nachmittag geschlossen wurde. Einige Monate zuvor hatte eine der anderen Ehrenamtlichen versehentlich einen Benutzer eingeschlossen, der sich in der Toilette aufgehalten hatte. Er hatte den Sheriff anrufen und warten müssen, bis jemand von der Bücherei, der einen Schlüssel hatte, ausfindig gemacht war.
    Marybeth linste am Videoregal vorbei und gewahrte eine verschrumpelte Frau im Rollstuhl, den ein dunkelhaariger Mann mit einem Zahnstocher im Mund schob. Er sah sie, tippte an den Schirm seiner schmuddeligen Baseballkappe und musterte sie im Vorbeigehen. Marybeth nickte mehrdeutig und fuhr fort, Videos zurückzustellen. Seit die Bücherei des Twelve Sleep County im letzten Jahr Videos für zwei Dollar das Stück auszuleihen begonnen hatte, fürchteten die Bibliothekare, Bücher würden ins Hintertreffen geraten. Und so war es auch gekommen, ein Stück weit jedenfalls.
    Nachdem sie die Videos eingeräumt hatte, kehrte sie an den Schalter am Eingang zurück, wo sie den Mann antraf. Er hatte die Arme auf den Tresen gestützt, beugte sich vor und kaute auf seinem Zahnstocher. Er hatte dunkle Augen, raue Haut und ein selbstzufriedenes Grinsen im Gesicht.
    » Kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragte sie kühl.
    Er lächelte über ihre Frage, zeigte dabei sein gelbes, schlechtes Gebiss und ließ den Zahnstocher

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