Wilde Wellen
Fuà gelegt. Ein Zeichen, dass er froh war, dass sie endlich einmal wieder ruhig an Pauls Tisch saÃ. Marie lächelte, als sie seinen warmen Atem an ihrem Knöcheln spürte. Armer Hund. Sie hatten nicht viel Zeit für ihn gehabt in den letzten Tagen.
»Er hat es schwer gehabt mit uns, der arme Kerl.« Paul nickte. Auch er hatte ein schlechtes Gewissen gehabt, wenn der Merlin morgens im Haus zurücklassen musste, um an die Uni zu gehen.
»Wir sind seine Familie geworden. Und er kann es nicht leiden, wenn wir nicht alle zusammen sind.« Er stellte Marie ein Glas Wein hin und kniete sich zu dem groÃen Hund, um seinen dicken Nacken zu kraulen.
Marie beobachtete die beiden lächelnd. Es schien, als wären sie in den letzten Stunden alle ruhiger geworden. Paul. Der Hund. Und sie auch.
»Du bist dir wirklich sicher, dass du das Angebot von Florence LaRue ablehnen willst?« Sicher, sie hatte sich gefreut, als Paul ihr seinen Entschluss mitgeteilt hatte. Aber war das nicht ein zu groÃes Opfer? Würde er es nicht eines Tages bereuen, dieses interessante Projekt nicht geleitet zu haben? Er hatte ihr versichert, dass nicht sie der Grund für seinen Entschluss war. Konnte sie ihm das glauben? Hätte sie ihn nicht bestärken müssen, nach Vietnam zu gehen?
Paul schien ihre Gedanken lesen zu können. Er richtete sich auf und nahm sie in die Arme. Zog sie an sich. Wie gut sich das anfühlte. Wie unendlich vertraut. Und wie sicher. Dieser Mann war ihr Schicksal. Sie wollte mit ihm leben.
»Ich liebe dich, Marie.« Ja. Das spürte sie. Das hatte sie in jedem Moment gespürt, in dem sie mit ihm zusammen war. Und auch in den Momenten, in denen er nicht da war. Und in denen sie die Sehnsucht nach ihm fast zerriss.
»Wie kannst du so was sagen? Wir kennen uns doch noch gar nicht lange.« Als wenn es ihr nicht genauso gegangen wäre. Es war Liebe. Einfache, wahrhaftige Liebe, die in diesen unfassbar turbulenten Wochen zwischen ihnen entstanden waren. Er musste keine Antwort geben. Er musste nur da sein.
»Ich freue mich darauf, alles von dir zu erfahren.« Pauls Lippen suchten ihren Mund.
»Und wenn du etwas rausfindest, was dir nicht gefällt?«
»Dann werde ich es als eine Seite akzeptieren, die auch zu dir gehört. Mal abgesehen davon, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass es an dir Seiten gibt, die schrecklich sind oder unangenehm.« Ihr Lachen wurde heiser. Ihr Atem ging schneller, als er anfing, sie auszuziehen.
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich bin, dass du nicht weggehen willst. Weil ich mir einfach nicht vorstellen kann, wie es sein sollte, ohne dich zu sein. Ich glaube, in dem Moment, in dem du in den Flieger nach Vietnam gestiegen wärst, hätte ich angefangen zu weinen. Und nicht mehr aufgehört, bis du wieder zurückgekommen wärst.« Es war so einfach. Und so schön. Sie gehörten zusammen. Und sie würden sich nicht mehr trennen. Bis der Tod uns scheidet. Als Marie das dachte, riss sie einen Moment erschrocken die Augen auf. Wieso dachte sie so etwas? Sie wollte nicht daran denken, dass eines Tages der Moment kommen würde, in dem einer von ihnen sterben könnte. Und den anderen allein zurücklassen würde. Sie wollte nur das Jetzt genieÃen. Und nicht an etwas denken, was weit in der Zukunft lag. Jetzt wollte sie mit Paul glücklich sein. Was morgen kommen würde, war unwichtig.
Als sie seinen Körper, der vor Lust zu glühen schien, auf sich spürte, war der Gedanke an den Tod entschwunden. Sie lebten. Und sie waren zusammen. Etwas anderes zählte nicht.
Als Sabine zu ihrem Atelier zurückkam, fühlte sie sich erfrischt. Der Spaziergang hatte ihr gutgetan. Sie fühlte sich zum ersten Mal seit Tagen gestärkt. Und die Lust zu malen war wieder in ihr erwacht. Die Furcht vor der leeren weiÃen Leinwand war einer energischen Kraft gewichen. Sie würde die ganze Nacht durch malen. Und sie spürte, dass etwas Schönes entstehen würde. Sie schloss die Tür auf. Sie würde sich noch schnell einen Tee machen und dann sofort mit der Arbeit beginnen. â Aber wieso brannten die Lichter im Atelier nicht mehr? Sie hatte sie doch angelassen, als sie weggegangen war. Wie sie sie immer anlieÃ, wenn sie das Haus in der Nacht verlieÃ. Sie mochte es, wenn das Haus schon aus der Ferne wie eine Laterne leuchtete, wenn sie zurückkam. Es gab ihr jedes Mal ein
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