Wilder als der Hass, süsser als die Liebe
Haus aufnehmt.«
Nach den üblichen, langatmigen Einwänden nahm der Nawab den Kompaß endlich zufrieden an, und Ross vermutete, daß er Geschenken niemals abgeneigt war, und je wertvoller, desto besser. Mit überschwenglicher Freundlichkeit wandten sie sich schließlich dem Frühstück zu, welches aus exzellentem Lammkebab, Reis, Brot, Tee und dem besonderen Luxus von Kaffee bestand. Als sie fertig waren, fragte Ross geradeheraus: »Könnt Ihr mir nun mehr über Major Camerons Tod sagen?« Abdul Samut Khan seufzte. »Eine Verschwendung. Mein Herr und König war zornig, daß Major Cameron zuerst nach Kokand, dem Feind Bucharas, gegangen war. Vielleicht hätte man darüber hinweggehen können, doch dann stellte sich heraus, daß der Major kein Beglaubigungsschreiben der Königin von England bei sich trug. Dieses Fehlen warf den Schatten des Zweifels auf die anderen Referenzen.«
Ross zog die Augenbrauen hoch. »Aber Major Cameron hatte doch bestimmt Papiere von Lord Auckland, dem Generalgouverneur Indiens, dabei.«
»Ja, aber das ist nicht dasselbe. Da der Emir mit Major Camerons Dokumenten unzufrieden war, sperrte er ihn ein und verlangte einen Brief von Eurer Königin, der bestätigte, daß der Major war, was er zu sein vorgab. Doch obwohl eine Botschaft nach London geschickt wurde, kam niemals eine solche Versicherung hier an. Der Emir wartete viele Monate länger als der eigentliche Zeitraum, den ein Brief von hier nach England und zurück braucht. Er stellte sogar Posten in der Wüste auf, um eine Antwort zu beschleunigen. Vergebens. Wenn Cameron wirklich ein Gesandter Englands war, dann hätte Eure Regierung doch für ihn sprechen müssen.«
Ross spürte, wie tiefer Zorn in ihm entbrannte. Es sah so aus, als wäre Ian noch am Leben, wenn eine vernünftige Antwort nach Buchara geschickt worden wäre. Aber wahrscheinlich hatte irgendein verdammter Beamter in Whitehall entschieden, daß ein solcher Brief »unangemessen« war. Dennoch fühlte Ross sich verpflichtet, die Position seines Landes zu verteidigen.
»Da Major Cameron aus Indien geschickt worden war, war der Gouverneur die richtige Ansprechperson, wenn die Absicht des Majors in Frage stand. Die Königin selbst würde nicht antworten, besonders dann nicht, solange Buchara einen ihrer Offiziere gefangenhielt.«
Mit Unbehagen wiederholte der Nawab sein vorheriges Argument. »Aber Cameron behauptete, der Königin zu dienen, doch sie bestätigte seine Aufgabe nicht. Was sollte mein Herr davon halten?«
Ross fragte sich, ob der Emir sich wirklich die Größe und die Komplexität des britischen Empire vorstellen konnte. Wahrscheinlich nicht. Doch es war ebenso denkbar, daß das Ausbleiben dieser Nachricht nur ein Vorwand gewesen war, um einen Mord zu begehen.
Ross wechselte das Thema: »Ihr habt erwähnt, daß der Major beim Spionieren erwischt wurde. Was hat er genau getan? Sich so unehrenhaft zu benehmen, entsprach überhaupt nicht seiner Art.« »Er versuchte, Briefe aus dem Gefängnis zu schmuggeln.«
»Stand in den Briefen etwas, das Buchara schaden konnte? War es Verrat?«
Sein Gastgeber blickte weg. »Zweifellos ja.«
»Da Major Cameron im Gefängnis war«, fuhr Ross geduldig fort, »wollte er bestimmt nur seine Familie und seine Vorgesetzten wissen lassen, wie es ihm ging, und das ist nur natürlich.«
Immer noch seinen Blick meidend, antwortete der Nawab: »Vielleicht war es natürlich, aber es war unklug. Die Briefe eines Ferengi werden immer mit höchstem Mißtrauen betrachtet.« Wahrscheinlich weil niemand genug Englisch kann, um einen Verrat zu erkennen, dachte Ross voll Bitterkeit. Das Gespräch würde nichts erbringen, denn Abdul Samut Khan war verpflichtet, seinen Herrscher zu unterstützen. Ross beschloß daher, zu der Frage überzugehen, die für seine Familie am wichtigsten war. »Wie ist Major Cameron gestorben?«
Die Augen seines Gastgebers hellten sich auf. »Mit größter Tapferkeit. Monatelang hatte er im Schwarzen Brunnen gesessen, und als sie ihn herausbrachten, war seine Haut weiß wie Schnee und voller Schwären, und er mußte die Augen vor der Sonne schließen. Doch er stand aufrecht da, schlug das Zeichen des Kreuzes über seinem Herzen und verkündete, daß er als Christ sterben würde. Dann trennte ihm der Henker mit einem Schlag den Kopf ab. Er starb schnell und ohne zu leiden. Ein höchst erleuchtender Anblick.«
Ross nickte mit grimmiger Miene. Die Darstellung stimmte mit dem überein, was Abdul Wahab ihm in der
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