Wilde Rosen auf Mallorca
einsehen konnte, weil sie nicht zu finden war. Und das schien die Einzige zu sein, an der er interessiert war.
“Genau.” Liam nickte auf ihr Zögern hin.
Ihre Augen funkelten. “Was ist so Besonderes an dieser einen Akte, Liam?” fragte sie gereizt.
“Ich glaube, das ist meine Angelegenheit”, erwiderte er eisig. “Das meine ich wörtlich. Du warst damals ja noch nicht einmal in der Firma.”
Juliet war sich sehr bewusst, dass Diana zuhörte. Diese war leicht verblüfft über Liams aggressives Verhalten.
Juliet schob ihren Teller fort. Sie war hier, weil sie geglaubt hatte, Diana Gesellschaft leisten zu müssen. Das war nicht mehr nötig, da Liam jetzt hier war. Und sie hatte absolut keine Lust, noch mehr Zeit in seiner Gesellschaft zu verbringen!
“Dann sollte ich wohl besser nicht noch mehr Zeit vergeuden und ins Büro zurückgehen, um die Suche nach dieser verdammten Akte fortzusetzen!” Sie vermochte ihren eigenen Ärger kaum zu unterdrücken.
“Das solltest du wirklich!” stimmte er ihr schneidend zu, ohne seinen Blick von ihrem vor Ärger geröteten Gesicht abzuwenden.
“Liam …”
“Halte du dich da raus, Diana!” empfahl er ihr heftig, ohne sie anzusehen. “Du verstehst das einfach nicht.”
“Da hast du Recht. Das tue ich nicht”, gab sie verwirrt zu. “Ich habe nie erlebt …”
“Das ist eine Sache zwischen Juliet und mir”, fiel er barsch ein. “Nicht wahr?” fragte er kalt.
Das war es sicherlich, nur dass Juliet überhaupt nicht wusste, was “diese Sache” war! Wenn sie nicht wütend aufeinander waren, schienen sie einander in den Armen zu liegen – und keine dieser Situationen war das, was sie sich sonderlich wünschte. Wie sollten sie überhaupt die geschäftlichen Dinge klären können, wenn sie immer so aneinandergerieten? Und in Liams Armen zu sein … das machte alles noch verworrener.
Juliet bückte sich nach ihrer Tasche. “Ich sehe euch beide dann im Büro”, sagte sie förmlich und stand auf.
Diana verzog mitleidig das Gesicht. “Danke, dass Sie mir Gesellschaft beim Essen geleistet haben.”
Juliet schenkte ihr das erste echte Lächeln, seit Liam sich zu ihnen gesellt hatte. “Ich hab’s genossen.” Bis sie unterbrochen worden waren. “Vielleicht können wir das noch einmal wiederholen, bevor Sie abreisen?”
“Keine Sorge.” Liam war derjenige, der antwortete, und es klang drohend. “Ihr Mädchen werdet reichlich Zeit haben, zum Essen auszugehen. Ich habe das Gefühl, dass wir einige Zeit bei ‘Carlyle Properties’ bleiben werden.”
Juliet antwortete ihm nicht, sondern ging einfach fort, den Rücken kerzengerade aufgerichtet, als sie der Tür des Restaurants zustrebte. Wie lange würde “einige Zeit” wohl sein? Aber wie lange das auch sein mochte, es würde in jedem Fall zu lange sein, was sie betraf! Und sie hatte Liam ja nicht nur den ganzen Tag im Büro. Er war ja auch noch im Hause! Wundervoll!
Nur, dass er an diesem Abend nicht im Hause war. Juliet kehrte um sechs Uhr allein aus dem Büro zurück. Liam und Diana waren irgendwann im Laufe des Nachmittags gegangen und nicht zurückgekehrt. Und Liam kam auch nicht zum Abendessen, so dass Juliet mit Janet allein war.
Es war das erste Mal, dass sie mit der Haushälterin allein war, seit die ältere Frau in ihr Schlafzimmer gekommen war und Liam dort ebenfalls angetroffen hatte. Obwohl Juliet Janet gut genug kannte, um zu wissen, dass sie diese Tatsache nicht erwähnen würde, empfand sie eine leichte Verlegenheit.
“Mr. Liam rief an, um mitzuteilen, dass er erst sehr spät zurückkommen werde”, sagte Janet, als sie die Suppe auftrug.
Schön, das hätte er ihr auch sagen können – dann hätte sie nicht den ganzen Nachmittag damit verbringen müssen, sich vor seiner Rückkehr zu fürchten.
“Er war immer ein aufmerksamer junger Mann”, erinnerte sich Janet. “Und er war ein hübscher kleiner Junge.”
Natürlich war Janet lange genug hier, um sich daran zu erinnern. Seltsamerweise konnte sich Juliet Liam nicht als “hübschen kleinen Jungen” vorstellen.
Janets Miene verdüsterte sich. “Es war schade, dass er und sein Vater sich so viel stritten, als er älter war. Simon natürlich …” Sie brach verlegen ab. “Nun ja, viele junge Männer streiten mit ihren Vätern. Das gehört nun mal zum männlichen Ego”, schloss sie.
Juliet schaute die ältere Frau gespannt an. “Ist das so?” fragte sie leise. Sie musste zugeben, dass sie neugierig auf die Beziehung war,
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