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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Steine gab. Joe folgte ihm, dicht gefolgt von Britney, der Tränen der Angst auf den schmutzigen Wangen standen. Sie hatten sich das Seil um die Taille geschlungen.
    » Was wir hier erleben, hat was von großem Kino«, rief Stewie über die Schulter.
    » Pass auf, wo du hintrittst, du Blödmann!«, schimpfte Britney.
    » Ruhig bleiben.« Joe seufzte. » Wir haben einen langen Weg vor uns.«
    Er heftete die Puppe an die Innenseite seines Hemds. Falls sie ein Glücksbringer war oder mystische Kräfte besaß, wollte Joe möglichst viel davon aufnehmen. Wie ein Talisman lag sie an seiner schwitzenden Haut. Er gelobte, die Puppe – sollte er den Abstieg schaffen und zu seiner Familie zurückkehren – zu reinigen und seinen Töchtern zu schenken.
    Nach der ersten Kehre wurde der Pfad breiter, und sie mussten sich nicht mehr seitwärts schieben, sondern konnten langsam vorwärts hinuntersteigen. Wie Stewie behielt auch Joe die ganze Zeit eine Hand an der Canyonwand. Sollte er auf losen Steinen ausrutschen, so wollte er gegen den Fels fallen und nicht in die Schlucht stürzen.
    » Wenn ich’s nach Hause schaffe, geh ich in die Kirche, das schwöre ich«, gelobte Britney. » Ich weiß noch nicht, in welche. Sie muss spirituell sein, heilend und vergebend. Und ohne viel von dem religiösen Plunder, den heutzutage so viele Kirchen haben.«
    Joes Oberschenkel begannen beim Abstieg zu schmerzen. Paradoxerweise war er froh darüber, da ihn dies von anderen Sorgen ablenkte. Er war hungrig, und seine Kehle war vor Durst staubtrocken. Äste hatten seine Kleidung zerfetzt. Der Schlafmangel ließ ihm die Augen brennen, und all seinen Konzentrationsbemühungen zum Trotz vernebelten Erschöpfung, Angst und ungewohnte Selbstzweifel sein Denken.
    Sie waren den Pfad, den Stewie jetzt den Cheyenne-Übergang nannte, schon weit abgestiegen, als Joe sich zu fragen anfing, ob sie das Richtige getan hatten. Wie leicht mochten sie an einen Punkt kommen, wo es nicht weiterging, wo sie aber auch nicht mehr umkehren konnten! Joe war bei Suche und Bergung eines Mannes dabei gewesen, der auf der Jagd nach Bighornschafen einen felsigen Hang in Serpentinen erstiegen und dann gemerkt hatte, dass er keinen Abstieg mehr fand. Er war abgestürzt und hatte zweiundsiebzig Stunden lang mit zahlreichen Knochenbrüchen zwischen Granitblöcken gelegen, ehe er auf dem Weg ins Krankenhaus an Unterkühlung gestorben war.
    Sollte der Felsvorsprung, der ihnen als Pfad diente, plötzlich enden, würden sie den ganzen Weg zurückgehen müssen. Gleichgewichtssinn und Hangabtrieb hatten sie bis hierher gebracht, doch mit schmerzenden Muskeln und von Hunger und Erschöpfung benommen aufzusteigen, würde nichts Gutes bedeuten. Es würde ausgesprochen schwer werden, die glatte Rinne im Fels hinaufzuklettern, auf der sie anfangs auf den Gesteinsvorsprung geschlittert waren.
    Erst als Joe zur Felswand gegenüber sah, merkte er, dass sie schon zwei Drittel des Abstiegs geschafft hatten. Er blickte auf seine Uhr und stellte fest, dass sie dafür nur zwanzig Minuten gebraucht hatten.
    » Wenn wir unten sind«, fragte Britney, » halten wir uns dann flussabwärts, oder steigen wir auf der anderen Seite wieder auf?«
    » Wir steigen wieder auf!«, rief Stewie triumphierend. » Und gehen dann weiter nach Saddlestring zu Cheeseburgern, Bier und Hähnchensteaks, die in Bratensoße schwimmen!«
    » Eine Dusche wäre nett«, sagte Britney lahm.
    Euch zwei Irre loszuwerden wäre mehr als nett, dachte Joe mit solcher Klarheit, dass er kurz fürchtete, es tatsächlich gesagt zu haben.
    Er lächelte, und seine Lebensgeister kehrten zurück. Die Mischung aus Erschöpfung und erfolgreichem Vorankommen schien ihn aufzuputschen. Je näher sie dem Schluchtboden kamen, desto mehr wandelte sich seine blanke Verzweiflung in ungekannte Euphorie, doch er freute sich dieses Gefühls nicht, sondern misstraute ihm.
    Der Weg wurde schmaler und war nun kaum breiter als eine Stiefellänge. Er drückte die Wange an die kühle Felswand, klammerte sich mit ausgestreckten Armen daran und schob sich vorsichtig abwärts. Bald hörte er das Plätschern des Bachs, wagte aber nicht, sich vom Gestein zu lösen und hinunterzuschauen.
    Dann hörte er Stewie mit einem » Halleluja!« von dem Felsvorsprung springen und spritzend im Wasser landen.
    Joe folgte ihm und landete knöcheltief im eiskalten Bach, was ein angenehmer Schock für seinen Körper war. Nachdem er Britney vom Felsvorsprung geholfen hatte, sank Joe

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