Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Richter, Ölmagnaten, Anwälte und Mediziner zugleich Rancher waren, war die Organisation stolz auf ihre althergebrachte Exklusivität. Es war eine Ehre, gefragt zu werden, ob man Mitglied werden wolle.
    McBrides Vater war Mitglied gewesen und sein Großvater auch. Eine Zeit lang war sein Vater sogar stellvertretender Vorsitzender gewesen.
    Der Viehzüchtertrust wurde durch eine freiwillige Abgabe finanziert, die bei Ranchern ein paar Cent pro Rind, bei Ölmagnaten ein paar Cent pro Barrel betrug. So war im Lauf der Zeit ein erhebliches Vermögen zusammengekommen. Der Trust hatte mit dem Geld in Cheyenne einen anständigen Sitz errichtet und Lobbyisten dafür bezahlt, für seine Ziele einzutreten und seine Interessen zu schützen. Er war auf stille Weise so effektiv, wie Tom Horn es einst mit seiner Winchester gewesen war.
    » Ist es möglich, dass der Trust aus einem › Krieg der Kulturen‹ einen echten Feldzug gemacht hat? Dass er sich also seiner Wurzeln besonnen hat?«, fragte Marybeth.
    McBride schob ihr das frisch gezapfte Bier hin, das der Barmann auf die Theke gestellt hatte, und nahm einen langen Zug von seinem Bourbon.
    » Das würde ich nicht ausschließen«, sagte er. » Sie müssen wissen, dass der Viehzüchtertrust sich schon vor meinem Austritt vollkommen verändert hatte. Er war nicht mehr der alte Klub der Gentlemanrancher. Die meisten neuen Vorstände leben in anderen Bundesstaaten und statten ihrer Ranch in Wyoming nur ab und zu einen Besuch ab, setzen sich einen Hut auf, ziehen Stiefel an und spielen ein paarmal im Jahr Rancher, um auf Cocktailpartys in New York oder L.A. die Bemerkung fallenlassen zu können, eine Ranch in Wyoming zu besitzen. Alte Jungs wie ich wurden rausgedrängt. Bei meinem Austritt kannte ich kaum noch ein Mitglied persönlich. Schon damals haben sie ihre Besprechungen nur noch per Konferenzschaltung abgewickelt und sich nicht mehr am Sitz des Trusts in Cheyenne getroffen. Diese Witzbolde standen vom Privatjet aus in Funkkontakt oder telefonierten per Handy aus der Stretchlimo. Ständig haben sie über die schlechte Presse gemeckert, die die Rancher wegen großmäuliger Umweltschützer bekämen. Es war langsam nur noch ein Witz. Das sind doch keine Rancher – denen gehört nur eine Ranch.«
    » Und sind Sie aus freien Stücken gegangen?«
    Er stierte in sein Glas. » Als ich betrunken war, habe ich ein paar Dinge gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen. Da wurde meine Mitgliedschaft annulliert, nachdem ich die Ranch verloren hatte.«
    » Warum wollen solche Leute überhaupt Mitglied sein?«
    McBride war auf diese Frage gefasst. » Darüber hab ich mich anfangs auch gewundert. Dann hab ich begriffen, dass ihnen die Vorstellung, einem exklusiven Klub anzugehören, genauso gefiel wie die, eine in dritter Generation geführte Ranch in Wyoming oder Montana zu besitzen. Es ist der gleich Wunsch, vor Ort ein großes Tier zu sein und das Heft in der Hand zu haben. So wie Jim Finotta, wissen Sie?«
    Marybeth nickte und dachte an das, was Ginger Finotta ihr zu sagen versucht hatte.
    » Er ist auch Mitglied, stimmt’s?«, fragte sie.
    » Tja.« McBride schnaubte. » Würde mich nicht wundern.«
    Zu Hause auf dem Anrufbeantworter war keine Nachricht von Joe. Inzwischen war es halb elf vorbei. Trey Crump hatte angerufen, gesagt, er werde am nächsten Morgen zur Hütte fahren, und Marybeth gebeten, ihm ihre Wegbeschreibung zu faxen. Sollte Joe sich am Morgen noch immer nicht gemeldet haben, würde er dem Bezirkssheriff Bescheid geben, damit der ein Such- und Rettungsteam kommen ließe.
    Marybeth saß allein am Küchentisch. Ihre Handflächen hinterließen feuchte Streifen auf der Tischplatte. Sie stierte vor sich hin und kämpfte dagegen an, aus schierer Enttäuschung in Tränen auszubrechen.
    Plötzlich stand sie auf, kramte das dünne Telefonbuch des Twelve Sleep County aus der Schublade, schlug eine Nummer nach und rief die Finotta-Ranch an.
    Das Telefon klingelte achtmal, ehe abgenommen wurde. Die Stimme war kalt und distanziert.
    » Spreche ich mit Jim Finotta?«, fragte sie.
    » Ja.«
    » Kann ich bitte mit Ihrer Frau, mit Ginger sprechen?«
    » Wer ist da?«
    Sie sagte es ihm, und eine lange Pause folgte.
    » Ginger ist im Bett.«
    » Es ist wichtig.«
    Er legte auf.

31
    Vor Sonnenaufgang, als noch kalte Luft durch die Bäume und über die Berge strich, kam Britney Earthshare am Sonntag ungefähr zu der Zeit, da Joe zu Hause für seine Mädchen hätte Pfannkuchenteig mischen

Weitere Kostenlose Bücher