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Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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mitzunehmen«, erklärte er dann.
    »Tatsächlich?« murmelte Hugh über Mays Schulter, so daß nur sie es hören konnte. »Sie ist freundlich? Wer hätte das gedacht.«
    May versuchte, einen Schritt rückwärts zu machen und ihm auf den Fuß zu steigen, aber er war zu schnell. Zu ihrer Überraschung hatte sie sich dabei ertappt, daß sie nach ihm Ausschau hielt, und mußte unwillig zugeben, wäre er nicht gekommen, wäre sie enttäuscht gewesen. Was natürlich nur daran lag, daß er mit einem Tau umgehen konnte.
    »Also«, sagte May und hob den Arm, um die Aufmerksamkeit ihrer Gäste zu erlangen. »Wir müssen die Schleuse überqueren, um zu meinem Boot zu kommen. Das ist sehr gefährlich! Ihr müßt ganz langsam gehen und euch die ganze Zeit am Geländer festhalten. Wenn ihr ins Wasser fallt, werdet ihr vielleicht nicht unbedingt ertrinken, aber auf jeden Fall müßte euer Magen ausgepumpt werden. Das geschieht, indem ein dicker Schlauch die Kehle hinab in den Magen eingeführt wird. Dann wird salziges Wasser in den Schlauch geschüttet, wovon man sich übergeben muß.«
    Tatsächlich hatte sie nur die nebulöseste Vorstellung davon, wie ein Magen ausgepumpt wird, aber sie wußte instinktiv, daß haarsträubende Details größeren Eindruck machen würden als konventionelle Hinweise auf Sicherheitsmaßnahmen. Sie wollte nicht bergeweise nasse Kleidungsstücke in der Kabine haben.
    Sie sah zu, wie ein Junge nach dem anderen die Schleuse überquerte, die Hand um das Geländer geklammert. Dann folgte sie, und sie mußte sich zwingen, ebenso langsam zu gehen wie sie und nicht achtlos über den schmalen Steg zu laufen, wie sie es für gewöhnlich tat. Sie kümmerte sich nicht darum, wie Hugh und Tom Buckfast herüberkamen. Harriet sprach nach wie vor mit Matthew.
    Als die Gesellschaft sich auf dem Ponton versammelt hatte, erklärte May: »Um zu meinem Boot zu kommen, müssen wir das schwarze hier vorne überqueren. Es heißt Shadowfax.«
    »Aus Der Herr der Ringe«, raunte einer der Jungen hinter vorgehaltener Hand seinem Freund zu.
    »Stimmt genau, Eric«, sagte May nach einem kurzen Stöbern in ihrem Gedächtnis. »Und wenn wir anderer Leute Boote überqueren, müssen wir leise sein, weil sie uns sonst Stinkbomben in den Schornstein werfen.«
    Das war nicht gerade fair Jed gegenüber, der der friedfertigste Mensch unter der Sonne war und den nichts stören konnte, was nicht wenigstens die Lautstärke einer Feuersirene hatte. Aber es war wichtig, daß die Jungen gute Boot-Manieren lernten.
    »Harriet, wenn du vielleicht vorgehen möchtest, dann werden wir einer nach dem anderen folgen. Denn sollte Mr. Shadowfax auf die Idee verfallen, daß es Zeit für eine kleine Zwischenmahlzeit ist, kriegt er so wenigstens nur einen von euch.«
    Die Jungen lachten ein bißchen nervös, hatten aber offensichtlich einen Heidenspaß. Und May stellte fest, daß es ihr nicht anders ging. Sie waren ja ein so dankbares Publikum. Als sie schließlich als letzte an Bord sprang, kam ihr plötzlich der Gedanke, daß sie Kinder vielleicht doch mochte. Das war eine Offenbarung. Bislang hatte sie immer angenommen, Kinder seien anderer Leute Ärgernis.
    »Gleich legen wir ab«, verkündete sie. »Wir werden ungefähr eine Stunde unterwegs sein. Streckt die Hände nicht über die Reling, wenn wir Brücken oder Schleusen passieren. Und wenn ihr beschließt, eurem Leben ein Ende zu machen und in den Kanal zu springen, dann solltet ihr bedenken, daß ihr in anderer Leute Schiffsschraube geraten könntet und ihnen allerhand Ärger machen würdet. Ähm ... Mr. Buckfast?«
    Sowohl Hugh als auch Tom sahen sie erwartungsvoll an. Wie sollte sie sie nur ansprechen, damit sie wußten, wer gemeint war? Konnte sie Hugh vor den Kindern beim Vornamen nennen? Auf gar keinen Fall konnte sie zu Matthews Schuldirektor »Tom« sagen.
    »Könnten Sie bitte jeder an ein Ende des Bootes gehen und die Leinen losmachen, wenn ich rufe?«
    »Benutzt man auf Kanalbooten keine Ausdrücke wie ›Bug‹ und ›Heck‹?« erkundigte sich Tom, als er nach achtern ging.
    May lächelte kurz, antwortete aber nicht. Sie war vollauf damit beschäftigt, den Motor beim ersten Versuch in Gang zu bringen. Wenn das mißlang, würden die Buckfasts gleich im Doppelpack in ihren winzigen Maschinenraum einfallen und sie mit Ratschlägen heimsuchen, ehe sie in die Hände spucken konnte.
    »Danke, danke, danke«, wisperte sie, als der zuverlässige kleine Motor ansprang und dann emsig zu tuckern

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