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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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eine Behauptung, die nicht mit der Zahl der Mineralquellen oder der Kureinrichtungen begründet wurde, sondern mit der Menge an heißem Wasser, das aus der Erde aufstieg.
    Der Alte glitt auf der Stufe vorwärts und lehnte sich zugleich weiter zurück. Nun war sein Mund unter Wasser und auch die Ohren. Wenn man ganz untergetaucht war, hörte man nur ein diffuses Rauschen. Er atmete vorsichtig durch die Nase. Er war dick und bleich, und seine Bein- und Brustbehaarung schlängelte sich unter Wasser wie ein Beet Seetang. Der Alte hoffte, das Wasser würde nicht nur seinem schmerzenden Rücken guttun, sondern auch seine gequälte Seele reinigen. Aber damit erwartete er wohl zu viel von Thermopolis.
    Es war die Idee des Alten gewesen, in diese Stadt zu fahren, und es hatte ihn etwas erstaunt, dass Charlie damit einverstanden gewesen war. Der Alte war vom Pick-up angehumpelt gekommen, hatte am Kassentresen Badehose und Handtücher gemietet und sich zur heißesten und zugleich ruhigsten Quelle begeben. In einem anderen Teil des Bades spritzten und schrien Kinder und Familien oder glitten eine Wasserrutsche hinunter. Das Becken, in dem er saß, war für Senioren gedacht. Seine einzige Gesellschaft war eine alte Shoshonin mit rabenschwarzen Augen und schlaffer, schokoladenfarbener Haut. Mitunter hustete sie schleimig. Nach einer halben Stunde verließ sie das Becken, und der Alte war allein.
    Aus dem Augenwinkel sah er den schwarzen Ford Pick-up jenseits des Maschendrahtzauns auftauchen, der die Becken umgab. Der Wagen hielt am Bordstein. Es fiel genug Nachmittagssonne durch die getönten Scheiben, um Charlie im Pick-up mit dem Handy telefonieren zu sehen. Der Alte hatte nicht erwartet, dass er sich zu ihm gesellen würde, und war erleichtert, dass er es offenbar auch nicht beabsichtigte. Sie hatten zu viel Zeit zusammen verbracht, und der Alte vermochte sich Charlie in einer Badehose nicht einmal vorzustellen. Charlie hatte gesagt, er wolle versuchen, ihre Auftraggeber zu erreichen, und das war ihm offenbar gelungen. Das Handy war ein technisch ausgefeiltes Modell, das die akustischen Signale verschlüsselte, damit Lauscher oder Unbeteiligte mit UKW-Empfänger die Unterhaltung nicht mithören konnten.
    Der Pick-up war ein wahres Wunder und eine Waffe für sich. Zwar sah er von außen nur wie ein einschüchternder Geländewagen aus aktueller Produktion aus, doch er war ausgerüstet worden, um als rollendes Waffenlager zu dienen, » das es notfalls mit einer ganzen Polizeibehörde aufnehmen kann«, wie Charlie gesagt hatte. Zwar war ihre Arbeit so gut wie erledigt, und sie hatten geschafft, was sie sich vorgenommen hatten, doch sie hatten nicht mal ein Zehntel ihrer Feuerkraft und Ausrüstung genutzt. Offenbar hatten ihre Auftraggeber auf Charlie gehört, der ihnen gegenüber den alten Pioniergrundsatz verfochten hatte, man dürfe dem Gegner an Waffen nie unterlegen sein. Und das waren sie auch nicht gewesen.
    Der Ford war mit Schrotflinten und großkalibriger Munition bestückt, mit einer Maschinenpistole und mit Plastiksprengstoff, der in einer bestimmten Höhe detonierte oder per Fernsteuerung zur Explosion gebracht werden konnte, mit einer enormen Armbrust von zweihundert Kilo Auszugsgewicht und verlängerbarem Sehnenweg, mit Nachtsichtbrillen und Nachtsichtzielfernrohren, Sende- und Empfangsgeräten mit Fernsteuerung sowie mit Nervengas und Erschütterungsgranaten. Charlie Tibbs war besonders stolz auf das maßgefertigte Remington Heckenschützengewehr mit Leupold-Zielfernrohr, das nach seinen Wünschen und Angaben hergestellt worden war. Es brauchte entsprechend gefertigte Kugeln, die auch auf Entfernungen von über tausend Metern nicht trudelten. Die Waffe konnte auf der Ladefläche des Pick-up auf ein besonderes Stativ geschraubt werden, dessen Theodolit Richtung und Geschwindigkeit des Windes, Höhe über Normalnull, Flugbahn der Kugel und Entfernung zum Ziel maß, um unglaublich weite Schüsse zu ermöglichen.
    Unter der Ladefläche des Wagens waren eine Panzerfaust und ein gepanzertes Magazin voller druckempfindlicher und über Funk zu zündender Landminen versteckt.
    Im Führerhaus des Pick-up gab es das Handy mit Signalverschlüsselung, einen Blackberry, einen Pager und ein hochmodernes GPS-System zur Navigation selbst in den abgelegensten Winkeln der USA. Sie hatten den Navi bisher erst einmal benutzt, und zwar in der Hauptstadt Washington. Der Alte und Charlie Tibbs kannten die Rocky Mountains gut genug, um auf

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