Wilde Rosen auf Mallorca
unmissverständlicher Doppeldeutigkeit gewesen, aber sie schmerzte, obwohl sie sie halb erwartet hatte. Ihre Hände zitterten, als sie ihre eigene Tasse unberührt absetzte. Mit “Herrin des Hauses” meinte Liam etwas völlig anderes als das, was es üblicherweise bedeutete, und er hatte absichtlich verletzend sein wollen.
Er war ein seltsamer Mann, bestand in der einen Minute darauf, dass sie sich ausruhen sollte, während sie in seiner Villa war, in der nächsten, in diesem Hause, behandelte er sie mit der Verachtung, die die Geliebte seines Vaters seiner Meinung nach verdient hatte. Aber er hatte Recht, was ihre Unempfänglichkeit hinsichtlich Janets Gefühlen zu William anbelangte. Juliet war nie auf die Idee gekommen, dass es von Janets Seite aus hätte mehr sein können. Kein Wunder, dass die andere Frau bei seinem Tod so betroffen gewesen war. Juliet empfand jetzt ein gewisses Schuldgefühl gegenüber der Haushälterin.
Liam wollte das zweifellos – obwohl die Schuld, die sie seiner Meinung nach fühlen sollte, ihre eigene vermeintliche Affäre mit seinem Vater betraf!
Vor dem Abendessen beschäftigte sich Juliet im Arbeitszimmer und erledigte dringende geschäftliche Angelegenheiten. Erst fünfzehn Minuten, bevor aufgetragen wurde, ging sie nach oben, um sich zu duschen und umzuziehen. Sie hatte Liam nicht gesehen, seit er das Wohnzimmer nach dem Tee so abrupt verlassen hatte, und konnte nur vermuten, dass er sich um seine eigenen Geschäfte kümmerte.
Ihre Kehle war wie zugeschnürt, als sie über den Korridor zu ihrem Schlafzimmer ging und sah, dass die Tür, die etwas von ihrem Zimmer entfernt war, leicht offen stand. Jemand war in Simons Zimmer! Janet hatte doch sicher nicht beschlossen, Liam dieses Zimmer zu geben? Nein, so unsensibel konnte Janet nicht sein.
Aber Liam!
Juliet eilte den Korridor entlang und blieb vor der Tür stehen, die seit sieben Jahren nicht geöffnet worden war. Und sie konnte den Raum noch immer nicht betreten. Sie stand an der Schwelle und schaute hinein, beobachtete, wie er umherging und das Zimmer betrachtete, das genauso geblieben war, wie Simon es verlassen hatte.
Er drehte sich plötzlich um und sah sie dastehen. Er hatte bereits einen schwarzen Abendanzug und ein schneeweißes Hemd angezogen.
“Ich dachte, ich ziehe mich zum Abendessen um”, bemerkte er trocken, als er sah, dass sie ihn anstarrte.
Juliet war egal, was er zum Abendessen trug. Sie wollte nur, dass er dieses Zimmer verließ. “Das ist Simons Zimmer”, sagte sie steif.
Liam verzog den Mund. “Ich bin mir wohl bewusst, wessen Zimmer das war, Juliet”, erklärte er scharf. “Mein kleiner Bruder hat die Möbel offensichtlich selbst ausgewählt!” Er blickte spöttisch auf die Möbel aus Chrom und Glas, die zu der dezenten Eleganz des übrigen Hauses überhaupt nicht passten.
Er hatte Recht – Simon hatte alle Möbel darin selbst ausgesucht, hatte große Freude daran gehabt, sein ganz persönliches Reich so modern einzurichten.
“Aber das dürften Sie ja kaum wissen, nehme ich an, oder?” sagte er, während er durch den Raum auf sie zuging. “Er ist jetzt seit über sieben Jahren tot …”, überlegte er.
Sie wusste genau, wie lange Simon tot war, hätte Liam das nicht nur auf den Tag genau, sondern auch auf die Stunde und Minute sagen können.
“Das weiß ich”, sagte sie abrupt. “Was tun Sie hier?” Sie hatte das Gefühl, sich nicht von der Tür fortbewegen zu können, nachdem die sich schließlich wieder geöffnet hatte, obwohl sie spürte, dass Liam den Raum verlassen wollte.
Er zuckte lässig die Schultern. “Ich wollte nur anhand der Dinge, die er hinterlassen hat, sehen, ob mein kleiner Bruder sich überhaupt verändert hatte.”
Juliet hätte ihm sagen können, dass sie auch eines “der Dinge” war, die Simon hinterlassen hatte, und hätte fragen können, was sie ihm über seinen Bruder verriet, wenn er sie ansah. Doch der Schock, dieses Zimmer wieder zu sehen, war für einen Abend mehr als genug. Eine verbale Auseinandersetzung mit Liam über ihre einstige Beziehung zu Simon würde sie nicht auch noch durchstehen können.
Liam verzog mit einem Blick auf das Chrom und Glas das Gesicht. “Offensichtlich hat er das nicht!” sagte er angewidert.
Sie wusste nicht, ob Simon sich verändert hatte oder nicht, nachdem Liam gegangen war. Sie konnte sich nur an den Simon erinnern, den sie gekannt hatte. “Zu seiner Beerdigung sind Sie auch nicht gekommen”, sagte sie
Weitere Kostenlose Bücher