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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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von ihren Gefühlen trennen konnte! Körperliche Nähe mit ihm war nur auf Kosten emotionaler Vernichtung möglich. Wenn sie und Ross wieder zu Liebhabern wurden, würde sie das Ende dieser Affäre nicht überleben. Und ein Ende würde sie zweifellos haben, da die Probleme nicht beseitigt waren.
    Erst jetzt bemerkte Juliet, daß sie sich auf der Seite zusammengerollt hatte und ihr Kissen wie etwas Lebensrettendes an ihre Brust preßte. Ein Zipfel war feucht von Tränen. Mit einem tiefen Atemzug legte sie sich auf den Rücken und zwang sich, zu entspannen.
    Sie mußte sich unter Kontrolle halten, oder die Reise nach Buchara würde katastrophale Auswirkungen haben.
    Um die Strecke durchzustehen, würden Ross und sie sehr effektiv und ohne Zweifel oder Vorwürfe zusammenarbeiten müssen. Sie durfte ihn nicht wie einen liebeskranken Blaustrumpf bejammern, sondern mußte alles tun, was nötig war, um ihn zu unterstützen. Und Ian, wenn er noch lebte. Und wenn sie wieder sicher und gesund in Serevan waren, mußte sie die Würde und die Weisheit aufbringen, ihren Mann einmal mehr gehen zu lassen.

Kapitel 6
    Am nächsten Morgen wachte Ross aus seinem unruhigen Schlaf auf und fühlte sich wie der Überlebende eines Schiffbruchs. Aber er hatte überlebt, und verglichen damit, sich seine eigenen Makel einzugestehen und sich ihnen zu stellen, würde es ein leichtes sein, dem Emir von Buchara gegenüberzutreten.
    Er hatte sich gerade angezogen, als ein Diener eintrat und ihn zum Frühstück rief. Ross folgte ihm widerwillig, grübelnd, ob man ihn zu Juliet bringen würde, doch zu seiner Erleichterung saß nur der alte Usbeke, der offenbar eine Art Aufseher Serevans war, an dem niedrigen Tisch des sonnendurchfluteten Eßzimmer.
    Der Usbeke trug einen weißen Turban und eine leuchtend gemusterte Robe aus dem gewebten Seidenmaterial, das man ikat nennt. Als Ross den Raum betrat, neigte er höflich den Kopf zum Gruß.
    »Salam aleikum, mein Herr«, sagte er mit den traditionellen Worten, die Frieden wünschten. »Ich bin Saleh, demütigster  Diener von Gul-i Sahari. Bitte vergib mir, daß ich mich nicht erhebe, um zu begrüßen, doch meine Knie sind alt und zittrig und sie protestieren, wenn ich sie zu oft beanspruche.«
    Ross ließ sich mit der Anmut der langen Erfahrung mit gekreuzten Beinen auf einem Kissen am Tisch nieder. »Aleikum salam«, gab er den frommen Wunsch zurück. »Ich fühle mich höchst geehrt, daß du einen vagabundierenden Reisenden bittest, Brot und Salz mit dir zu teilen. Ich wäre untröstlich, wenn deine Knie darunter zu leiden hätten.«
    Saleh lachte, und seine Augen funkelten hell und neugierig in seinem bärtigen Gesicht. Es war deutlich, daß er etwas zu besprechen hatte, versorgte zunächst jedoch seinen Gast mit Tee, Käse und frischem Brot.
    Als Ross zu Ende gegessen hatte und an einer weiteren Tasse Tee nippte, begann Saleh: »Ihr sprecht sehr gut Persisch, mein Herr.« »Die Schönheit eurer Sprache belohnt das Studium.« Und wie die meisten orientalischen Sprachen machte es blumige Floskeln möglich. Ross wechselte auf Usbekisch um und setzte hinzu: »Aber wenn du es vorziehst, können wir eine andere Sprache benutzen.«
    Salehs Miene hellte sich auf. »Ah, du sprichst die Sprache meiner Heimat. Das wird in Buchara von großem Nutzen sein.«
    Ross warf ihm einen scharfen Blick zu. »Juliet - oder vielmehr Gul-i Sahari - hat dir schon davon erzählt?«
    »Ja. Heute morgen sagte sie mir, daß ihr Bruder vom Emir gefangengenommen worden ist und daß ihr beide dorthin reisen werdet, um sein Schicksal zu erfahren.« Saleh nahm sich einen Pfirsich und begann, ihn mit einem schmalen Messer in einem einzigen Streifen zu schälen. »Ich habe über die Sache nachgedacht und finde, daß ich mitgehen sollte.«
    Ross hob die Augenbrauen und fragte sich einen Augenblick, ob sich wohl letztendlich jedermann in Serevan entschließen würde, mitzugehen. Nun, ein Mann, der in Buchara geboren war, konnte wirklich nützlich sein. »Die  Strecke ist lang, beschwerlich und voller Gefahren. Bist du sicher, daß du es tun willst?«
    »Eigentlich nicht.« Der Usbeke war mit seinem Pfirsich fertig und schnitt ihn nun in Scheiben. »Ich bin ein alter Mann, der seine  Bequemlichkeit liebt. Aber ich stehe beträchtlich in Gul-i Saharis Schuld, und vielleicht kann ich damit einen Teil zurückzahlen.« Neugierig geworden sagte Ross ermutigend: »Tatsächlich?«
    »Ich entstamme einer guten bucharischen Familie und war ein

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