Wilde Rose der Prärie
wie Holt auf sein Pferd stieg und Traveler besänftigte, indem er den Hals des Tiers tätschelte. Traveler war nervös und sehnte sich nach einem wilden Galopp.
„Das erklärt die Schrammen auf Holts Knöcheln", meinte Rafe.
Bei seinen Worten musste sie an Holts kalten, entschlossenen Gesichtsausdruck denken, als er sagte, er hätte den Mann umgebracht, wären sie und Tillie nicht dabei gewesen. Der Gedanke jagte ihr einen Schauer über den Rücken.
Holt gab den Befehl zum Aufbruch, und alle anderen saßen auf. Rafe stieg mit einem lauten Seufzer in den Sattel seines Wallachs. John Cavanagh löste den Bremshebel des Wagens und trieb das Gespann mit einem Pfiff an. Sorrowful saß wieder neben ihm auf dem Bock und sah hin und wieder zu Tillie.
Melina dirigierte ihr Pony neben Loreleis Maulesel. Ein breiter Strohhut schirmte ihr Gesicht vor der Sonne ab und warf ein Schattengeflecht auf ihre Haut. „Arme Tillie", sagte sie bedrückt. Lorelei konnte nur nicken.
Soeben passierten sie die Stelle, an der sie und Holt in der Nacht Tillie und den Cowboy gefunden hatten. Insgeheim war Lorelei froh, dass sie den Fluss nicht durchquerten, sondern seinem Lauf folgten. Das Tempo war nicht so hoch wie am Tag zuvor, aber immer noch zermürbend, denn je weiter sie nach Süden kamen, umso unwegsamer wurde das Gelände.
Bäume wichen Büschen und Kakteen, und obwohl Lorelei einen Hut trug, brannte die Sonne so gnadenlos auf sie herab, dass ihr Schädel nach einer Weile zu pochen begann. In der Ferne stieg eine Rauchwolke auf.
„Indianer?", fragte Lorelei und versuchte, ihre Angst zu überspielen, als Captain Walton sich zu ihr und Melina gesellte. Sie beide bildeten die Nachhut und befanden sich sogar noch ein Stück hinter dem Wagen, weshalb sie vermutete, dass der Captain zu ihnen geschickt worden war, um sie zur Eile anzutreiben. „Wahrscheinlich nicht", verneinte er. „Hier gibt's vor allem Komantschen, und die entdeckt man normalerweise erst, wenn es zu spät ist. Sie bevorzugen Hinterhalte. Dann kommen sie auf einen zugestürmt und schreien dabei wie Dämonen, die aus der Hölle entwischt sind."
Erschrocken schluckte Lorelei und setzte sich gerader hin. „Die werden uns in Ruhe lassen", meinte Melina, die Loreleis Reaktion bemerkt haben musste und nun versuchte, sie zu beruhigen. „Wir haben nichts, was sie uns abnehmen könnten. Aber wenn wir mit dem Vieh zurückkehren, sieht das schon ganz anders aus."
Oh Gott, ging es Lorelei durch den Kopf.
Die Wolke wurde dichter und wuchs immer weiter an.
„Vielleicht steht dort das Gebüsch in Flammen", überlegte sie.
„Es dürfte eher ein Haus sein", gab der Captain unerbittlich realistisch zurück.
Lorelei schauderte.
„Sie beide sollten sich besser beeilen, um nicht den Anschluss zu verpassen", drängte der Captain, der selbst inzwischen auch besorgt die Staubwolke am Horizont musterte. Dann ritt er zwischen den Cowboys hindurch zu Holt und Rafe, die die Spitze der Gruppe bildeten.
Durch den von den Pferden aufgewirbelten Staub hindurch versuchte Lorelei anhand der Gesten und Kopfbewegungen zu erkennen, worüber die drei Männer ganz vorn redeten.
Schließlich machte Holt kehrt und sprach zuerst mit den Cowboys, die sich je zu dritt links und rechts des Wagens formierten. Dann begab sich Holt zum Wagen selbst und sprach mit John. „Siehst du da unten die kleine Schlucht?", fragte er und zeigte auf eine tiefe Spalte in der Erde, die vor Urzeiten entstanden war. Brandgeruch mischte sich unter den Staub, und Lorelei hätte schwören können, dass sie bereits die Hitze des Feuers spüren konnte, obwohl noch keine Flammen zu sehen waren.
„Ja, die sehe ich", bestätigte John.
„Ich möchte, dass du dich dorthin zurückziehst, während Rafe, der Capt'n und ich ein Stück vorausreiten, um die Situation zu erkunden." Dann sah Holt zu Lorelei. „Ich kann wohl nicht annehmen, dass Sie auch nur das Mindeste über Schusswaffen wissen, oder?"
„Ich kann's lernen", erwiderte sie beleidigt. Es stimmte zwar, dass sie noch nie eine Pistole oder ein Gewehr abgefeuert hatte, aber das gab ihm nicht das Recht, so herablassend mit ihr zu reden.
Holt schüttelte daraufhin den Kopf und wandte sich wieder an John. „Pass auf, dass die Frauen bei deinem Wagen bleiben", wies er ihn an. „Gib jeder von ihnen ein Gewehr und zeig ihnen, wie es geladen wird. Und achte bitte darauf, dass sie sich nicht gegenseitig erschießen."
Nackte Angst und berechtigte Empörung ergriffen von
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