Wilder als der Hass, süsser als die Liebe
diagonal an der Außenseite ihres Oberarms. Selbst mit der provisorischen Aderpresse blutete er immer noch.
Als Saleh mit der Untersuchung fertig war, sagte er mit besorgter Stimme: »Ich fürchte, das muß ausgebrannt werden.«
Ross fluchte leise und warf Juliet einen Blick zu. Er wußte, daß sie akzeptierte, was Saleh gerade gesagt hatte, aber Ross konnte sich nicht damit abfinden. »Das ist bestimmt nicht nötig«, meinte er zu Saleh.
»Ich würde es nicht empfehlen, wenn ich es nicht für wichtig halten würde. Habib war ein dreckiges Schwein, und seine Klinge war nicht sauberer. Das Risiko, daß die Wunde sich entzündet, wenn wir sie nicht ausbrennen, ist zu hoch.«
Bevor Ross etwas antworten konnte, seufzte Juliet: »Dann soll es sein.« Ihre Stimme klang, als würde sie gleich brechen. »Kilburn kann es tun.«
Ross hatte das Gefühl, als ob eine eisige Hand sein Herz umschloß. War diese verdammte Frau entschlossen, ihn in den Wahnsinn zu treiben? Er hatte schon öfter Wunden ausgebrannt und einmal selbst die Prozedur erleiden müssen; der Gedanke, Juliet einen solchen Schmerz zuzufügen, war unerträglich. Lieber Gott, er hatte es als unmöglich empfunden, mit seiner Frau zu fechten, und das, obwohl sie stumpfe Waffen benutzt und Schutzkleidung getragen hatten.
Er öffnete den Mund, um zu sagen, daß Saleh es machen mußte, als er sich beim Anblick von Juliet eines anderen besann. Sie saß mit gekreuzten Beinen reglos da, hatte den Kopf gesenkt und starrte auf die Matte, auf der sie saß. Wie gewöhnlich war ihre Miene unter dem Schleier verborgen.
Doch obwohl sie ihn nicht ansah, wußte er durch das gleiche, unheimliche Gefühl der Verbindung zwischen ihnen, das er auch eben empfunden hatte, daß sie hinter ihrem stoisch ruhigen Äußeren erschüttert und voller Schmerzen war. Ihre Bitte, daß er das Ausbrennen vornehmen sollte, hatte nicht die Absicht, ihn zu quälen, sondern war ein seltsam berührender Akt des Vertrauens. Er bezweifelte, daß es ihr bewußt war - wahrscheinlich hätte sie ihn dann nicht darum gebeten. Aber da sie es getan hatte, durfte er nicht ablehnen.
»Also gut«, knurrte er brüsk. »Ich nehme meinen Dolch.«
Die Wahl schien angemessen, denn es war das wundervoll gearbeitete Messer, das Juliet ihm in Serevan gegeben hatte. Das Kohlebett war der heißeste Teil des Feuers, also legte Ross die Klinge mit dem Messerrücken nach unten über die glühenden Kohlen. Dann zog er ein Stück dicken Papiers aus seinem Gepäck, rollte es zu einer Röhre und blies ins Feuer, um die Temperatur noch zu erhöhen. Das Prinzip war dasselbe wie bei einem Schmiedeblasebalg. Allerdings wollte er kein Pferd beschlagen, sondern seine Frau brandmarken.
In den nächsten Minuten sprach keiner von ihnen. Murad hatte das Wasser gebracht und setzte nun schweigend etwas für den Tee auf. Saleh benutzte ebenfalls etwas davon, um Juliets Wunde zu säubern, und das Blut aus ihrem Gewand zu waschen.
Schließlich war die Klinge so heiß, wie sie werden konnte, und Ross hatte keine Möglichkeit mehr, die Sache länger aufzuschieben. Er wünschte, sie wären in einem christlichen Land, damit er Juliet zur Stärkung Brandy einflößen konnte. Zudem hätte er selbst einiges davon vertragen können, denn allein der Gedanke an das, was er tun mußte, ließ sein Herz rasen und seine Hände schwitzen.
Juliet legte sich auf die rechte Seite und rollte sich ein wenig zusammen, um sich gegen das Kommende zu wappnen. Saleh legte ihr eine Hand auf die Schulter, die andere auf die Taille, um sie festhalten zu können, sollte sie unwillkürlich zurückweichen wollen.
Ross kniete sich neben sie, wobei er darauf achtgab, daß sein Schatten nicht auf die Wunde fiel. Ihre Haut wirkte bleich im Feuerschein, nur die klaffende Wunde leuchtete rot in einem scharfen Kontrast. Mit grimmiger Miene nahm er den Dolch aus dem Feuer. Er hatte ein Stück Stoff um den Griff gewickelt, um seine Hand zu schützen, doch die Hitze war selbst durch dieses unangenehm spürbar.
Er schwankte einen Moment, als er die Klinge vor sich anhob. Sie glühte in häßlicher, grausamer Hitze. Der Gedanke, das Metall gegen Juliets rohes, blutendes Fleisch zu pressen, lahmte seine Muskeln, sein ganzer Körper schien sich zu verweigern. »Kilburn!« mahnte Saleh scharf.
Die Stimme des Mannes durchdrang Ross' Taubheit. Verzögerung würde die Sache nur noch schlimmer machen, also packte er ihren Ellenbogen, dann drückte er rasch den breiteren
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