Wilde Rosen auf Mallorca
hatte, musste auch eine Akte da sein, und wenn, wie Liam gesagt hatte, der Vorgang zehn Jahre alt war, dann musste die Akte unten im Lagerraum sein.
Aber im Lagerraum gab es keine Akte Walters.
Juliet wusste ganz einfach nicht mehr, was sie tun sollte. Es war das Erste, worum Liam sie hinsichtlich der Firma gebeten hatte, und sie konnte es nicht einmal finden …
Über eine Stunde war vergangen, und Liam würde nicht viel länger darauf warten, dass die Akte in sein Büro gebracht wurde. Aber vielleicht hatte er doch einfach einen Fehler gemacht. Es war eine Möglichkeit.
Zwei blonde Köpfe waren über Williams grünlederne Schreibtischfläche gebeugt, als Juliet den Raum nach einem kurzen Klopfen betrat. Diana und Liam saßen dicht nebeneinander dahinter. Diana blickte auf und lächelte, als Juliet eintrat. Liam schaute nur finster drein.
Juliet fühlte sich wie ein Eindringling! Die beiden standen sich offensichtlich sehr nahe. Juliet überlegte, wie Liam “diese Sache” außerhalb des Büros betrachtete.
Er lehnte sich in dem hochlehnigen Ledersessel zurück und schaute Juliet mit zusammengekniffenen Augen an. “Ja?” Er blickte betont auf ihre leeren Hände.
Sie befeuchtete ihre Lippen. “Äh – es scheint keine Akte Walters zu geben.” Sehr dynamisch! So viel zum Angriff. Sie klang wie ein verlegenes Schulmädchen. Sie reckte entschlossen die Schultern. “Bist du dir sicher, dass der Name richtig ist?”
Liams Mund wurde schmal. “Definitiv.”
“Wir können natürlich weitersuchen. Es besteht die Möglichkeit, dass der Vorgang falsch abgelegt worden ist.” Sie zuckte kläglich mit den Schultern.
“Wie entgegenkommend!” Er verzog den Mund.
Juliet runzelte die Stirn. “Es ist zehn Jahre her, Liam”, erklärte sie ungeduldig. Gott, damals hatte sie noch gar nicht für die Firma gearbeitet. “Du könntest doch den falschen Namen haben …”
“Nein”, fiel er barsch ein. “Hat mein Vater irgendwelche Papiere irgendwo anders aufbewahrt? Im Hause vielleicht?”
“William arbeitete zuweilen zu Hause”, begann sie langsam. “Aber …”
“Dann werden wir dort suchen”, unterbrach er schroff.
Was war so besonders an dieser Akte Walters, dass er so entschlossen war, sie zu finden? Liam hatte für das Unternehmen gearbeitet, bis er sich von der Familie und dem Geschäft gelöst hatte, wie Juliet wusste.
“Worum genau ging es bei diesem Projekt?” Sie schaute ihn noch immer fragend an.
“Es war ein sechsstöckiges Bürohaus”, gab er grimmig von sich.
Juliet glaubte, er würde mehr sagen. Aber er sprach nicht weiter, sondern erwiderte nur ihren Blick. Juliet war verwirrt.
Oh Gott, sie musste es aufgeben, Liams Denkweise verstehen zu wollen. Sie musste ganz einfach so schnell wie möglich diese Akte finden. Vielleicht war sie zu Hause, obwohl sie absolut nicht begreifen konnte, warum sie dort sein sollte.
“Ich verstehe”, sagte sie, obwohl sie natürlich überhaupt nicht verstand. Aber das war insgesamt gesehen eine Kleinigkeit. “John und ich sind jetzt so weit, dass wir die anderen Akten hierherbringen können”, fügte sie hinzu.
“Ich werde Ihnen helfen”, bot Diana freundlich an.
Liam macht ein solches Angebot nicht, dachte Juliet. Sie spannte sich an, als er aufstand und durch den Raum zu ihr kam. Sie spannte sich noch mehr an, als er die Hände in ihre Richtung hob.
“Ein Spinnennetz”, brachte er spöttisch heraus, als er das Gewebe aus ihrem Haar entfernte, wobei er ihre Schläfe mit seinen Fingerspitzen streifte.
Juliet spürte, dass ihre Wangen heiß wurden. Was hatte sie von ihm erwartet, zumal Diana Gilbraith ja bei ihnen war?
“Danke!” sagte sie heiser und strich sich das Haar aus dem Gesicht.
Er verzog spöttisch den Mund, als er sie mit amüsiertem Blick betrachtete. “Aber gerne”, murmelte er leise.
Juliet drehte sich plötzlich zu der anderen Frau um. Sie überlegte, was Diana von all dem halten mochte. Wahrscheinlich war sie zu diskret, was ihren Arbeitgeber betraf, als dass sie überhaupt über sein Benehmen nachdachte.
“Kümmere dich um meine Briefe, Diana!” Liam sprach im geschäftlichen Ton mit seiner Assistentin. “Wir sehen uns später”, fügte er trocken hinzu.
Juliet schaute finster, als er das Büro verließ. Zum Mittagessen war es zu früh. Er war doch sicher nicht für den Rest des Tages weggegangen? Mit Diana allein gelassen, wollte sie die andere Frau nicht fragen, und Diana würde wohl kaum freiwillig
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