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Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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überdurchschnittlich hohe Toleranz für Unordnung haben, ergab eine Art Chaos-Eisberg – sechs Siebtel unter der Oberfläche. Was hier gebraucht wurde, entschied May, war ein Räumfahrzeug.
    Ihr fiel ein, was Harriet über die Frau des Pastors erzählt hatte.
    »Warum unternehmen Sie nicht irgendwas Nettes mit den Kindern, und ich stürze mich derweil auf die Arbeit. Ich bin sicher, ich komme allein zurecht.« Sie war darüber hinaus sicher, daß das Putzen ohne eine Schar kleiner Leute, die so wie jetzt unter großem Getöse ein Dreiradwettrennen fuhren, derweil Cornflakes wie Herbstblätter herabregneten, sehr viel einfacher sein würde.
    Natalie seufzte. »Ich wünschte, ich könnte, aber ich kann mit Octavius und seinen Windpocken doch nirgendwohin gehen. Selbst ohne das, ich muß Ihnen ehrlich sagen, mit vier Kindern und ohne Auto unterwegs zu sein, das ist ein Alptraum.«
    Natalie sah furchtbar erschöpft aus, und May wünschte plötzlich sehnlich, sie wäre wie Harriets Pastorengattin: die gute Fee aller überforderten Mütter.
    »Also, warum gehen Sie nicht nach oben, nehmen in Ruhe ein Bad und waschen sich die Haare? Die Kinder und ich werden hier unten schon klarkommen.«
    »Haben Sie Erfahrung im Umgang mit kleinen Kindern?«
    »Nein«, gestand May.
    Natalie seufzte. »Das ist vielleicht ein Vorteil.« Sie stand auf und reckte sich. »Ich lasse die Badezimmertür unverschlossen.«
    Harriet hatte das Haus auf dem Cheyne Walk tatsächlich ohne große Mühe gefunden, doch mit dem Zugang zur Wohnung wurde es schon schwieriger, da der Inhaber nicht zu Hause war und sie den Schlüssel bei einem Nachbarn abholen mußte.
    Schließlich stieg sie eine furchterregende Feuertreppe zum rückwärtigen Eingang hinauf, in der Hand hielt sie einen Schlüsselbund und murmelte vor sich hin, in welcher Reihenfolge die Schlösser geöffnet werden mußten. Als sie endlich die Wohnung betrat, war sie zu dem Schluß gekommen, daß die Vorteile, in einer großen Stadt zu leben, unmöglich die Nachteile aufwiegen konnten, wenn man gezwungen war, so viele Stufen hinaufzusteigen und sein Heim dermaßen gegen Eindringlinge zu verbarrikadieren.
    Sie mußte zwei Schlösser und einen mit einem Vorhängeschloß gesicherten Querbalken überwinden und fand sich endlich in einer kleinen, unpraktischen Küche wieder. Ein schwacher Geruch von Krabbencurry ließ sie die Nase rümpfen und trieb sie weiter in die Halle. Unterwegs stellte sie ihre Tasche ab.
    Gemessen an der Anzahl der Räume war es eine eher kleine Wohnung. Vier geschlossene Türen führten von der Halle weg. Harriet öffnete die erste und fühlte sich wie ein Einbrecher. Aber anscheinend nicht der erste. Das Zimmer sah aus, als sei es durchwühlt worden. Hatte hier heute morgen vielleicht tatsächlich ein Einbruch stattgefunden, und sie war die erste, die den Tatort entdeckte?
    Dann ging ihr mit einer Mischung aus Erleichterung und Entsetzen auf, daß der Raum einfach extrem unordentlich war.
    Es war das Schlafzimmer, und ein breites Doppelbett nahm beinah die gesamte Fläche ein. Die Laken waren zerknittert, die Bettdecke hing halb auf dem Boden. Auf einem Stuhl hatte sich ein so hoher Berg aus Kleidungsstücken aufgetürmt, daß er nach hinten zu kippen drohte. Die Sachen, die auf dem Stuhl keinen Platz mehr gefunden hatten, lagen am Boden. Die Tür des Einbauschranks stand offen, und Harriet war nicht überrascht, daß der Schrank mehr oder minder leer war. Alle Schubladen der Kommode waren herausgezogen, auf der Ablage türmten sich Papiere.
    Sie wußte, daß die Wohnung einem Mann gehörte, aber Schleimbeutel hatte es versäumt, den Namen anzugeben. Wer immer er war, er lebte offenbar allein, und entweder brachte er niemals jemanden mit nach Hause oder aber der Gedanke, daß seine schmutzige Wäsche für jedermann sichtbar herumlag, war ihm einfach gleich. Es gehörte nicht zu ihrem Job, sich um seine Wäsche zu kümmern, aber irgendwer sollte es dringend tun. Er selbst schien sich nicht besonders dafür zu interessieren. Und wie am leeren Kleiderschrank unschwer erkennbar, waren ihm die sauberen Sachen ausgegangen.
    Die nächste Tür enthüllte einen Abstellraum, und Harriet schloß sie schnell wieder, ehe sich der Inhalt in einer Lawine in die Diele ergießen konnte. Ein kleines Bad – aufgeräumt bis auf einen Haufen gebrauchter Handtücher am Boden. Auf allen Flächen lag der Staub in dicken Flocken, und ein kurzer Blick in die Toilettenschüssel sagte ihr, daß

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