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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Jahren, die sie nur lockere, vielschichtige orientalische Trachten gesehen hatte,  kam es ihr seltsam vor, daß ein Mann Kleidung trug, die seinen Körper zeigten. Plötzlich war sie sich seiner Muskeln verwirrend deutlich bewußt, und sie holte tief Atem, um sich zu beruhigen. »Ich glaube, es ist ein Fehler, in westlicher Kleidung zu reisen.« »Das ist ein kalkuliertes Risiko meinerseits«, erwiderte er. »In Buchara wird man mich als Ferengi betrachten, der eine gewaltige Strecke hinter sich gebracht hat, um sich für einen Landsmann einzusetzen, und ich denke, es ist nicht übel, dann auch so auszusehen. Zudem befürchte ich, daß man mich für einen Spion hält, wenn ich in asiatischer Kleidung auftrete, da es ziemlich unwahrscheinlich ist, daß ich als Eingeborener durchgehe.«
    »Das sind tatsächlich vernünftige Argumente«, stimmte sie zu, »aber ich denke, es ist in jedem Fall sicherer, wenn du hiesige Kleidung trägst, bis wir auf einen Tagesritt an Buchara herangekommen sind. Zugegeben, es wäre schwierig, dein fremdartiges Aussehen zu verbergen, wenn du mit deinen zwei Dienern allein geritten wärest, aber in einer Karawane fällst du weit weniger auf. Du brauchst dich nur wie alle anderen zu kleiden und deine Haare unter einem Turban zu verstecken. Ich kann dir das Nötige verschaffen, wenn du einwilligst.«
    »Also gut. Englische Kleidung war bisher gut genug, aber da es mich gestern fast umgebracht hätte, nehme ich an, ich sollte meine Strategie einmal ändern.« Sein Blick glitt über Juliets dunklen Schleier. Um die Frühlingssonne zu genießen, hatte sie ihn gelöst und ihn locker um ihren Hals gewunden. »Da wir gerade schon beim Thema sind ... ich bin neugierig wegen des Tagelmoust. Wie schaffst du es, daß die Indigofärbung keine Flecken auf deiner Haut hinterläßt?«
    Sie lächelte. Es sah Ross ähnlich, nach solchen Dingen zu fragen.
    »Du hast mich ertappt. Das ist kein echter Tuareg-Tagelmoust. Um Flecken zu vermeiden, nehme ich einen europäischen Stoff von gleicher Farbe und Faserbeschaffenheit.« »Ich bin froh, daß die Eitelkeit noch nicht wirklich tot ist.«
    »Man muß nicht gerade eitel sein, um blaue Haut zu verabscheuen«, erwiderte Juliet, die sich über seinen neckenden Tonfall freute. »Apropos Haut... es ist gut, daß du so braun bist. Erlaube dir, ein wenig dreckig zu werden, und niemand wird mehr bemerken, daß du ein Ferengi bist.«
    »Du bist gerade die Richtige, Steine zu werfen«, gab er zurück. »Ich habe noch nie einen Tuareg gesehen, der auch nur annähernd so sauber war wie du.«
    »Das macht nichts, da ich vermutlich in Turkestan niemanden treffen werde, der je einen Tuareg gesehen hat.« Sie blickte an ihrem schwarzen Umhang herunter. »Dennoch ... im Interesse der Glaubwürdigkeit. . .« Sie reichte ihm das Gewehr, legte sich in voller Länge auf den Boden und rollte sich auf der Erde herum.
    Zu ihrer Freude begann Ross schallend zu lachen. »Du bist verrückt!«
    Nachdem sie sich ein paarmal herumgekugelt hatte, stand sie auf und klopfte sich den überschüssigen Staub ab. Das Ergebnis ihrer Mühen war ein Umhang mit einer hübschen Maserung aus Lehm und Dreck.
    Ross' Augen funkelten amüsiert, und er hatte ein wenig seiner Zurückhaltung verloren. »Es ist wirklich ein Glück, daß hier niemand weiß, wie Tuaregs aussehen, denn alle, die ich kennengelemt habe, hatten braune Augen. Wie auch immer, graue Augen sind in Zentralasien ja nicht selten, also solltest du eigentlich nicht zu viel unerwünschte Aufmerksamkeit erregen. Aber ich finde, du brauchst einen neuen Namen. Irgend jemand könnte sich wundern, daß ein Nordafrikaner einen persischen Namen trägt.«
    Sie rümpfte die Nase. »Ich hatte bereits viel zu viele Namen, aber vermutlich hast du recht. Fällt dir irgend etwas ein?«
    Er überlegte einen Moment. »Wie wäre es mit Jalal? Es hört sich ein wenig wie Juliet und Gul-i Sahari an, so daß es dir leichtfallen wird, darauf zu reagieren.«
    »Fein. Aber du brauchst auch einen anderen Namen.« »Meine  Diener sagen einfach Kilburn zu mir, was durchaus in Zentralasien durchgehen kann, also bleibe ich dabei.« Er musterte sie nachdenklich. »Ich denke, es wird am besten sein, wenn du vorgibst, kaum persisch zu können, und so wenig wie möglich sprichst.«
    »Willst du damit andeuten, daß ich weniger in Schwierigkeiten gerate, wenn ich meinen Mund halte?« »Exakt.«
    Juliet kicherte. »So sehr es mich schmerzt, es zuzugeben ... du hast recht.

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