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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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karitativen Einrichtung in der Stadt zu spenden, hatte er es einfach liegen lassen. Hätte Finotta nur eine Trophäe gewollt, dann hätte er einen Führer mieten und den Hirsch auf sportliche Weise in der Jagdzeit zur Strecke bringen können. Doch er hatte den Hirsch lieber außerhalb der Saison erlegt – zu einer Zeit also, da niemand Jagd auf das Tier machen durfte –, seinen Erfüllungsgehilfen befohlen, das Tier zu enthaupten, das Verbrechen vertuscht und seinen Einfluss und seine Verbindungen genutzt, um seinen Ankläger in Misskredit zu bringen. Um es mit Robey Hersig zu sagen: Die Arschlöcher gewannen gewöhnlich.
    Doch Joe dachte an mehr als bloß an Jim Finotta.
    Zwei Tage zuvor hatte » Stewie« erneut angerufen. Diesmal war Sheridan ans Telefon gegangen. Auf ihre Frage, wer am Apparat sei, hatte der Anrufer seinen Namen zunächst nicht nennen wollen. Doch als sie aufzulegen gedroht hatte, hatte er sich als Stewie Woods vorgestellt und gesagt, er rufe wieder an, wenn ihre Mutter zu Hause sei. Sheridan hatte ihm nicht verraten wollen, wann das war.
    Abends im Bett hatte Marybeth Joe gestanden, sie habe bei der Sache ein komisches Gefühl. Sollte es sich um einen Witz handeln, sei er ganz und gar nicht lustig. Sie meinte, selbst der hartnäckigste Journalist greife nicht zweimal zur gleichen List. Es müsse jemand anderer gewesen sein, der aus anderem Grund anrufe. Sie hoffe, es handele sich nicht um einen gestörten Anhänger von Eine Welt.
    Stewie Woods aber konnte es einfach nicht gewesen sein. Das hatten Joe und Marybeth unausgesprochen gelassen. Es gab keinen Grund, weiter zu spekulieren.
    Egal, wer es gewesen war – Joe war über die Anrufe verärgert. Sie hatten Rufnummernerkennung beantragt, um den Anruf rückverfolgen zu können, doch dieser Dienst war noch nicht installiert. Er hoffte, beim nächsten Anruf daheim zu sein, um sich den Hörer greifen und herausfinden zu können, was vorging. Es kränkte ihn, dass ein Fremder seine Frau wiederholt anrief, und es kränkte ihn noch mehr, dass der Grund dieser Anrufe ihre Beziehung zu einem anderen Mann war. So harmlos Marybeth ihre Freundschaft mit Stewie ihm gegenüber auch darstellte: Er biss die Zähne zusammen, wenn er nur daran dachte. Es quälte ihn, sich vorzustellen, wie sie am Ende der Schulzeit und in der ersten Zeit auf dem College mit zwei Jungs wie Stewie Woods und Hayden Powell gelacht und gescherzt hatte. Beide waren später bekannt geworden, zumindest in Kreisen der Umweltschützer. Sie waren beinahe berühmt, und sie hatten Charisma. Und beide hatten seine Frau geliebt. Doch Marybeth hatte sich für Joe entschieden und damit der Aussicht auf ein aufregendes Leben in trauriger Berühmtheit den Rücken gekehrt. Er hoffte innig, dass sie diese Entscheidung nicht bereute. Statt sich mit zwei Berühmtheiten der Umweltbewegung herumzutreiben, war Marybeth mit Joe in Wyoming von einer heruntergekommenen Staatswohnung in die nächste gezogen. Ihre Entscheidung für ihn hatte dazu geführt, dass sie ihre Laufbahn als Juristin abbrechen und äußerst sparsam hatte wirtschaften müssen, um über die Runden zu kommen – ganz abgesehen davon, dass sie in ihrem Haus niedergeschossen und hilflos liegen gelassen worden war.
    Joe seufzte, lächelte grimmig in sich hinein und versuchte, sich zu beruhigen. Aber er gelobte sich, dem Anrufer eins auf die Nase zu geben, wenn er ihn zu fassen bekäme.
    Während er Lizzie an den Bach führte, damit sie vor dem Ritt zum Gipfel etwas trinken konnte, staunte Joe über das enorme Pech, das die Umweltbewegung in jüngster Zeit heimgesucht hatte. Zuerst war Stewie Woods in Joes Bezirk von einem Rind in die Luft gejagt worden. Dann war der Kongressabgeordnete Peter Sollito – ein großer Verfechter von Umweltbelangen – auf skandalträchtige Art umgekommen. Danach war Hayden Powell beim Brand seines Hauses im Staat Washington gestorben. Powells Verleger behauptete, Hayden habe kurz vor der Ablieferung seines neuen Buchs gestanden, doch vom Manuskript hatte sich keine Spur gefunden.
    Joe saß wieder auf und schnalzte, damit Lizzie sich in Bewegung setzte. Die Pechsträhne war vor wenigen Tagen mit der Entdeckung der Leiche von Emily Betts – einer Kämpferin für die Wiederansiedlung von Wölfen in den Rocky Mountains – noch überboten worden. Ihr kleines Privatflugzeug war südwestlich von Red Lodge, Montana, in den Beartooth Mountains zerschellt. Wanderer hatten die Leiche gefunden und berichtet, bei ihrem

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