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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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mein Gast, und er hatte gegen den Hammam nichts einzuwenden.«
    »Aber er war Schotte, und ich bin Engländer.« Ross fügte einen leicht gequälten, leidenden Unterton in seine Stimme ein: »Ich verstehe schon, daß es ein furchtbarer Umstand ist, denn viel Wasser muß heraufgetragen werden, und falls es nicht möglich ist. . .«
    »Nein, nein, Ihr sollt es haben«, antwortete der Nawab hastig, obwohl seine Miene deutlich besagte, daß er den Wunsch seines Gastes ausgesprochen exzentrisch fand. »Ich denke, wir haben große Zuber in der Wäscherei. Ich werde Anweisungen geben, daß Euch nach dem Essen ein Bad bereitet wird.«
    Abdul Samut Khan wandte sich gerade zum Gehen, als Ross ihn aufhielt. »Ihr erwähntet, daß Major Cameron auch Euer Gast war. Ich würde gerne mit Euch über ihn sprechen.«
    Des Nawabs Augen huschten umher, als suchte er unwillkommene Lauscher. Mit gesenkter Stimme antwortete er: »Und auch ich möchte mit Euch reden. Morgen früh.« Dann ging er hinaus.
    Es gab einen Wasserkrug und ein Becken in dem Zimmer, und die drei hatten gerade noch genug Zeit, ihre Hände zu waschen, bevor das Essen serviert wurde. Der Junge griff bei Reis und Lamm gierig zu; so dünn wie er war, hatte er vermutlich im Palast sehr knappe Rationen erhalten.
    Als sie alle gegessen hatten, begann Ross, seinen neuen Sklaven zu befragen. Juliet hatte den Jungen bereits als Reza vorgestellt. »Bist du hier in Buchara geboren, oder hat man dich als Sklave hergebracht?«
    Die hellen Augen des Kindes sahen ihn fest an. Nun, da er keine Angst mehr zu haben brauchte, zeigte sich, daß er einen wachen Verstand hatte. »Ich bin persisch von Geburt an, Herr. Mein Vater ist ein Kornhändler in Meshed.«
    »Erzähl mir, wieso du gefangengenommen worden bist.«
    »Ich war bei meinem Onkel auf der Farm zu Besuch. Mein Onkel warnte mich, nicht so weit in die Felder zu gehen, aber ich war noch klein und hörte nicht auf ihn. Dann kamen turkmenische Banditen und stahlen mich.« Ernsthaft wie ein kleiner alter Mann fügte er hinzu: »Als Ferengi könnt Ihr es vielleicht nicht wissen, aber es ist guten Moslems verboten, andere Moslems zu versklaven. Schiiten jedoch sind Häretiker, und so sind wir Schafe in den Fängen turkmenischer Wölfe-.« Rezas Miene wurde hart und erwachsen. »Eines Tages werde ich nach Hause zurückkehren, auch wenn es zwanzig Jahre dauert, und dann werde ich lernen, wie man mit Waffen umgeht. Niemals mehr lasse ich mich von solchen wie diesen einfangen.«
    »Wie lange bist du schon "Sklave?«
    »Zwei Winter.«
    »Es ist gegen das Gesetz meines Volkes, Sklaven zu halten, also bist du jetzt wieder frei«, sagte Ross und war froh, daß sich das Problem des Jungen so schnell lösen ließ. »Bevor der Winter wieder eingezogen ist, bist du wieder zu Hause bei deiner Familie in Meshed.«
    Reza keuchte auf; es war ihm offenbar nicht in den Sinn gekommen, daß sein neuer Meister ihn freilassen könnte. Er stolperte um den Tisch herum, fiel auf die Knie und griff nach Ross' Hand. Während er sie mit Küssen bedeckte, stammelte er: »Gesegnet sollt Ihr sein, Herr. Ihr habt mich heute zweimal gerettet. . . erst mein Leben und nun meine Seele. Niemals will ich vergessen, was Ihr für mich getan habt. Niemals werde ich zulassen, daß jemand in meiner Gegenwart den Ferengi vor mir beleidigt. Niemals!«
    »Frieden«, sagte Ross lachend. Er entzog dem Jungen seine Hand und ließ sie einen Augenblick auf seinem seidigen, schwarzen Haar liegen. Er hatte Kinder immer gemocht; und wenn er einen Sohn gehabt hätte, würde er sich einen so aufgeweckten und unverwüstlichen Burschen gewünscht haben.
    Über das Kind hinweg sah Ross Juliet an. »Jalal bringt dich morgen zu Saleh. Wenn Abdul Wahab die nächste Karawane westwärts führt, wird er Reza sicher bei seiner Familie in Meshed abliefern.«
    Reza stand auf. Nun, da er nicht länger ein Sklave war, übte er seine neue Freiheit aus, indem er sich in Ross' Arme warf und ihn herzhaft drückte. Danach war Juliet dran.
    Nachdem sie noch ein wenig geplaudert hatten, entließ Ross den Jungen, damit er sich einen Schlafplatz in den Sklavenquartieren des Nawab suchen konnte. Als er fort war, registrierte Ross, daß die einzige Tür zum Flur des Hauses aus massivem Holz bestand und mit einem schweren Riegel von innen zu verschließen war. Es war angenehm zu wissen, daß sie allein sein konnten, wenn sie es wünschten.
    Er wollte sich gerade wieder zu Juliet wenden, als es an der Tür klopfte.

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