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Wilde Saat

Wilde Saat

Titel: Wilde Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Octavia Butler
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essen geben und eine L a gerstatt aus Lehmziegeln für uns finden.«
    Und ich muß mir wieder anhören, wie du mir drohst und mich mit meinen Kindern unter Druck zu setzen versuchst, dachte sie.
    Und gleichsam als Antwort darauf, sagte er: »Ich muß dir erklären, warum ich gelacht habe. Das sollte nicht he i ßen, daß dein Angebot mir nicht zusagen würde, Anyanwu; es sagt mir sogar sehr zu. Aber du hast keine Vorstellung d a von, welche Geschöpfe das sind, für die zu sorgen du dich bereit erklärst.«
    Hatte sie das wirklich nicht? Hatte sie in Wheatley nicht schon genügend Erfahrungen sammeln kö n nen?
    »Ich werde dir einige deiner eigenen Nachkommen bringen«, sagte Doro. »Du wirst überrascht sein, vermute ich. Ich habe mich sehr intensiv mit ihnen beschäftigt, seit Nweke tot ist. Ich glaube nicht, daß dein Wunsch, sich um sie und ihre Kinder zu kümmern, sehr lange anhalten wird.«
    »Warum nicht? Was ist nicht in Ordnung mit i h nen?«
    »Vielleicht nichts. Vielleicht sind es deine Sorge und dein Einfluß, den sie brauchen. Vielleicht aber we r den sie auch deine Familie, die du dir hier geschaffen hast, in G e fahr bringen, wie niemand sonst es vermag.«
    »Doro, wie kann ich das wissen? Du hast mir noch kein Wort über sie gesagt.«
    Anyanwus Haar war kurz und lag rund und locker um ihren Kopf. Es war noch die gleiche Frisur, die er ihr d a mals g e schnitten hatte. Nun nahm er ihren Kopf in seine Hände und zog ihn näher zu sich heran. »Sonnenfrau, en t weder stehst du zu dem Vo r schlag, den du mir gemacht hast, oder du kommst mit mir und schläfst mit jedem, den ich dir zum Partner bestimme. Solltest du letzteres aber able h nen, dann bleibt dir nur noch eins: Du überläßt mir deine Kinder. So oder so wirst du mir dienen, wie du dich auch entsche i dest.«
    Ja, dachte sie voller Bitterkeit, die Zeit des Umwe r bens ist zu Ende, jetzt folgt die der Drohungen. »Bring mir me i ne Enkelkinder«, erwiderte sie. »Auch wenn sie mich nie gesehen haben, werden sie von mir wissen. Ihre Körper we r den die Erinnerung in mir wachrufen, jede Pore ihrer Haut wird mir b e kannt sein. Du glaubst nicht, wie sehr man im Körper eines Menschen dessen Vorfahren wiedererke n nen kann.«
    »Du wirst es mich lehren«, sagte er. »Du scheinst sehr viele neue Einsichten gewonnen zu haben, seit wir uns das letzte Mal sahen. Ich bin fast mein ga n zes Leben mit dem Züchten von Menschen beschä f tigt, aber ich weiß immer noch nicht, warum die eine Sache gelingt und die andere nicht. Oder weshalb mir zu bestimmten Zeiten etwas g e lingt, zu anderen Zeiten jedoch nicht, obwohl es sich um dasselbe Paar handelt. Du wirst es mich lehren!«
    »Und du wirst meinen Leuten kein Leid zufügen, nicht wahr?« Forschend blickte er sie an.
    »Was wissen sie von mir?«
    »Alles. Ich sagte mir, für eine ausführliche Warnung wäre nicht mehr die Zeit, falls du mich jemals aufspüren wü r dest.«
    »Sorge dafür, daß sie mir gehorchen.«
    Ihr Körper wand sich wie im Schmerz. Sie schaute zur Seite. »Du kannst nicht immer alles haben«, erklärte sie en t schieden. »Sonst mußt du mich töten. Was hat es für einen Sinn, weiter und weiter zu leben und nichts davon zu h a ben!«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen zwischen i h nen. »Haben sie Denice gehorcht?« fragte er schließlich. »Oder Mgbada?«
    »Manchmal. Sie sind ein sehr unabhängiges, freiheit s liebendes Volk.«
    »Aber sie gehorchen dir?«
    »Ja.«
    »Dann sag ihnen, daß sie auch mir gehorchen. Wenn du es nicht tust, werde ich es ihnen sagen müssen – und zwar auf eine Weise, die sie verstehen.«
    »Tu ihnen nichts an!«
    Er zuckte die Schultern. »Wenn sie gehorchen, besteht kein Anlaß dazu.«
    Er war dabei, sich ein neues Wheatley zu schaffen. Er besaß Siedlungen und Familien überall. Sie besaß nur eine einzige, und er hatte beschlossen, sie zu übernehmen. Er hatte Anyanwu fortgeholt aus e i nem Volk und aus einem anderen vertrieben. Nun streckte er wie zufällig die Hand aus, um ihr ein drittes Volk wegzunehmen. Und sie, Anyanwu hatte gelogen. Sie konnte weiter und weiter l e ben, auch ohne etwas vom Leben zu haben. Sie konnte und würde weite r leben. Und er würde noch sehen, wozu!

XII
    Anyanwu hatte noch nie erlebt, daß eine menschliche G e meinschaft wie die ihre auseinanderbrach. Allerdings wu ß te sie auch nicht, ob es eine Gemeinschaft wie die ihre z u vor schon einmal irgendwann und irgendwo auf der Welt gegeben hatte. Sicher war

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