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Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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hast. Also wirst du jetzt schön mitkommen und all das genießen!«
    Er stellte sich hinter sie, legte die Hände auf ihre Schultern und führte sie in die Diele. An der Garderobe hielt er an, ergriff wahllos irgendeinen Mantel, setzte May eine Mütze auf und knotete einen Schal unnötig fest um ihren Hals.
    »Fertig. Und jetzt komm.«
    Er ergriff ihren Arm und halb zerrte, halb stieß er sie zur Tür und in die Nacht hinaus, die in der Tat eisig und sternenklar war.
    May mochte dieses Weihnachtsritual wirklich und hätte bedauert, es zu versäumen. Sie befreite sich von seinem Griff, aber sie nahm ihm sein diktatorisches Benehmen nicht übel. Sie hatte alle zu Tränen gelangweilt mit ihren Ausführungen über den Wald und so weiter, also mußte sie jetzt auch zu ihrem Wort stehen. Außerdem hatte Hugh entweder durch Druck oder sein gutes Beispiel ihre Brüder dazu bewogen, die Küche aufzuräumen.
    Keiner von beiden sprach, als sie nebeneinander durch den Wald stiefelten. May mutmaßte, daß er alles, was sie sagen könnte, als »belangloses Geplauder« einstufen würde, und es war denkbar, daß er davon für einen Abend genug hatte. Und er redete nicht mit ihr, weil er eben ein brummiger Klotz war.
    Wie immer war es eine wunderschöne Mette. Wie immer weinte May, als der Knabenchor »In the Bleak Midwinter« sang. Sie neigte normalerweise nicht zu Sentimentalität, aber selbst die Tatsache, daß der kleine Solist ein im ganzen Dorf gefürchteter Vandale war, dessen Herz keineswegs so war, wie das süße Jesuskind es sich gewünscht hätte, konnte nicht verhindern, daß die peinlichen Tränen ihr während der letzten Strophe über die Wangen kullerten.
    Nach der Kirche kam die unangenehme Pflicht. Sie mußte Hugh sämtlichen Freunden ihrer Eltern vorstellen, die May schon als Baby gekannt und sie noch nie mit einem Mann gesehen hatten und sich offensichtlich fragten, was ein distinguierter Mann wie er nur an der jungen May Sargent finden konnte, die immer so schludrig gekleidet war, selbst in der Kirche.
    Der besagte distinguierte Mann nahm es gelassen und sagte, er freue sich darauf, sie alle am zweiten Weihnachtstag wiederzusehen, an dem die Nachbarn sich immer bei Mays Eltern einfanden.
    »Aber jetzt muß ich May nach Hause bringen«, sagte er bestimmt und nahm ihren Arm. »Ihr wird zu kalt.«
    Für einen Moment genoß May das Gefühl, daß sich jemand um sie sorgte. Aber natürlich tat er das gar nicht, er wollte sie nur herumkommandieren. Wäre es Saskia gewesen, hätte er sich vielleicht wirklich Gedanken darüber gemacht, daß sie kalte Füße kriegen könnte.
    »Du hättest wirklich Saskia mitnehmen sollen, weißt du«, sagte sie, als sie wieder im Wald waren. »Es hätte ihr sicher gefallen. Ihre Eltern sind geschieden und haben neue Familien. Saskia liebt Weihnachtstraditionen.«
    Hugh hielt abrupt an. »Du gibst wohl nie auf, was? Saskia ist ein reizendes Mädchen – wenn auch strohdumm –, aber sie und ich sind nur zufällig Gäste im selben Haus. Davon abgesehen gibt es nichts, was wir gemeinsam haben. Aber du scheinst so wild entschlossen, uns zusammenzubringen, daß ich anfange, mich zu fragen, ob ich mich vielleicht im selben Schlafzimmer mit ihr wiederfinde.«
    »Aber ich dachte, ihr versteht euch super. Sie fand dich offensichtlich höchst amüsant.«
    »Nur weil ich nett zu ihr war, heißt das noch lange nicht, daß ich irgendein Interesse an ihr habe. Ich kann es nicht ausstehen, gedrängt zu werden. Wenn ich eine Frau will, bin ich durchaus in der Lage, sie das ohne Einmischung von außen spüren zu lassen. Ganz sicher ohne Einmischung von dir.«
    »Hör mal, es tut mir leid. Ich hab’s nur gut gemeint ...« Sie brach ab.
    Hugh machte einen Schritt auf sie zu, und selbst in der Finsternis erkannte sie, wie wütend er war.
    Oh, Hilfe, dachte sie und machte einen Schritt nach hinten. Er wird mich erwürgen, und dann wird nie wieder jemand durch diesen Wald gehen wollen. Aber er erwürgte sie nicht. Er drängte sie gegen einen Baum und hielt sie dort mit dem Gewicht seines Körpers gefangen. Dann legte er eine Hand unter ihr Kinn, zwang ihren Kopf hoch und preßte seine Lippen auf ihre.
    Zuerst gab May kleine Protestlaute von sich. Doch nach dem anfänglichen Schock erwachten ihre schlummernden Sinne zum Leben, und sie ertappte sich dabei, daß sie ihn ebenso gierig küßte wie er sie. Sein Mund war kalt, aber seine Zunge fühlte sich heiß auf ihrer an. Als er eine kleine Pause einlegte, um

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