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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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erzählte er nicht.
    Barnum schüttelte langsam den Kopf, als habe Joe ihn enttäuscht.
    » Lassen Sie sich wieder auf windige Geschichten ein, ja?«, fragte er. » Verfolgen Sie wieder meine Untersuchungen weiter – wie damals, als die Ausrüster umgebracht wurden?«
    Joe widerstand der Verlockung, den Sheriff daran zu erinnern, dass er seine Ermittlungen doch selbst vermasselt hatte und zu falschen Schlussfolgerungen gekommen war, ehe Joe sich überhaupt mit dem Fall befasst hatte.
    Barnum erhob sich und sah erneut auf die Uhr. » Die Kriminaltechniker haben alles dort oben fotografiert, untersucht und gemessen. Ich schätze, sie haben sich auch Ihren Ast angesehen. Aber ich werde meinen Deputy bitten, ihnen eine Mail zu schicken, um das bestätigt zu bekommen. Sind wir jetzt fertig?«
    » Bis auf eine Kleinigkeit.«
    » Und die wäre?«, fragte Barnum und nahm seine Jacke.
    » Ich werde Richter Cohn in Johnson County um einen Durchsuchungsbeschluss für Jim Finottas Haus bitten«, sagte Joe nüchtern. » Und dann werde ich diesen Mistkerl wegen Wilderei festnehmen.«
    Das ließ den Sheriff innehalten. Langsam drehte er den Kopf zu Joe herum. In Barnums Augen, die seiner eigenen Aussage zufolge fast alles gesehen hatten, stand ein gewisses Staunen.
    » Ich dachte, Sie sollten das wissen, damit Sie nach der Festnahme sagen können, Sie seien offiziell vorgewarnt worden«, sagte Joe ruhig.
    Barnums Gesicht verzog sich zu einem schiefen Lächeln. » Ich würde das halbe Rind zu Weihnachten vermissen«, gab er zurück. » Aber etwas sagt mir, dass ich mir diesbezüglich keine Sorgen machen muss.«
    Joe ging über diese Beleidigung hinweg. » Und wenn ich ihn verhafte, frage ich ihn, wie er von dem explodierten Rind wissen konnte, ehe ich ihm davon erzählt hatte.«
    Im Schaufenster des Tierpräparators stand ein Schild mit der Aufschrift Geschlossen, und an der Innenseite der Ladentür war mit Klebeband eine handgeschriebene Notiz befestigt.
    Joe blieb stehen, um sie zu lesen.
    Bin bis zum 1. September angeln.
    Kann den Beginn der Jagdsaison kaum erwarten!
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    Joe sackte gegen den Türrahmen und sah die leere Hauptstraße von Saddlestring hinunter. Auf der Brücke am Ende der Straße jubelten einige halbwüchsige Jungen einem Kameraden im Fluss unter ihnen zu. Er hatte ein Seil ans Geländer gebunden und fuhr im Schmelzwasser des Twelve Sleep River, das ihm reißend entgegenströmte, Wasserski. Joe fühlte sich plötzlich sehr alt.
    Marybeth stand am Waschbecken, machte vor dem Schlafengehen Toilette und dachte über die Ereignisse des Tages nach, als Joe hereinkam und sich aufs Bett fallen ließ. Er hatte sehr schlechte Laune.
    » Finotta hat mich ausgetrickst«, gab er unverblümt zu. » Er war mir während der ganzen Zeit zehn Schritte voraus und hat Sandvick unter Druck gesetzt. Ich hab die Sache verbockt, weil ich mir das Foto nicht sofort von Sandvick hab geben lassen.«
    Marybeth seufzte innerlich. Manchmal nahm ihr Mann die Leute etwas zu rasch beim Wort, und das ärgerte sie. Sie mochte es gar nicht, wenn andere ihn ausnutzten. » Du bist zu vertrauensselig, Joe.« Sie sah ihn im Spiegel an. » Manchmal bist du einfach nicht zynisch genug.«
    » Ich arbeite daran.«
    Den Waschlappen noch in Wangennähe, drehte sie sich zu ihm um. » Finotta ist ein Reptil, aber du musst ihn jetzt endlich in Ruhe lassen, Joe. Er kann mit uns machen, was er will, wenn ihm der Sinn danach steht. Und wenn er so böse ist, wie wir denken, kannst du ihn ein andermal erwischen.«
    Joe ächzte.
    Marybeth dachte an das unterbrochene Gespräch mit Ginger Finotta in der Bibliothek. Und an das Buch über Tom Horn, das noch immer nicht zurückgegeben worden war.

17
Thermopolis, Wyoming
1. Juli
    Umgeben von Schwefeldampf wartete der Alte auf Charlie Tibbs, erholte sich auf den mineralienüberkrusteten Stufen eines heißen Beckens, schloss die Augen und konzentrierte sich darauf, wie seine Nacken- und Rückenmuskulatur sich zu lockern begann und sich das löste, was er sich als eine Reihe komplizierter Knoten vorstellte. Er seufzte schwer und glitt noch eine Stufe tiefer, so dass ihm das heiße Wasser bis ans Kinn reichte.
    Sie waren in Thermopolis, einer Kleinstadt im Zentrum von Wyoming am Rande des Indianerreservats Wind River, die damit warb, die größten heißen Quellen der Welt zu haben –

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