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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kommen seien zwei Wölfe aus dem Cockpit geflohen. Emily Betts, die wohl sofort tot gewesen war, war von ihrer Fracht teilweise gefressen worden.
    Nicht nur Joe Pickett fragte sich, ob diese Todesfälle miteinander in Zusammenhang standen. Spekulationen wucherten unter Umweltschützern wie beim Morgenkaffee in Saddlestrings Lokalen. Aber die Fälle waren sehr verschieden. Sollte es ein Muster geben, so war es nicht erkennbar. Nichts an den Todesfällen legte Mord nahe – außer vielleicht im Fall des Kongressabgeordneten. Joe hatte gelesen, dass kürzlich eine Prostituierte festgenommen und der Tat bezichtigt worden sei; diese habe aber alles abgestritten und sich einen berühmten Anwalt genommen.
    Nun war auch Emily Betts auf die Liste gekommen – eine Kämpferin für die Wiederansiedlung der Wölfe, die ums Leben gekommen war, als sie die Tiere gesetzeswidrig in Wyoming hatte aussetzen wollen.
    Doch selbst glühende Verschwörungstheoretiker konnten die Todesfälle nur insofern verbinden, als sie sich alle jüngst ereignet und bekannte Verfechter der Umweltbewegung getroffen hatten – und insofern sich die meisten Todesfälle unter demütigenden Umständen zugetragen hatten.
    Joe hatte allerdings gehört, Einheimische hätten sich am Kneipentresen mit Siegergesten begrüßt. Offenbar kamen in den Umweltgruppen im ganzen Land Anschuldigungen auf, Verschwörungsvorwürfe und der Ruf, die Todesserie solle von Kongress und FBI untersucht werden.
    Joe brachte Lizzie mit einer Zügelbewegung zum Stehen, zog sein Notizbuch aus der Hemdtasche, schlug eine neue Seite auf und zeichnete die USA in flüchtigen Umrissen aufs Papier. Dann markierte er vier Orte mit Stern und Datum: Saddlestring, Wyoming, 10. Juni; Bremerton, Washington State, 14. Juni; Washington D.C., 23. Juni; Choteau, Montana, 29. Juni. Zwischen den Todesfällen in Saddlestring und Bremerton waren vier Tage vergangen, zwischen denen in Bremerton und Washington D.C. neun Tage und zwischen denen in Washington D.C. und Choteau sechs Tage.
    Sollten ein oder mehrere Killer dafür verantwortlich sein, dachte Joe, dann hatten sie die USA per Flugzeug oder Auto fast einen Monat lang kreuz und quer durchstreift. Und möglicherweise gab es zwei, drei oder gar vier Killer, die alle mit eigenem Auftrag unterwegs waren. Das aber erschien ihm unwahrscheinlich, da es einfach zu kompliziert war und es zu viele Faktoren und Möglichkeiten gab, dass etwas schiefging. Doch wenn es nur ein Killer oder ein Team von Killern gewesen sein sollte, dann war es ein äußerst arbeitsreicher Monat gewesen. Er dachte an die Zeitspannen zwischen den Vorfällen und kam zu dem Schluss, dass es möglich, wenn auch unwahrscheinlich war, dass ein Team hinter allen Todesfällen steckte. Der längste Zeitraum lag zwischen den Ereignissen in Bremerton und Washington D.C., und das war mit dem Wagen auch die weiteste Strecke. Möglicherweise waren die Killer also mit dem Auto unterwegs.
    Er sah auf seine Zeichnung und dachte über die Daten nach.
    Er kam einfach nicht weiter.
    Joe kehrte mit Lizzie in den Wald zurück. Er wollte sich zum Gipfel hocharbeiten und über einen Weg auf der anderen Seite des Bergs zu Pick-up und Pferdehänger zurückkehren. Er erwartete, dabei weitere Kälber zu entdecken und zu zählen. Vielleicht würde er in der Nähe der Straße auch auf Angler stoßen – oder auf Camper, die für ein verlängertes Wochenende angereist waren. Er würde den langen Weg nehmen.
    Er vergaß nicht, sich im Sattel vorzubeugen, Lizzie über den Nacken zu streichen und ihr zu sagen, was für ein gutes Pferd sie sei. Früher hatte er das nicht getan.

19
    Sheridan Pickett ging am Donnerstag beim Frühstück ans Telefon, hörte einen Moment lang mit gereizter Miene zu und gab Marybeth den Hörer.
    » Es ist wieder dieser Mann«, sagte sie unwillig.
    Joe und Marybeth tauschten einen besorgten Blick, und Joe flüsterte: » Halt ihn am Apparat.« Dann schob er seinen Stuhl zurück und stand auf, um nach oben zum zweiten Anschluss zu gehen.
    » Darf ich mit ihm sprechen?«, fragte Lucy, den Mund voll Cornflakes. Sie wollte mit allen reden, die anriefen.
    Joe sprang die Treppe hoch, machte die Schlafzimmertür hinter sich zu, setzte sich aufs zerwühlte Bett und hob den Hörer behutsam ans Ohr. Das Gespräch hatte schon begonnen. Die Verbindung war lausig und verrauscht. Die Baritonstimme des Mannes klang recht unartikuliert, als stünde er unter Beruhigungsmitteln. Er sprach langsam und wie mit

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