Wilde Pferde in Gefahr
Charlie. »Den Galopp wollte ich eigentlich erst heute Nachmittag durchnehmen. Nun, wer will es noch versuchen?«
»Ich!«, ertönte die vertraute Stimme der kleinen Donna. Sie hatte alle Briefmarken auf die Briefe geklebt und kam mit wehenden Locken auf die Koppel gelaufen. »Ich will es versuchen. Ich bin noch nie auf Hobo geritten. Darf ich?«
»Natürlich«, stimmte Peggy zu. Sie verstellte die Steigbügel und half Donna in den Sattel. »Aber nicht zu schnell, hörst du? Nicht dass du auch runterfällst.«
Donna trieb den Hengst an und lenkte ihn über die Koppel. Sie saß lächelnd im Sattel und bewegte sich so geschmeidig, als wäre sie auf einer Ranch aufgewachsen. Die Zügel lagen locker in ihrer linken Hand, mit der rechten hielt sie das Gleichgewicht und feuerte Hobo an, als er etwas langsamer laufen wollte. In einem leichten Galopp ritt sie am Zaun entlang und zu den anderen Kindern zurück.
»Na, wie hab ich das gemacht?«, rief sie, als sie aus dem Sattel sprang.
»Wunderbar!«, lobte Peggy. »Das war ein einwandfreier Ritt. Wenn du so weitermachst, bist du in ein paar Jahren beim Rodeo dabei. Wäre das was für dich?«
»Aber nur, wenn ich nicht gegen dich antreten muss!«
»Das ist unfair«, beschwerte sich Toby. »Sie wohnt hier. Kein Wunder, dass sie besser reiten kann. Wenn ich hier wohnen würde, könnte ich auch so gut reiten!«
»Vielleicht kannst du’s schon morgen«, ermutigte ihn Peggy. »Komm, versuch’s noch mal! Und sei diesmal nicht so stürmisch. Gewöhn dich erst mal an Hobo. Pass dich seinen Bewegungen an.« Sie hielt ihm die Zügel hin. »Du wirst sehen, dann klappt es gleich viel besser. Und sitz nicht so verkrampft im Sattel.«
Diesmal klappte es wesentlich besser. Toby ritt zwar nicht so locker wie Donna, und seine Bewegungen waren weniger geschmeidig, aber für einen Anfänger hielt er sich sehr tapfer. Er bemühte sich sogar um ein zuversichtliches Lächeln.
Peggy lobte ihn überschwänglich. »Wie ein Cowboy! Ganz toll!«
Jetzt wollte auch John nicht zurückstehen. Er ritt immer noch etwas steif und ungelenk, hatte wohl Schwierigkeiten, sich vom englischen auf den Westernstil umzustellen, und brauchte eine ganze Runde, um einigermaßen mit dem Hengst zurechtzukommen. Er hängte eine zweite Runde dran, und diesmal klappte es besser. Er schaffte es sogar, Hobo in einen leichten Galopp zu treiben. »Gar nicht so übel, diese Westernsättel«, rief er. »Etwas primitiv, aber doch bequem.« Er sprang aus dem Sattel und reichte Peggy die Zügel. »Das nächsteMal möchte ich ein schnelleres Pferd. Ich glaube, dieser Hobo leidet schon an Altersschwäche.«
Peggy verzieh ihm den Seitenhieb. »Und jetzt seid ihr dran«, sagte sie zu den Mädchen. »Ihr seht ja, es ist gar nicht so schwer. Susan, in den Sattel mit dir!«
Die Mädchen hielten sich wacker, auch wenn aus ihnen niemals Rodeo-Reiterinnen werden würden. Und sie hatten sogar Spaß am Reiten. Susan ritt besser als Cherry, die etwas ängstlich war und sich erst an Pferd und Sattel gewöhnen musste. »Das wird schon!«, rief Peggy ihr zu.
Charlie hob das Mädchen herunter und nahm Hobo den Sattel ab. Er wuchtete ihn auf den Koppelzaun. »So, das reicht«, sagte er. »Ihr habt euch tapfer geschlagen.« Er legte Donna einen Arm um die Schultern. »Besonders unsere kleine Donna. Sie wohnt nämlich noch gar nicht so lange auf unserer Ranch. Stimmt’s, Donna?« Er lächelte stolz. »Wie wär’s mit einem saftigen Hamburger?«
»Au ja«, rief Donna sofort.
Auch die anderen Kinder waren begeistert. John hatte etwas von seiner Arroganz verloren, Cherry war nicht mehr so weinerlich und Toby und Susan waren zu müde, um noch zu streiten. Nicht schlecht für den Anfang, dachte Peggy.
Im Ranchhaus, während die Kinder im Bad verschwanden und sich die Hände wuschen, nahm Annie ihren Mann und Peggy mit ernstem Gesicht beiseite.»Donnas Tante hat eben angerufen. Sie will sie in ein Heim stecken.«
»Aber sie hat doch das Sorgerecht«, erwiderte Peggy entsetzt.
»Sie schiebt gesundheitliche Gründe vor. Und andere Verwandte, die sich um Donna kümmern könnten, gibt es nicht. In zwei Wochen will sie Donna abholen.«
»Das ist ja furchtbar.«
»Es sei denn …«
»Ja?«
»Es sei denn, wir bekommen das Sorgerecht. Das würde natürlich bedeuten, dass wir Donna adoptieren und ihr eine Ausbildung ermöglichen müssten.«
»Und? Worauf wartest du noch?«, fragte Charlie.
Annie hielt lächelnd einen Brief hoch. »Schon
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