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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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keinen Gedanken für Verteidigung mehr übrig hatte, beugte sich Juliet vor und durchtrennte Habibs Kniesehne mit einem einzigen kaltblütigen Schnitt. Und damit war es vorbei. Habib würde in nächster Zeit nicht mehr in der Lage sein, einen Kampf anzufangen.
    Juliet ragte über der stöhnenden Gestalt des Mannes, den sie besiegt hatte, auf. Sie hatte das Messer noch in der Hand und rang mühsam und stoßweise nach Atem. Ross war so intensiv bei dem Kampf dabeigewesen, daß er jeden ihrer rauhen, schmerzenden Atemzüge selbst empfand. Und genauso spürte er auch das wilde innerliche Jubeln über ihren Sieg.
    Dann tauchte auch Abdul Wahab auf, den die Kampfgeräusche endlich angelockt hatten. »Was geht hier vor?« bellte er, während sein Blick von einem der Kämpfer zum anderen ging. »Wer hat damit angefangen?«
    Da weder Juliet noch Habib bereit schienen, eine Erklärung abzugeben, meldete sich Murad. »Herr, ich kam gerade von einem Freund an einem anderen Feuer zurück und war zufällig in der Nähe, als der Kampf begann.« Er machte eine beleidigende Geste in Habibs Richtung. »Dieser Sohn eines Skorpions hat Jalal verhöhnt. Jalal ignorierte ihn und wollte friedlich zu unserem  Feuer zurückkehren, als Habib ohne Warnung angriff.«
    »Ist es so gewesen, Jalal?«
    »Aye.« In ihrer Erschöpfung hatte Juliet versehentlich in ihrer normalen Stimme gesprochen, welche einige Tonlagen höher klang, als die, die sie als Jalal benutzte.
    Ross registrierte überrascht, daß niemand es bemerkt zu haben schien. Doch dann erkannte er, daß ihr eben bewiesenes Kampfgeschick es praktisch unmöglich machte, daß sie eine Frau sein konnte.
    Ein kurdischer Händler trat vor. »Während des Kampfes versuchte Habib, ihn umzubringen. Der Targi hat Großmut bewiesen, sein Leben zu schonen.« Ein zustimmendes Gemurmel ertönte.
    Der Kafila-Bashi starrte auf den Kameltreiber herab. »Du hast bekommen, was du verdient hast«, sagte er kalt. »Wir lassen dich in Merw zurück, denn ich will keine Unruhestifter in meiner Karawane haben.« Damit machte Abdul Wahab kehrt und stolzierte davon.
    Die meisten Schaulustigen zogen sich nun in aufgeregter Unterhaltung wieder zu ihren Feuern zurück. Es stand außer Frage, daß Jalal von vornherein der allgemeine Favorit gewesen war. Selbst die zwei Kumpanen Habibs hoben den Kameltreiber nun mit offensichtlicher Verachtung auf und trugen ihn fort.
    Ross wollte zu Juliet gehen und sie in seine Arme schließen, bis sein rasend hämmernder Puls sich wieder normalisiert hatte, aber natürlich tat er es nicht. Er bezweifelte, daß sie ein solches Verhalten toleriert hätte, selbst dann, wenn nicht das halbe Lager zusah. Statt dessen folgte er also Saleh, der sich durch die Gruppe der Männer, die sie umringten, drängte. »Ihr könnt Jalal morgen beglückwünschen«, sagte Saleh laut genug, um sich über den brabbelnden Stimmen Gehör zu verschaffen. »Nun müssen wir uns um seine Wunden kümmern.«
    Im Licht der Fackel sah Ross das Blut, das durch den Riß in ihrem Gewand am linken Oberarm sickerte, den Ärmel durchweicht hatte und über ihre Hand von den Fingern tropfte. Wortlos reichte er Saleh die Fackel, nahm seinen Turban ab und wickelte den Stoff einerseits zum  Abbinden, andererseits als Verband um ihren Arm. Juliet zitterte und ihre Hand fühlte sich klamm und kalt an. Ross nahm an, daß sie einen Schock erlitten hatte.
    Murad gesellte sich zu ihnen und schwärmte begeistert: »Du warst großartig, Jalal. Schnell wie eine Schlange und tödlich wie ein Löwe. Kannst du mir beibringen, wie man ein Messer so führt?« Bevor Juliet antworten konnte, meinte Ross: »Das könnt ihr einen anderen Tag ausmachen, Murad. Kannst du Wasser für uns holen? Ich glaube nicht, daß Jalal die Aufgabe im Moment wiederholen sollte.«
    Derart wieder in die Realität zurückgeholt, machte sich Murad daran, den leeren Wasserschlauch erneut zu füllen. Und da Saleh nicht von solch komplizierten Beschränkungen wie die zwischen Ross und seiner Frau betroffen war, nahm er Juliets Arm und stützte sie, während sie sich zum Feuer zurückbegaben.
    Sobald sie dort waren, legte Ross seine Schlafdecke ans Feuer, damit Juliet in der Nähe der Wärme sitzen konnte. Dann warf er noch mehr Brennstoff aufs Feuer. Als sie sich mit gekreuzten Beinen niedergesetzt hatte, kniete Saleh sich neben sie und wickelte den Verband ab, um ihre Wunde näher zu betrachten.
    Der Schnitt war gute fünfzehn Zentimeter lang und verlief

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