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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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sollte er sie fragen, ob sie sich wiedersehen würden?
    Â»Hast du dir Sorgen um mich gemacht?«
    Ihre Stimme war leise, als sie ihn das fragte. Und ihr Blick ernst und tief.
    Â»Du warst so durcheinander, als ich dich zum Flughafen gebracht habe. Irgendwie habe ich mich, ich weiß nicht, wahrscheinlich hab ich mich verantwortlich gefühlt. Ich meine, das ganze Durcheinander ist doch erst durch mich ins Rollen gekommen. Als ich dir von der Schießerei erzählt habe.«
    Â»Vielleicht. Aber andererseits – es scheint doch so, als hätte das alles ganz dicht unter der Oberfläche geschlummert. Nur ein paar Sätze von dir. Und alles war wieder da.«
    Ihr Blick ging über den hübschen kleinen Platz, an dem das Lokal lag. Da draußen, das war die reale Welt. Der stockende Verkehr, die Menschen, die aus der Metrostation kamen, die Schulkinder, die eine Coladose vor sich her kickten. Es war noch gar nicht lange her, da war sie ein Teil dieses Lebens gewesen.
    Â»Wenn mein Vater … Ich meine, wenn er mich nicht angelogen hätte, hätte ich mich vielleicht schon viel früher an alles erinnert. Also, mach dir keine Sorgen. Du bist nicht für meine Situation verantwortlich. Ich muss ganz allein damit klarkommen.«
    Â»Das wirst du auch, da bin ich mir sicher. Aber vielleicht ist es ja einfacher, wenn du jemanden zum Reden hast.«
    Â»Wenn ich das recht verstanden habe, hast du einen Job in Brest.«
    Und sie würde hier in Paris bleiben.
    Â»Ich habe vor, zum Sommersemester wieder in Paris zu sein. Meinst du, wir könnten uns dann mal sehen? Ich meine, ich weiß, dass dich im Moment ganz andere Sachen beschäftigen, aber ich würde mich freuen. Es wäre einfach schön, wenn du nicht wieder aus meinem Leben verschwinden würdest.«
    Jetzt hatte er es doch gesagt. Er hielt den Atem an. Würde sie jetzt sagen, dass in ihrem Leben kein Platz für ihn war? Dass sie ihn nicht brauchte? Dass sie vorhatte, bald zu heiraten und zu ihrem Freund nach London zu ziehen?«
    Â»Schade, dass du nicht länger bleiben kannst.«
    Er war verblüfft. Meinte sie das wirklich? Wollte sie ihn tatsächlich wiedersehen? Und wenn ja, als was? Als Freund zum Reden? Er hatte gehört, dass es Menschen, die unter einem Trauma litten, guttun könnte, wenn sie sich einem Fremden anvertrauen konnten. Einem, der nicht viel wusste über sie. Aber er wollte mehr wissen. Er wollte alles erfahren über diese Marie Lamare. Er wollte kein Fremder sein für sie.
    Als sie gleichzeitig zum Salzstreuer griffen, berührten sich ihre Hände. Sie zuckten nicht zurück. Er wagte es, Maries Hand festzuhalten, diese kleine, kühle Hand. Sie sah ihn nicht an, als sie sagte, dass sie sich freuen würde, ihn wiederzusehen. Im Sommer. Dann wäre sie bestimmt auch wieder besser drauf. Und sie könnten vielleicht spazieren gehen. An der Seine.
    Â»Vielleicht kommst du ja auch vorher noch einmal in die Bretagne.«
    Sie zog ihre Hand weg. Schmerz verdunkelte ihre Augen.
    Â»Ich wüsste nicht, wieso.« Sie verhaspelte sich, als sie ihm erklären wollte, dass das nicht gegen ihn gerichtet war. Sie hätte nur nichts zu tun in der Bretagne.
    Â»Ich dachte nur, diese Sache mit deinem Vater … Könnte es nicht sein, dass du ihm noch eine Chance geben willst?«
    Â»Michel Dumont ist mein Erzeuger. Mein Vater ist er ganz bestimmt nicht.«
    Â»Aber er war da, als es dir schlecht ging.«
    Â»Und er hat nichts dafür getan, dass es mir besser ging. Ich will ihn nicht mehr sehen.«
    Sie aß stumm die restlichen Fritten auf. Winkte dann nach der Kellnerin.
    Â»Ich muss gehen.«
    Er hatte es überreizt, das war deutlich.
    Â»Es tut mir leid, ich wollte dich nicht verärgern. Ich dachte nur … na ja, Menschen machen nun mal Fehler. Und bereuen sie dann. Ich meine, vielleicht gibt es ja eine Erklärung für das Verhalten dieses Mannes. Ist dir das noch nie passiert, dass du das Richtige wolltest und das Falsche getan hast?«
    Sie antwortete nicht. Dann sah sie ihm ins Gesicht.
    Â»Du kennst mich nicht, aber du willst mir sagen, was ich tun soll?«
    Â»Das will ich ganz sicher nicht. Ich weiß, dass mich das alles nichts angeht. Aber, Marie …« Er griff noch einmal nach ihrer Hand. »Vielleicht wünsche ich mir ja auch nur, dass du in die Bretagne kommst, weil ich hoffe, dich vor dem Sommer noch mal zu sehen.«
    Sie

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