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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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sein Leben fünfzigtausend Dukaten wert gewesen wäre?«
    »Ich halte es für unmöglich, einen Preis auf ein Leben auszusetzen, aber ich weiß, daß meine Regierung niemals eine solche Summe zahlen würde«, entgegnete Ross bestimmt. »Es würde als Lösegeld angesehen, und es zu bezahlen, würde das Leben und die Freiheit jedes britischen Reisenden auf der ganzen Welt gefährden.«
    Einen Augenblick lang riß der Nawab die dunklen Augen auf. Dann verstand er die Argumentation. »Wenn die Königin es nicht bezahlt hätte, würde Camerons Familie es tun?«
    Ross schüttelte den Kopf; das Gerede über Geld ließ alle Alarmglocken in seinem Kopf schrillen. »Die Camerons sind eine Familie von altem Blut und großartigem Kampftalent, aber sie sind nicht vermögend. Selbst wenn sie es gewollt hätten, wäre es ihnen unmöglich gewesen, eine solche Summe aufzubringen.« Abdul Samut Khan wirkte enttäuscht. »Aber Ihr seid ein Lord, und er war mit Euch verwandt. Gewiß hättet Ihr ihn doch für die Familie ausgelöst, so wie sie es für Euch getan hätten.«
    Ross nahm an, daß sie nun zum Kernpunkt der Sache gekommen waren. Der Nawab wollte wissen, was Ross' Leben wert war, also war es nun an der Zeit zu lügen. »Wenn ich gefangengenommen würde, wäre meine Familie tief betrübt, aber sie würden nicht versuchen, mich freizukaufen, denn für sie wäre mein Schicksal der Wille Gottes. Ich  bin nur einer von vielen Söhnen, und mein Vater würde es als ungerecht ansehen, meine Brüder für mein unwürdiges Leben zu ruinieren.«
    Seine Worte mußten überzeugt haben, denn der Nawab seufzte in tiefer Enttäuschung. »Eine Schande.« Dann wurde seine Miene verschlagen. »Man behauptet, daß Nasrullah zuerst Gerechtigkeit und die Religion liebte, als er zum Emir wurde, doch schnell wäre er zu Grausamkeit und tanzenden Jungen übergegangen. Er ist eine Warze am Hintern Turkestans. Laßt die britische Regierung Offiziere nach Chiwa und Kokand entsenden und deren Khane überzeugen, nach Buchara zu marschieren. Wenn die Königin mir eine kleine Summe schenkt, vielleicht zwanzig-oder dreißigtausend Dukaten, dann werde ich, der Herr der Artillerie Bucharas, die Invasion unterstützen.«
    Diese Rede machte Ross nur noch achtsamer. Vielleicht wollte der Nawab ihn zu einer Indiskretion verlocken, vielleicht wollte er sich selbst aber tatsächlich an den Höchstbietenden verkaufen - in jedem Fall konnte man ihm aber nicht vertrauen.
    »Ich bin weder ein Vertreter meiner Regierung, noch bin ich gekommen, um eine Rebellion gegen den Herrscher von Buchara anzuzetteln. Ich wollte nur erfahren, was mit meinem Bruder geschehen ist, und das habe ich erreicht.«
    »Ihr traut mir nicht, nicht wahr?« erkannte Abdul Samut Khan. »Das ist gut, denn ein weiser Mann ist immer auf der Hut. Aber ich war ein Freund für Major Cameron. Seht, er hat mit eigener Hand etwas geschrieben, um zu bezeugen, was ich für ihn getan habe.« Er griff in seinen Mantel und zog ein Papier heraus, das er Ross reichte.
    Ross spürte ein Kribbeln im Nacken, als er den Zettel auseinanderfaltete. Dort standen in zittriger, doch unverkennbar Ians Schrift die Worte geschrieben: »Ich schreibe dieses Dokument, um die guten Dienste zu bezeugen, die mir der Nawab Abdul Samut Khan erwiesen hat.« Nach der Auflistung einiger Freundlichkeiten schloß Ian: »Ich unterzeichne dies als Ian Torquill Cameron zu Buchara am  vierzehnten September im Jahre des Herrn 1840.«
    Der Brief eines Toten. Mit leicht bebender Hand faltete Ross das Papier wieder zusammen und gab es zurück. »Im Namen des Majors Familie und meiner eigenen möchte ich Euch den allertiefsten Dank für das, was Ihr für ihn getan habt, aussprechen.«
    Abdul Samut Khan nickte feierlich. »Und so wie ich sein Freund war, werde ich auch Euer Freund sein.«
    Vielleicht stimmte es. Aber dennoch konnte Ross ihm nicht recht trauen.
    Nachdem Ross mit dem Nawab fortgegangen war, machte Juliet sich selbst auf die Suche nach etwas zu essen. Endlich fand sie eine Küche und einen angrenzenden Speisesaal für Diener. Reza war schon dort und begrüßte sie begeistert. Sie erwiderte seine Begrüßung, sprach aber ansonsten mit niemanden, aß ihr Brot, trank ihren Tee und ging wieder. Wie gewöhnlich wurde sie mit beträchtlicher Neugier beobachtet, aber nachdem sie ein oder zwei  Versuche, sie in ein Gespräch zu verwickeln, ignoriert hatte, störte sie keiner mehr.
    Die echte Herausforderung kam, als sich Juliet dem Haupttor

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