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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Beinen und dem kühn gereckten Schwert verriet er nicht mal eine Spur von Furcht. Wahrscheinlich hatte er, seit er ein kleiner Junge war, von diesem Augenblick geträumt. Hatte nur auf die Gelegenheit gewartet, sich mit einem Feind zu messen, den weder sein König noch seine Kirche ausgesucht hatte, sondern bei dem es sich einfach um ein böswilliges Monster handelte, das sein verdientes Schicksal ereilte.
    Ohne das Tempo zu verlangsamen, warf der Drachen seinen Schlangenkopf zurück und stieß einen derart markerschütternden Schrei aus, dass Tabitha sich am liebsten die Ohren zugehalten hätte.
    Stattdessen hielt sie sich die Augen zu, unfähig mit anzusehen,
wie sich Colin abermals in die Fänge des Todes warf. Als sie jedoch zwischen ihren gespreizten Fingern hindurchlugte, sah er sie über seine Schulter zurück an. Und dieser eine, kurze Blick verriet ihr, dass Sir Colin von Ravenshaw endlich etwas gefunden hatte, für das zu leben ihm lohnenswert erschien.
    Er schaute zwischen dem gegen ihn anstürmenden Drachen und Tabitha hin und her, ehe er plötzlich verzweifelt rückwärts über die Wiese stolperte.
    »Tabitha!«, brüllte er wie ein kleines Kind. »Tu etwas!«
    Lachend und weinend zugleich griff sie nach ihrem Amulett, ehe ihr einfiel, dass sie es nicht mehr besaß. Also müsste sie sich dieses Mal auf ihr eigenes gottgegebenes Talent verlassen. Ihre Zauberkraft mochte nicht ausreichen, um Brisbanes Drachen den Garaus zu machen; aber auf alle Fälle würde sie genügen, um die Bestie abzulenken von ihrem eigentlichen Ziel.
    Nur hatte sie dabei nicht unbedingt an eine Horde schlurfender Mumien gedacht. Da war lediglich ihr Wunsch, was ihre Mutter in einer Situation wie dieser tun würde, und plötzlich bevölkerten stöhnende Zombies die Szene. Wie ihr Hirn die Verbindung zwischen »Mami« und »Mumie« geschaffen hatte, bliebe ihr sicher für alle Zeiten ein Rätsel. Die Kreaturen stolperten mit ausgestreckten Armen blind durch die Gegend und zogen zerschlissene Stoff-Fetzen hinter sich durch das hohe Gras. Nun, es hätte schlimmer kommen können, dachte sie.
    Der Drachen stürmte zwischen den Mumien hindurch. Sein langer Schwanz krachte wie eine Peitsche, als er einige der Figuren zertrampelte, andere hoch in die Luft schleuderte und ihnen Köpfe und Glieder gleichermaßen unbekümmert von den Rümpfen biss.

    Schmerzlich verzog Tabitha das Gesicht und sprach ein stummes Stoßgebet, dass Colin vor einem ähnlichen Schicksal bewahrt bliebe. Zumindest waren die Mumien schon lange tot. Sie runzelte die Stirn. Oder vielleicht nicht?
    Nachdem er ihre erste Verteidigungslinie derart mühelos durchbrochen hatte, wirbelte der Drachen auf der Suche nach weiteren Opfern um die eigene Achse.
    Colin hatte hinter einer Eiche Schutz gesucht, aber zwischen dem Untier und dem Baum lag eine Satteltasche auf der Erde.
    Tabitha rang nach Luft. Lucy! Anscheinend war die Tasche heruntergefallen, als Colins Hengst soeben in Richtung Wald davonschoss.
    Ihr verzweifelter Wunsch erzielte die gegenteilige Wirkung, denn plötzlich krabbelten auf der Wiese zahllose Kätzchen in allen Schattierungen herum. Sie purzelten rings um den Drachen, rieben ihre weichen kleinen Köpfe an seinen dicken Klauen und miauten jämmerlich.
    Mit einem flehenden Blick in Colins Richtung fragte sie sich, ob er allmählich vielleicht ebenfalls vermutete, dass auf ihre Zauberkraft ohne das Amulett nicht unbedingt Verlass war.
    Vielleicht hätte der Drachen die schnurrbärtigen Lieblinge wie Appetithäppchen verspeist, wäre nicht Arjon wild niesend hinter einem Baum hervorgeschwankt. Glücklicherweise machten ihn seine tränenden Augen völlig blind, denn beim Anblick derart vieler Katzen hätte ihn sicher Panik erfasst.
    Irgendetwas war Tabitha jetzt anscheinend gelungen, denn mit ihrem nächsten Atemzug verschwanden sämtliche Kätzchen wieder, sodass Lyssandra über die Wiese jagte und Arjon mit sich in den Schutz der Bäume zog. Doch die sich windende
Satteltasche blieb als leichtes Ziel für den Zorn des Ungetüms zurück. Tabitha hielt den Atem an, als das Biest auf die Tasche zuwatschelte, wobei jeder seiner Schritte die Erde erbeben ließ. Die Art, in der seine aristokratischen Nasenflügel bebten, als er seinen Riesenschädel neigte und an dem Leder schnupperte, war ihr seltsam vertraut.
    Allerdings wagte sie keinen neuen Wunsch. Es war beinahe, als wüsste Colin, was sie vorhatte, noch ehe sie es tat. In genau dem Augenblick, in dem sie, mit

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