Wilde Rosen: Roman (German Edition)
deren Baby bewundert wurde. »Nicht wahr? Ich habe furchtbar viel daran gearbeitet. Es wäre schrecklich, wenn ich es verlieren würde.« Sie öffnete die Doppeltür. »Gehen Sie nur rein.«
Hugh trat leicht vornübergebeugt durch die Tür. Im Salon mußte er weiterhin den Kopf einziehen, um nicht anzustoßen.
May lachte leise. »Setzen Sie sich lieber. Ich fürchte, Sie sind zu lang für Hausboote.«
Hugh ließ sich nieder. »Manche Leute würden sagen, Hausboote haben zu niedrige Decken.«
May mußte schon wieder lachen. »Na ja, stimmt. Manche haben allerdings höhere Decken als dies hier. Möchten Sie vielleicht eine Tasse Tee oder so was?« Eigentlich müßte ich ihm einen Gin and Tonic oder ein Glas Sherry anbieten, dachte sie, aber so etwas führte sie derzeit nicht.
»Nein, vielen Dank.«
May hockte sich ihm gegenüber auf den Ofen.
»Haben Sie den Vertrag?«
»Oh, natürlich. Hier.« Sie reichte ihm die zusammengehefteten Blätter, die Harriet mit einem Heftpflaster an eins der Bilder geklebt hatte, damit May sie nicht verkramte.
Hugh studierte den Vertrag sehr gründlich. Es kam May vor, als vergingen Ewigkeiten, bis er endlich wieder aufsah. »Es hat überhaupt keinen Sinn zu versuchen, hiergegen vorzugehen. Sie sind hereingelegt worden, wie zahllose andere vor Ihnen. Betrachten Sie es von der positiven Seite: Sie sind um eine Erfahrung reicher.«
May nickte.
»Und Sie sind ganz sicher, daß Sie sich selbständig machen wollen? Es ist nicht so einfach, wie es sich anhört, wissen Sie.«
»Auf jeden Fall. Wir müssen sehr schnell sehr viel Geld verdienen. Nichts von dem, was ich gelernt habe, taugt dafür. Und die beiden anderen haben auch nichts Profitables gelernt, es sei denn, Sally bekäme ein Engagement. Vielleicht hat sie Glück, aber sie kann sich ja nicht darauf verlassen. Wir wissen, daß wir putzen können und daß es Leute gibt, die bereit sind, dafür zu bezahlen. Wir booten Schleim ... Mr. Slater aus, und das bringt uns einen enormen finanziellen Vorteil.«
Hugh wirkte immer noch nicht sehr überzeugt, behielt seine Zweifel aber für sich. »Jedenfalls brauchen Sie sich nicht sofort zur Umsatzsteuer anzumelden. Kennen Sie sich ein bißchen mit Buchführung aus?«
May kreuzte die Finger hinter dem Rücken und nickte. »Harriet.«
»Schreiben Sie alles auf, was Sie ausgeben, und genauso jeden Betrag, den Sie einnehmen. Und achten Sie darauf, daß Sie niemals irgendwelche Quittungen verlieren, auch wenn es nur ein Fetzen Papier ist. Wenn Sie grundsätzlich nichts wegwerfen, kann nicht allzuviel schiefgehen.«
»Gut.« May versuchte sich vorzustellen, sie verwandele sich in einen Menschen, der Quittungen aufbewahrt, aber das überforderte ihre Phantasie.
»Und Sie müssen Ihr Gewerbe bei der Finanzbehörde und der Sozialversicherungsstelle anmelden.«
»In Ordnung«, sagte May und delegierte auch diese Aufgabe in Gedanken an Harriet. Schon von dem Wort »Finanzbehörde« bekam May Ausschlag.
»Und natürlich müssen Sie ein Firmenkonto bei einer Bank eröffnen.«
»Selbstverständlich!« Die Idee war May tatsächlich schon selber gekommen, und sie war entrüstet, daß er sie behandelte, als habe sie überhaupt keine Ahnung.
»Und Sie sollten einen Gesellschaftsvertrag schließen. Lassen Sie ihn von einem Juristen aufsetzen.«
»Ähm ...«
»Ich würde das für Sie machen, wenn Sie möchten.«
»Das ist wirklich furchtbar nett von Ihnen, aber ... Ich glaube nicht, daß das nötig ist. Wir sind sehr gute Freundinnen, wissen Sie.«
»Die Sache ist nur die: Wenn Sie keine vertragliche Regelung treffen und ihre Firma je Schulden haben sollte, haftet jede Partnerin persönlich. Wenn es die Anwaltskosten sind, an die Sie denken ...«
»Nein! Nein, das ist es nicht. Es ist einfach ..., wir vertrauen einander und haben nicht die Absicht, Schulden zu machen.« Aber in Wirklichkeit hatte er mitten ins Schwarze getroffen. May hatte nicht vor, auch nur einen Penny ihres knappen Budgets für Anwaltshonorare zu verschwenden. Und außerdem wollte sie nicht, daß er erfuhr, wie dünn ihre Kapitaldecke war.
Sie stand auf und wollte ihm danken und damit andeuten, daß es an der Zeit sei zu verschwinden, aber statt dessen hörte sie sich fragen, ob er nicht vielleicht doch eine Tasse Tee wolle. Sie war ziemlich überrascht, als er annahm. Als sie gerade in der Kombüse war und den Kessel aufgestellt hatte, klopfte es, und Ivan steckte den Kopf durch die Tür.
»Hi!« sagte er zu Hugh, der
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