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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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das geschehe, was geschehen sollte? Sie war verwirrt, weil sie sich jetzt schon nach Paul sehnte. Danach, ihn zu berühren, ihn zu spüren. Ihn zu lieben? Gerade als sie zum Telefon griff, fing es erneut an zu klingeln. Und dieses Mal war es nicht Michel.
    Â»Ich wollte dir nur sagen, dass es ein wundervoller Tag war.«
    Pauls leise Stimme klang zärtlich. Er hatte es ihr nicht übelgenommen, dass sie sich von ihm verabschiedet hatte. Er hatte verstanden, dass sie plötzlich allein sein wollte. Hingerissen von den Gefühlen, die sie so unerwartet überrollt hatten.
    Â»Ja, es war schön.«
    Mehr konnte sie nicht sagen. Sie schwiegen beide. Hörten nur den Atem des anderen. Ahnten das, was sie nicht aussprechen konnten.
    Â»Schlaf gut, Marie. Ich wünsche dir eine gute Nacht.«
    Â»Ich dir auch. Und eine gute Fahrt nach Brest.«
    Wieso sagte sie nicht einfach, dass er kommen sollte? Dass sie nichts mehr wünschte, als dass er hier wäre und nicht mehr wegging? Weil sie eine erwachsene Frau war. Und wusste, dass man so einem Ausnahmetag nicht zu viel Bedeutung zumessen durfte. Sie atmete tief durch, als sie aufgelegt hatte. Es würde vorübergehen. Es musste einfach vorübergehen. Eine weitere Irritation konnte sie im Moment einfach nicht ertragen. Am Wochenende würde Thomas aus London kommen, und sie würde den Tag mit Paul vergessen haben. So würde es sein. Sie hatte sich vor mehr als zwei Jahren für ein Leben mit Thomas entschieden, den sie liebte. Und das änderte sich auch nicht durch das kurze Zusammensein mit Paul. Es durfte sich einfach nicht ändern.
    Paul stand vor Saras Haus und sah nach oben. Sie erwartete ihn. Wollte mit ihm die Nacht verbringen. Aber er hatte den Champagner vergessen, den er mitbringen sollte. Er wusste, dass Sara ihm das locker verzeihen würde. Wenn es keinen Champagner gab, dann würden sie eben Wein trinken. Oder Bier. Oder … Es war klar, dass es nicht um den Champagner ging. Selbst wenn er ihn dabeigehabt hätte – er hätte es nicht gekonnt, zu ihr hinaufzugehen. Er konnte sie jetzt nicht sehen. Nicht berühren. Oder sie gar lieben. Nicht jetzt, da die Erinnerung an diesen Nachmittag mit Marie noch in ihm glühte. Es war feige, das wusste er, aber er schickte Sara eine kurze SMS, dass er noch mit seinen Gesprächspartnern aus der Uni zu Abend essen müsse. Danach würde er nach Brest zurückfahren. Und sich dann melden. Als er auf dem Motorrad Richtung Westen davon fuhr, bereute er nur eins: dass er Sara angelogen hatte. Er war nicht ihretwegen nach Paris gekommen. Der einzige Grund war seine Sehnsucht nach einer Frau gewesen, die er kaum kannte, die ihn aber vollkommen durcheinandergebracht hatte. Und von der auch nach diesem Tag nicht wusste, ob er sie wiedersehen würde.
12
    Â»Ich hätte dafür sorgen müssen, dass sie das Foto mitnahm. Ich hätte es ihr einfach in die Hand drücken oder in ihre Jackentasche stecken sollen.«
    Michel betrachtete diese einzige Foto, das er von sich, Monique und Marie hatte. Er erinnerte sich noch genau an den Tag, an dem es aufgenommen worden war. Sie hatten die historische Regatta von Douarnenez besucht. Es war ein strahlender Sommertag gewesen; die ganze Gegend hatte sich zum Empfang der alten Segler in der kleinen Hafenstadt getroffen. Er und Monique hatten Marie fest an den Händen gehalten; sie sollte ihnen im Gedränge der Leute nicht verloren gehen. Er spürte immer noch die kleine heiße Hand seiner Tochter in der seinen. Und hörte ihr aufgeregtes Plappern. Sie war fröhlich und aufgekratzt gewesen, hatte sie vom Zuckerwattestand zu der Bude mit den Crêpes gezogen, vom Imbiss, an dem es Bratwürste gab, zu den kleinen Bistros, die frische Austern verkauften. Es war ein seliger Tag gewesen, voller ausgelassener Freude. Als sie an der Hafenmauer saßen und die süßen Crêpes vergnügt in sich hineinstopften, hatte Michel einem Bekannten seine Kamera in die Hand gedrückt. Er wollte diesen Augenblick unbedingt festhalten. Als wenn er geahnt hätte, dass es das letzte Mal war, dass er mit seiner Familie so glücklich sein würde. Marie hatte sich gefreut, als sie das Foto vor Kurzem gefunden hatte.
    Â»Wie glücklich wir aussehen. Wir müssen uns sehr lieb gehabt haben.« Sie war wehmütig geworden, weil sie sich nicht an diesen Tag erinnern konnte. Er würde ihr das Foto schicken, beschloss

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