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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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aus dem Bauch zu kommen schien. Aber die aufrechte Haltung und die bestimmte Gestik, mit der sie ihre Worte unterstrich, erinnerten Marie an Evas Vater, dessen dunkle Haare sie auch geerbt hatte. Eva hatte Marie vom ersten Blick an gefallen. Sie erinnerte sich, dass Michel erzählt hatte, dass es seit vielen Jahren keinen Kontakt zwischen Eva und Leon gegeben hatte, weil Eva Leon die Scheidung von Sabine und die Ehe mit Claire nicht verziehen hatte. Insgeheim war Marie gespannt auf das Treffen zwischen Leon und seiner Tochter Eva. Ob sie miteinander reden würden? Bei den meisten von Sabines früheren Ausstellungen waren Leon und Claire selbstverständlich erschienen. Und hin und wieder hatte Leon auch ein Bild gekauft. Er und Sabine hatten es geschafft, die Scheidung ohne Verletzungen zu überstehen; sie waren zwar keine dicken Freunde geworden – das hatte Claire zu verhindern verstanden – aber sie gingen, wenn sie sich sahen, freundlich und verständnisvoll miteinander um. Obwohl Leons Freunde irgendwann einfach hatten akzeptieren müssen, dass er mit Claire zusammen war, gab es insgeheim viele – unter ihnen Michel – die der Meinung waren, dass Leon einen Fehler gemacht hatte, als er Sabine verließ. Und wenn sich Marie nun Sabine so ansah – schön, selbstbewusst, liebenswürdig, freundlich –, konnte sie nicht verstehen, dass man eine Frau wie sie verlassen konnte.
    Â»Schwesterlein. Mein Gott, wie gut du aussiehst.« Caspar umschlang seine Halbschwester Eva von hinten, drehte sie zu sich und knallte ihr einen Kuss auf die Wange.
    Â»Caspar.« Eva lächelte, als sie den Jungen umarmte. Auch wenn sie sich geschworen hatte, nie mehr ein Wort mit ihrem Vater zu wechseln – auf die Dauer war sie Caspars unbekümmerter familiärer Aufdringlichkeit nicht entgangen. Die wenigen Male, die sie zu Besuch bei ihrer Mutter gewesen war, war sie ihm immer wieder mal begegnet. Und hatte sie am Anfang noch versucht, sich in einen Laden zu drücken oder sich umzudrehen und so zu tun, als hätte sie ihn nicht bemerkt, hatte er einfach nicht nachgelassen in seinem Wunsch, ein einigermaßen normales Verhältnis zu Eva zu haben.
    Â»Geht’s dir gut? Wie lange bleibst du? Hast du Zeit, mit mir zu surfen?« Wenn man Caspar hörte, konnte man meinen, dass ihr Verhältnis vollkommen ungetrübt war. Zwar hatte sich Eva immer wieder mal darauf eingelassen, mit ihm durch die Klubs zu ziehen oder mal aufs Wasser zu gehen. Doch so unbekümmert wie er war sie dabei nicht. Immerhin war er Claires Sohn. Andererseits – Caspar konnte nun wirklich nichts dafür, dass Claire sich ohne jeden Skrupel in die Ehe von Leon und Sabine gedrängt und sie zum Scheitern gebracht hatte. Eva lächelte bei der Erinnerung daran, wie der kleine blonde Junge eines Tages bei einem Regatta-Fest durch die Menge der Zuschauer auf sie zugestürmt gekommen war und sie einfach auf offener Szene umarmt hatte. Er hatte verlangt, dass sie sich wie eine Schwester benahm. Und sie hatte ihm verlegen eine Zuckerwatte gekauft und ihn dann zu Claire zurückgebracht. Das war der Anfang ihrer Freundschaft gewesen.
    Â»Du siehst gut aus. Im Anzug. Sieh mal einer an. Ich hatte gedacht, du würdest nur Surferklamotten besitzen.«
    Caspar verdrehte die Augen.
    Â»Wenn man zur arbeitenden Bevölkerung gehört, ist das die Strafe.« Eva hatte von Célines Tod gehört und auch davon, dass Caspar seinem Vater momentan zur Seite stand. Sie war darüber zwar erstaunt, weil Caspar ihr gegenüber nie erwähnt hatte, dass er vielleicht einmal in Leons Firma würde arbeiten wollen. Andererseits schien ihm die regelmäßige Arbeit ganz gutzutun. Oder war da noch etwas anderes? Eva bemerkte, dass Caspar während sie miteinander redeten seine Augen unablässig durchs Atelier schweifen ließ.
    Und plötzlich war sie auch angespannt. Vermutlich wartete Caspar darauf, dass Claire und Leon endlich erschienen. Natürlich sind sie nicht pünktlich, dachte sie mit einem Anflug von Bosheit. Claire liebt den großen Auftritt, und den hat sie nur, wenn sie als Letzte kommt . Eva hatte sich vorgenommen, sich in dem Moment, in dem ihr Vater und seine neue Frau die Bühne betraten, ins Gästezimmer zurückzuziehen. Sie wollte auf keinen Fall plötzlich unversehens vor Leon stehen. Was hätten sie sich auch zu sagen nach dieser langen

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