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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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und stammelte: »Ich bitte tausendmal um Vergebung, Herr. Ich wollte dich nicht beleidigen. Eine solche Prozedur ist nur so  ungewöhnlich.«
    »Nicht weniger, als einen Ferengi-Gefangenen zu haben«, entgegnete Ross streng.
    »Wenn du bitte mit mir kommen willst, Herr.« Der Offizier nahm eine Lampe, dann führte er sie eine lange, gewundene Treppe hinunter, die sie in den untersten Stock des alten Gemäuers brachte.
    Am Fuß der Stufen begannen sie, einen schmalen Gang entlangzugehen, der mit schweren Türen gesäumt war, aus denen Laute des Elends drangen. In einer Zelle intonierte eine Stimme Gebete in klassischem Arabisch, während hoffnungslose, erstickte Schluchzer aus einer anderen kamen. Allein die Mauern schienen mit Leiden und Verfall getränkt.
    Mit unbewegtem Gesicht sah Ross stur geradeaus. Zwei Wärter aus dem Wachraum des Kerkergeschosses schlössen sich mit Fackeln an, aber die Lichter konnten der erstickenden Finsternis kaum etwas entgegensetzen. Ross konnte den Gedanken nicht ausschließen, daß er und Murad das Tageslicht nie wiedersehen würden, wenn auch nur der kleinste Verdacht an ihrer Echtheit als königliche Beamte aufkam.
    Endlich erreichten sie eine rohgehauene Kammer am Ende des Ganges. Das Loch im Boden war mit einem Deckel geschlossen. Ross starrte auf die Klappe. Nun waren sie also am Siah Tscha, dem Schwarzen Brunnen, angelangt, der zentralasiatischen Version des Burgverlieses.
    Einer der Gefängniswärter beugte sich vor und nahm den Deckel ab. Aus dem Loch drang ein Gestank, vor dem alle schnell zurückwichen. Ross' Magen zog sich heftig zusammen, doch er konnte sich jetzt keine Schwäche leisten. »Beim Barte des Propheten«, knurrte er. »Lebt der Gefangene überhaupt noch?« Einer der Wärter mit einer breiten, dümmlichen Visage bemerkte hilfreich: »Ich glaube, er ißt das Zeug, was wir ihm runterwerfen.« Der andere, dessen spitzes Gesicht an ein Frettchen erinnerte, zuckte die Schultern. »Das heißt nichts. Kann auch von Ratten gefressen werden. Oder von den Schafzecken. Die werden extra für den Schwarzen Brunnen gezüchtet.«
    Ross war dankbar für den falschen Bart, der seinen Gesichtsausdruck verbarg. Regungslos forderte er: »Holt den  Gefangenen rauf.«
    Der klobige Wärter löste das Seil, das über die Winde lief und senkte es in das Loch hinab. Schließlich brüllte er auf persisch in die Öffnung hinein: »Wickel den Strick um dich, und wir ziehen dich rauf. Ein Herr ist zu Besuch gekommen.« Er grinste häßlich. »Er behauptet, der Emir läßt dich frei.«
    Das mußte ein alter, gemeiner Scherz sein, denn die einzige Antwort bestand aus einem gutturalen, nur schwach zu vernehmenden Satz aus dem Loch.
    Der Offizier neigte den Kopf und sagte bedauernd: »Ich verstehe kein Russisch, also weiß ich nicht, was er sagt. Aber wenigstens lebt er.«
    Ross' Mund verzog sich; auch er hatte die Sprache erkannt, wenn er auch Russisch nicht beherrschte. Also war es der andere Offizier, nicht Ian. Später konnte er sich erlauben, enttäuscht zu sein, aber jetzt mußte er sich darauf konzentrieren, den armen Teufel von diesem schrecklichen Ort zu befreien. Mit bitterem Humor stieß er hervor: »Ich denke, er wird die russische Version von >Geh und fick dich selbst< sagen.«
    Der Leutnant lächelte anerkennend, doch der Wärter runzelte die Stirn. »Er wird wahrscheinlich das Seil nicht nehmen wollen. Dann können wir ihn nicht raufziehen.«
    »Dann werdet ihr ihn da unten holen«, befahl Ross ungeduldig. Die zwei Wachen sahen sich mit deutlicher Abscheu an.
    »Das ist ein gemeiner Bastard«, sagte der Plumpe. »Der kann einen angreifen, wenn man zu ihm kommt.«
    »Und ihr habt Angst vor einem Gefangenen, der seit Monaten da unten dahinvegetiert?« fragte Ross ungläubig.
    Ängstlich, seine Autorität aufrecht zu halten, fauchte der Offizier den Wärter an: »Holt das Seil rauf, damit wir einen von euch herunterlassen können.«
    Stur schüttelte das Frettchen den Kopf. »Ich muß jetzt auf meinen Posten zurück. Ich bin für die Zellen im anderen Flur verantwortlich.«
    Der Offizier brodelte vor Wut, während der Plumpe sich alle Mühe gab, unsichtbar zu erscheinen. Ross, der erkannte, daß sie so nur Zeit verschwenden würden, ließ seinen Zorn überkochen. »Idioten! Muß ich denn alles selbst machen?«
    Er nahm das Seil und beugte sich vor, um das obere Ende zu befestigen. Dann griff er sich ungeduldig die Fackel von dem Frettchen, schlang das Seil um seine Mitte und ließ

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