Wilde Glut - Singh, N: Wilde Glut
sich sein Gesicht.
Sie hätte das Mal verstecken können … doch ihrer Wölfin behagte das nicht. So war sie nun einmal, und wenn der Mann, der ihr Gefährte sein wollte, das noch immer nicht begriffen hatte, musste sie ihm diese Tatsache eben so lange eintrichtern, bis er sie endlich im Schädel hatte.
Leicht genervt von diesen Überlegungen öffnete sie die Tür und ging hinaus.
Der erste Rudelgefährte, der ihr über den Weg lief, starrte so lange auf das Mal, bis sie ihn anknurrte. Dann hob er entschuldigend die Hände und machte sich davon … doch seinen Blick hatte sie sehr wohl wahrgenommen. Dieser Ausdruck der Überraschung begegnete ihr überall, und ihre Haut kribbelte unangenehm. Die Überraschung konnte sie ja verstehen, aber normalerweise hätten Pfiffe und neckende Tipps die Blicke begleitet.
Heute erfolgte nichts dergleichen.
Sie stürmte in Hawkes Büro, noch bevor er den ersten Kaffee getrunken hatte. Die Jeans hing gefährlich tief auf seinen Hüften, und er sah sie schlaftrunken an, als sie ihn zur Seite schob, die Arme über der Brust verschränkte und sich über die Reaktionen beschwerte. »Er hat mich doch nicht verletzt, also warum machen alle – «
Hawke schüttelte sich, als müsse er erst noch aufwachen und legte den Finger auf ihren Mund. »Der Abdruck der Zähne ist deutlich zu sehen«, sagte er und sah sich die Stelle genau an. »Die Haut ist nicht eingerissen. Ihr habt also nicht gekämpft.«
»Und?«, fragte sie, sie wusste, wie aggressiv ihre Stimme klang, scherte sich aber nicht darum.
»Und du bist Indigo«, murmelte Hawke. »Wenn du so etwas zulässt, hat es eine Bedeutung, das weiß das Rudel.«
Immer noch missmutig, weil sie es nicht für eine so große Sache gehalten hatte, ließ sie die Arme sinken. »Na, solange sie Drew nicht damit aufziehen.«
Dem hinterlistigen Blick des Leitwolfs traute sie kein bisschen. »Um Drew würde ich mir keine Sorgen machen.« Er machte eine Kunstpause. »Ich wäre eher besorgt, was er wohl anstellt, um den Paarungstanz zum Abschluss zu bringen.«
»Hmm.« Sie kannte Drew inzwischen ziemlich gut. War auf seine Einfälle gefasst. Mit einer vertrauten Geste strich sie Hawkes Haar zurück. »Du solltest mal wieder Sex haben.«
Hawke blinzelte. »Wie bitte?«
Sie verdrehte die Augen. »Dein Wolf ist unruhig, ich kann den Hunger fast spüren. Früher oder später merken das auch die weniger dominanten Rudelgefährten.« Sie achtete nicht auf sein leises Knurren und trat noch näher. »Du bist der Leitwolf, wenn du durchdrehst, hat das Auswirkungen auf das ganze Rudel.«
Sie hatte Recht, das wusste Hawke genau. Aber deshalb musste er sich so etwas noch lange nicht anhören. »Da ist die Tür. Raus mit dir!«
Sie seufzte und drehte sich um. »Sie hat übrigens noch nicht mit ihm geschlafen.«
Hawke starrte unbewegt auf den Rücken der Offizierin.
Indigo griff nach dem Türknauf und drehte sich noch einmal um. »Eine Frau weiß das«, sagte sie, obwohl er gar nicht danach gefragt hatte. »Warte nicht zu lange, Hawke. Sonst verlierst du sie vielleicht.«
39
Nikita fing Anthonys Blick auf, sie saßen wieder in der Hütte am Lake Tahoe, denn inzwischen trafen sie sich auch physisch, wann immer es nötig war. Im Medialnet war die Gefahr zu groß, von anderen abgehört zu werden. »Henrys Armee wird Tag für Tag größer.«
»Viele unserer Leute sind beunruhigt über die Störungen im Medialnet, da hat er genügend Auswahl.«
»Genau.« Ihre Gattung war in der Illusion gefangen, Silentium böte ihr Sicherheit und würde, solange wie es nur ging, am Programm festhalten – selbst wenn die Illusion allmählich wegbrach und eine Krankheit das Netzwerk von innen zerfraß.
»Wir sind stark genug, um die Scotts eine Zeitlang aufzuhalten, besitzen aber beide nicht genügend militärische Stärke, um sie endgültig zu schlagen«, stellte Anthony ruhig fest. »Wir müssen uns überlegen, wie wir weiter vorgehen.«
»Die Bevölkerung der Stadt steht hinter mir«, sagte Nikita. »Die Unterstützung nimmt eher noch zu.« Mit den Morden hatte Henry einen strategischen Fehler begangen. Denn in Wahrheit gab es im Medialnet nur sehr wenige ›makellose‹ Mediale, und durch gezielte Indiskretionen Nikitas wussten die ›defekten‹ nun, dass Henry sie entbehrlich fand. »Die Bevölkerung hat seine Versuche, sie aus dieser Gegend zu vertreiben, nicht gerade freundlich aufgenommen.«
»Was ist mit Kaleb?«, fragte Anthony. »Es ist sehr gut möglich,
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