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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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vielversprechender Student«, erklärte Saleh. »Doch dann faßte der Emir eine Abneigung gegen mich. Nicht der jetzige Emir Nasrullah, sondern sein Vater, den Nasrullah umgebracht hat. Tatsächlich tötete er auch seine Brüder, nur für den Fall, daß einer vielleicht seinen Platz einnehmen wollte. Ein nicht ganz einfacher Mann, der Emir, aber so sind die Herrscher.« Er zuckte die Schultern. »Möchtet Ihr vielleicht von dem Pfirsich? Es sind die ersten in diesem Jahr und sehr schmackhaft.« Er pixkste ein Stück Obst mit der Messerspitze auf und reichte es Ross. »Um meiner Gesundheit willen beschloß ich, mein Land zu verlassen. Ich pilgerte nach Mekka, besuchte Konstantinopel und Teheran und sah viel von der Welt. Schließlich nahm ich mir eine Frau und ließ mich hier in Serevan nieder, welches damals eine blühende Gemeinde war. Dann zog Allah, der Gnädige, dessen Wege geheimnisvoll sind, seinen Segen zurück. Plagen, Dürre und Turkmenen brachen über uns herein. Das Dorf lag im Sterben, als Gul-i Sahari kam. Sie war es, die Herz, Gesundheit und Kraft zurückbrachte.«
    Ross nahm das Pfirsichstück. »Sie ist eine bemerkenswerte Frau.« »Ja, da ist sie.« Salehs Hand verharrte, sein Blick driftete in die Ferne ab. »Und es war nicht nur das Dorf, das starb. Als Gul-i Sahari hierherkam, lag mein einziger Sohn Ramin mit einem furchtbaren Fieber im Sterben. Sie gab ihm englische Medizin und pflegte ihn eigenhändig, bis das Fieber zurückging. Sie behauptete, es wäre Allahs Wille gewesen, den Jungen zu heilen, nicht ihr Können, aber meine Frau und ich wissen, daß Allah sie uns geschickt hat.« Wieder in die Gegenwart zurückgekehrt, bot er Ross ein weiteres Stück Obst. »Und so werde ich mit ihr nach Buchara gehen.«
    Ross spürte eine tiefe Erleichterung. Die Geschichte bedeutete, daß Saleh Gul-i Sahari treu ergeben sein würde, auch wenn er nicht ihr Gemahl war. »Du kennst die Stadt und ihre Bräuche. Wie groß, glaubst du, sind unsere Chancen auf Erfolg?«
    Der Usbeke wiegte den Kopf. »Es wird sehr schwierig werden. Im  Moment ist es gefährlich, die Karakum-Wüste zu durchqueren, denn die Turkmenen haben kürzlich den Kommandanten umgebracht, den der Emir von Chiwa ihnen vorgesetzt hat. Nun haben sich die turkmenischen Stämme aufgespalten, ein Teil nach Chiwa, ein anderer Teil nach Buchara und viele für sich selbst. Wenn wir den Ritt durch die Wüste überleben, werden wir vermutlich erfahren, daß euer Offizier bereits tot ist. Und selbst wenn er lebt, dann wird der Emir ihn nicht gehen lassen. Doch mit Allahs Willen sollte es möglich sein zu erfahren, was aus dem Mann geworden ist und anschließend sicher hierher zurückzukehren.« Er seufzte. »Und dann, fürchte ich, wirst du uns die Wüstenblume wegnehmen.«
    Ross zuckte zusammen. »Warum sollte ich das tun?«
    »Bist du denn nicht ihr Gemahl?«
    Überrascht, daß Juliet es Saleh erzählt hatte, antwortete er: »Nur nach dem britischen Gesetz. Es gibt keine echte Verbindung zwischen uns. Serevan ist das Zuhause, das sie erwählt hat, und hier wird sie bleiben. Da bin ich sicher.«
    Saleh betrachtete sein Gegenüber skeptisch, sagte aber nichts mehr. Er war gespannt darauf gewesen, welche Reaktion seine Bemerkung auslösen würde, und die Art, wie der Engländer seine Miene und seine Stimme von allen Gefühlen frei gemacht hatte, war interessant. Höchst interessant. Gul-i Sahari und ihr schöner Mann mochten ja abstreiten, daß zwischen ihnen etwas war, aber ihre Reaktionen sagten etwas anderes.
    Der englische Lord fuhr fort: »Obwohl ich glaube, daß ich es nicht erwähnen muß, will ich es trotzdem tun. Die Frau, die ich als Juliet Cameron gekannt habe, war dickköpfig und so mutig, daß es an Leichtsinn grenzte. Ich vertraue darauf, daß du über sie wachst und deinen Einfluß benutzt, um sie davor zu bewahren, ihr Leben unnötigerweise wegzuwerfen.«
    Es wird noch immer interessanter, dachte Saleh. »Du hast recht, du mußt es nicht erwähnen. Ich tue, was immer in meiner Macht steht, um sie zu beschützen. Und nach ihr kommst du.« Mit einem heimlichen Lächeln schenkte er Tee nach. Saleh hatte immer gefunden, daß Gul-i Sahari einen Mann haben sollte, und nun sah es so aus, als hätte sie einen, der es sogar durchaus wert war,  gehalten zu werden.
    Nachdem sie sich um die dringendsten Pflichten des Tages gekümmert hatte, beschloß Juliet, mit der Disziplin der Schießübungen ihre zum Zerreißen gespannten Nerven zu beruhigen. Ein

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