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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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» Wollen Sie wirklich, dass ich ihm das vorschlage?«
    Joe las in Hersigs Miene, dass er ganz und gar nicht vorhatte, Richter Pennock herauszufordern.
    » Ja«, sagte er. » Genau das will ich. Wie wäre es denn mit Richter Dingsda in Johnson County?«
    » Mit Richter Cohn?« Hersig legte die Hände vors Gesicht und rieb sich die Augen, als würde Joe ihn foltern.
    » Es gibt niemanden im Twelve Sleep County, der es für richtig hält, dass Richter Pennock über ein Verbrechen zu entscheiden hat, in das sein Geschäftspartner verwickelt ist«, sagte Joe. » Das kann sogar Pennock begreifen.«
    » Joe!«
    » Und darum müssen Sie ihn bitten, den Fall einem anderen Richter zuzuweisen«, sagte Joe und erhob sich.
    Hersig sah auf und erwiderte scharf: » Joe, was Sie da reden, wird Sie in mächtige Schwierigkeiten bringen. Glauben Sie, Finotta wird aufgeben? Er hat einen direkten Draht zum Gouverneur – und zum Direktor Ihrer Behörde. Ich muss Ihnen sagen, dass diese Anklage auf tönernen Füßen steht. Ihr Zeuge hat seine Aussage zurückgenommen, und um irgendetwas zu beweisen, brauchen Sie den Beschluss eines Richters aus einem anderen Bezirk, um das Haus eines im Twelve Sleep County ansässigen Ranchers und Anwalts zu durchsuchen. Glauben Sie wirklich, der Hirschkopf wird noch an der Wand hängen, wenn Sie ihn endlich holen gehen? Glauben Sie mir – bis dahin hängt dort ein reizender englischer Jagdstich oder sonst ein Käse.«
    Nun stand Hersig auf, und seine Miene entspannte sich. » Joe, ich mag Sie. Sie sind einer der wenigen anständigen Menschen, die ich kenne. Aber diese Sache ist zu einem der Fälle geworden, bei denen ein Kipper rückwärts vors Gericht fährt und einen riesigen Haufen dampfenden Mist abschüttet. Ich müsste den Richter und die Schöffen davon überzeugen, dass irgendwo in diesem Mist ein Juwel von einem Fall begraben ist, sofern sie nur Geduld haben und sich an den Gestank gewöhnen. Und um Ihnen die Wahrheit zu sagen: Wenn Sie weiter Druck machen sollten, würde es tatsächlich langsam ein wenig nach Belästigung aussehen.«
    Joe hörte aufmerksam zu. Er war erstaunt darüber, mit welchem Nachdruck Hersig argumentierte.
    » Wenn Sie an dieser Sache festhalten, könnte ich am Ende Sie verfolgen, Joe.«
    » Eins macht mich wirklich wütend«, erwiderte Joe. » Der Kerl hat das größte Wapiti der Bighorns getötet und das Fleisch einfach verrotten lassen.«
    Hersig winkte ab. » Ich weiß, ich weiß. Das haben Sie mir schon erzählt. Ich kann da einfach nicht viel machen.«
    Joe drehte sich um und musste sich fast verrenken, um die Tür zu öffnen, ohne seinen Stuhl umzuwerfen.
    » Joe!«, rief Hersig ihm nach.
    Joe beugte sich ins Büro zurück.
    » Ich sage es nur sehr ungern, aber meistens gewinnen die Arschlöcher.«
    Joe stand einen Moment lang reglos da und setzte dann seinen Hut auf.
    » In diesem Bezirk scheint es so zu sein«, erwiderte er und schloss unsanft die Tür.
    Sheriff O. R. » Bud« Barnum war im Büro und sah prompt auf die Uhr, als Joe eintrat.
    » Ich hab ein Arbeitsessen«, sagte Barnum und hob die schweren Lider. » Sie hätten vorher anrufen sollen.«
    » Es dauert nur fünf Minuten«, erklärte Joe. Das Treffen mit Hersig hatte ihn mitgenommen. Er fühlte sich gedemütigt und war zornig und verärgert über den Verlauf des Gesprächs. Und er war wütend über sich selbst, weil er Sandvick vertraut und nicht vorhergesehen hatte, wie gewieft und effizient Finotta sein konnte. Er fragte sich, wie viel Zeit der Anwalt in der Vorwoche damit verbracht hatte, Joes Handlungen vorherzusehen und zu kontern, und was er dem Richter, dem Gouverneur und dem Direktor der Jagd- und Fischereibehörde über ihn erzählen würde.
    Joe beschloss, das Gespräch mit dem weniger heiklen Thema zu beginnen, erzählte Barnum von dem seltsamen Ast und fragte, ob er auf Blut, Haare und Textilfasern hin untersucht worden sei. Der Sheriff sah Joe mit kaum verhohlener Ungeduld an.
    » Sie sind gekommen, um mich nach einem bestimmten Ast an einem bestimmten Baum zu fragen?«
    » Er hat die Form eines Angelhakens«, sagte Joe.
    Er nahm in Kauf, wie dumm das klang. Doch nach dem Treffen mit Hersig konnte er vorderhand keine Peinlichkeit mehr empfinden. Joe beschrieb den genauen Standort des Baums und sagte, der Ast könne beinahe gewiss das Gewicht eines Erwachsenen tragen und sei dunkelrot gefleckt. Nur von seinem seltsamen Gefühl, am Abend der Explosion am Krater beobachtet worden zu sein,

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