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Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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nicht gleich bei der ersten Niederlage auf.
    »Ich hole nur Ihre Sachen aus dem Kofferraum und helf’ Ihnen, sie rüberzubringen, aber ich kann nicht bleiben. Ich bin mit meinem Anwalt zum Essen verabredet.«
    »An einem Sonntag?« In letzter Sekunde wandelte Sally ihre Entrüstung in Verblüffung um.
    James lächelte. »Er ist zum Glück auch ein Freund. Sonst käme ich aus diesem Schlamassel niemals heraus.«
    »Also, ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen danken soll, daß Sie mich gerettet haben. Sie waren so freundlich und verständnisvoll.«
    Seine freundlichen, verständnisvollen Augen hätten inzwischen wenigstens einen Hauch weniger edler Gefühle zeigen sollen, aber sie waren nach wie vor braun, von Lachfältchen umrahmt und vollkommen desinteressiert an Sally als Frau.
    »Es war mir ein Vergnügen. Und jetzt lassen Sie uns Ihre Sachen über die Schleuse bringen.«
    Und noch ehe Sally den letzten Plastiksack auf das Welldeck gehievt hatte, hörte sie den Volvo vom Parkplatz brausen.
    »Auf jeden Fall bist du nicht obdachlos«, sagte May, die dank des Honorars für den Schulausflug und Harriets Miete vorhin die große Genugtuung gehabt hatte, Mike ein fettes Bündel gebrauchter Scheine in die Hand zu drücken.
    Sally trank an der Teetasse, die Harriet ihr gereicht hatte. »Das ist wirklich lieb von dir, aber was wird aus all meinen Sachen? Es ist wirklich scheußlich von James, daß er mir nicht angeboten hat, in der Wohnung zu bleiben, die doch sowieso meistens leer steht.«
    »Woher willst du das wissen?« Harriet hatte ihren Becher beiseite gestellt, Kohlestift und Zeichenblock zur Hand genommen und machte eine Skizze von Sally, die mit untergeschlagenen Beinen und vor Enttäuschung hängenden Schultern auf der Bank saß.
    »Er hat es mir gesagt. Er lebt auf einer Farm in Gloucestershire, die er kürzlich geerbt hat. Genau wie die Wohnung.«
    »Was für ein Glückspilz«, rief May aus der Kombüse herüber. »Wer will ein Plätzchen?«
    »Also wirklich, May, ich versteh’ nicht, wie du so dünn bleiben kannst. Du ißt immerzu«, sagte Sally, vorübergehend von ihrem Kummer abgelenkt.
    »Ich versteh’s auch nicht.« May kam mit einem Paket Rich Teas in den Salon zurück. »Und wie kommt es, daß er so viel geerbt hat?«
    Bis Sally May und Harriet schließlich alles über die Öko-Farm und den Morast erzählt hatte, hatte Harriet ein halbes Dutzend brauchbarer Zeichnungen.
    »Und meinst du, du siehst ihn wieder?« May war sicher, Sally hatte sich in James verliebt, und sie wollte gerne wissen, wie lange sie sechs Plastiksäcken und einem Fall unerwiderter Liebe Obdach gewähren sollte.
    Sally lächelte treuherzig. »O ja. Ich hab’ meine Uhr im Badezimmer liegenlassen und einen unserer Handzettel in der Küche. Er wird ganz bestimmt anrufen, um zu fragen, wo er sie hinschicken soll. Wenn er sie nicht selbst herbringt. Aber was machen wir jetzt mit all meinen Sachen?«
    »Ich finde, du solltest noch mal aussortieren und dann zum Flohmarkt gehen oder so was«, schlug May vor.
    »Das kann ich nicht. Ich meine, ich könnte vermutlich Kühlschränke an Eskimos verkaufen, aber nicht für mich selbst.«
    »Du könntest das Geld ja spenden«, meinte Harriet. »Dann wär’s nicht für dich selbst.«
    »Sei nicht blöd! Ich bin total abgebrannt! Aber so oder so, es scheint mir ziemlich verrückt, meine einzigen Werte zu verkaufen, wenn ich sie vielleicht bald wieder brauche.«
    »Wir haben nicht gemeint, du sollst auf den Strich gehen, Sal«, bemerkte May trocken. »Lediglich, daß du ein paar überflüssige Kleidungsstücke verkaufen sollst.«
    »Keins meiner Kleidungsstücke ist überflüssig. Aber ich hab’ eine Idee. Ich werde die Walkers fragen, ob ich ein paar Sachen bei ihnen unterstellen kann.«
    Und sie werden James gegenüber vielleicht erwähnen, daß sie meine Plastiksäcke hüten, und das wird ihn vielleicht endlich auf die Idee bringen, mir anzubieten, die Wohnung für ihn warm zu halten, fügte sie in Gedanken hinzu. Aber diesen Plan behielt sie für sich. Es war schon schlimm genug, sich berechnend vorzukommen, ohne den Vorwurf von zwei guten Freundinnen hören zu müssen.

Kapitel 17

    H arriet schwitzte Blut und Wasser. Ihr Blatt war so schwarz, daß sie ihre letzten Striche zwischen den verwischten Spuren ihrer Vorgänger kaum erkennen konnte. Der Mann lag, unbekleidet bis auf einen Goldohrring, vollkommen entspannt und schien nicht im mindesten beunruhigt von der Anwesenheit der sechs

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