Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
dass sie nun untertauchen und durch die enge Röhre schwimmen musste. Er machte sich als Erster auf den Weg und versuchte unterdessen, sich vorzustellen, was sie getan haben mochte, dass ihr Bruder ihren Tod wünschte. Insbesondere, da sie ihn offensichtlich liebte. Er hörte es am Klang ihrer Stimme. Das zurückgehaltene, arttypische Temperament, stets so unberechenbar und gefährlich,
flackerte auf, während er tauchte. Es ergab keinen Sinn, dass dieser Mann sie nicht genauso liebte. Wie konnte man Rachael nicht lieben?
Zusammen tauchten sie direkt unter dem Wasserfall auf, in der Hoffnung, dass der Wasserschleier sie vor unerwünschten Blicken schützte, falls irgendjemand in der Nähe sein sollte. Rio ging noch einmal nach unten, um das schwere Netz über die Röhre zu ziehen. Rachael wartete und spähte durch den Wasservorhang zum anderen Ufer, während sie unbewusst stumm die Sekunden zählte, bis Rio wieder neben ihr erschien. Sie legte ihm die Arme um den Hals und drückte sich an ihn. »Ich hätte es dir nicht sagen sollen.«
»Du kannst mir alles sagen. Ich habe dir ja auch von meiner Mutter erzählt.«
Sie küsste ihn auf den Hals und tastete sich mit kleinen Küssen bis zu seinem Kinn hoch. »Aber deine Ältesten halte ich nach wie vor für Heuchler. Sie haben überhaupt nicht anerkannt, wie mutig es von dir war, zu ihnen zu kommen und zu deiner Tat zu stehen.«
»Das war nicht mutig. Das hat meine Mutter mich gelehrt. Ich habe mich entschieden, etwas zu tun, und musste die Konsequenzen tragen. So lautete ihre Regel, und ich habe mich daran gehalten.« Dabei durchflutete ihn von oben bis unten die pure Freude, hell und farbenfroh. Rachael brachte es fertig, dass sein Selbstwertgefühl unglaublich anstieg. Als wäre er etwas Besonderes. Rio schlang ihr das Seil um die Taille und watete in die Mitte des schnell fließenden Flusses. »Wir müssen ans Ufer schwimmen. Die Strömung wird uns ein Stück flussabwärts tragen, dann halten wir schräg auf das andere Ufer zu.«
Rachael nickte zum Zeichen, dass sie ihn verstanden
hatte. Diesmal konnte sie ihr Bein kurz belasten, als sie es unter Wasser auf den Boden stellte. Ein Zeichen, dass es heilte. In der Höhle hatte sie sich die Wunde näher angesehen. Die Narben würden definitiv bleiben, doch zumindest war das Bein gerettet.
Obwohl sie mit kräftigen Zügen dem Land zustrebten, wurden sie ein Stück abgetrieben. Rio zog sie am Seil zu sich heran und kämpfte sich mit ihr im Schlepptau ans Ufer. Er bekam einen niedrigen Ast zu fassen, kletterte mühelos hinauf und hob sie mit seiner unglaublichen Kraft aus dem Fluss.
Die Füße noch im Wasser klammerte Rachael sich an dem Baum fest. Auf der bloßen Haut fühlte sich die Rinde rau an und aus irgendeinem Grund schämte sie sich plötzlich ihrer Nacktheit. Sie schaute sich um und sah überall gaffende Affen.
»Falls ich Blutegel an mir habe, und wenn es nur ein einziger ist, schreie ich«, versprach sie Rio. »Und sorg dafür, dass diese Affen aufhören, mich anzuglotzen. Dann fühle ich mich so nackt.«
»Aber du bist nackt.« Lachend zog er sie gänzlich aus dem Wasser und drückte sie so fest an sich, dass ihre Brüste an seinem Brustkorb flachgepresst wurden. »Und du ruinierst die romantische Atmosphäre.«
Rachael zog die Augenbrauen bis fast zum Haaransatz hoch. »Romantische Atmosphäre? Wovon redest du?«
»Ich meine, bei einem romantischen Spaziergang durch den Dschungel haben Blutegel nichts zu suchen, schon gar nicht, wenn man ihn mit einer unglaublich verführerischen Nackten unternimmt.« Damit hob er sie behutsam auf seine Arme, sprang an Land und landete dabei ganz sacht.
Rachael verschränkte die Hände in seinem Nacken und schaute in die Bäume hinauf. Es kam ihr so vor, als würden sie von unzähligen Augen angestarrt. »Rio, die Affen begaffen mich wirklich.«
Am Flussufer fühlte sie sich so viel schutzloser ausgeliefert. Schließlich hatte sie die letzten beiden Wochen in einem Baumhaus im Wald verbracht, unter einem dichten Blätterdach. Die einzige Abwechslung war eine unterirdische Höhle gewesen. Der Regen begann mit sanften, gleichmäßigen Tropfen, die ihr das Flusswasser von der Haut wuschen, während Rio sie durch die Sümpfe und das Moor zum Waldrand trug. Der Wind strich über ihre Gesichter und spielte mit den Blättern der Bäume. Und die ganze Zeit wurden sie von Gibbons, Makaken, Orang-Utans und verschiedenen Vogelarten beobachtet.
»Ich bilde mir das nicht ein.
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