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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Fräulein in Not.«

    Hätten sie nicht gerade einen liebevollen Blick getauscht, hätten sie die bedrohliche Stille vielleicht gar nicht bemerkt.
    So jedoch schaute Tabitha argwöhnisch zu dem Gehölz hinüber. »Was zettelt Brisbane jetzt an?«
    »Er ist im Wald verschwunden.«
    »Am Ende hat er sich auf den Weg zurück zu seiner Burg gemacht, um dort sein böses Reich wieder in Besitz zu nehmen. Schließlich kann er die Welt von dort ebenso gut tyrannisieren wie von jedem anderen Ort aus.« Stöhnend zupfte sie Colin am Ärmel. »Wir dürfen ihm das Amulett nicht einfach überlassen. Wenn wir es nicht zurückbekommen, müssen wir es irgendwie anders zerstören.«
    »Aber wenn wir es zerstören …«
    Sie beendete seinen Gedankengang. »Dann komme ich nie mehr nach Hause zurück.« Nachdenklich fuhr sie mit der Fingerspitze über die harten Kanten seines Gesichtes, das sie inzwischen ebenso gut kannte wie ihr eigenes. Eine Zukunft mit ihm bedeutete bitterkalte Winter ohne Zentralheizung und Wärmedecke. Aber eine Zukunft ohne ihn bedeutete eine endlose Reihe bitterkalter Frühjahre, Sommer und Herbste, und so sah sie ihn mit einem breiten Lächeln an. »Das ist ein Risiko, das ich gerne eingehe.«
    Sein zärtliches Stirnrunzeln bedeutete ihr mehr als jedes Lächeln auf der Welt. Er streckte seine Hände nach ihr aus, und obgleich sie in einem nassen Graben lag und an den unmöglichsten Stellen Gras kleben hatte, wallte bei seiner Berührung heißes, sprudelndes Verlangen in ihr auf.
    Er gab ihr einen Kuss und zupfte ihr eine Rosenblüte aus dem Haar. »Auch wenn du dein Amulett nicht mehr besitzt, bist du immer noch eine Hexe, Mädel«, sagte er. »Du kannst ihn mit deinem eigenen Zauber überwinden. Ich glaube fest an dich.«

    Sein ernster Blick verstärkte noch die Übelkeit, die sie empfand. »Colin, es gibt da etwas, was du wissen solltest …«
    Doch ehe sie weitersprechen konnte, drang ein schreckliches und zugleich vertrautes Geräusch an ihre Ohren, ein Donnern, als bearbeitete eine Horde Eingeborener eine riesengroße Trommel. Der Boden unter ihren Füßen bebte und erzitterte tausendmal stärker als an dem Tag, an dem Brisbanes Männer aus dem Wald gestürmt waren, um sie und Colin gefangen zu nehmen.
    »Das klingt nicht gerade gut«, murmelte Colin.
    Vorsichtig spähten sie über den Rand des Grabens. Die Wiese lag immer noch verlassen da, aber tief im Wald schwankten bedrohlich die Baumwipfel.
    Colin griff nach seinem Schwert und wollte sich gerade erheben, als Tabitha ihn an den Füßen wieder herunterzog.
    »Bitte, lass das! Brisbane wird dich umbringen. Du hast ihn gehört. Er denkt, dass du ihm seine Schwester ausgespannt hast.«
    Aber er befreite sich von ihr. »Ich kann nicht einfach hier herumliegen und darauf warten, dass er uns abschlachtet. Wenn ich es schaffe, ihn aus seiner Deckung zu locken, kannst du deine Magie anwenden und ihn vernichten«, sagte er voller Zuversicht.
    »Das wäre keine besonders gute Idee.« Wieder streckte sie die Hände nach seinen Füßen aus, aber er hatte sich bereits über den Rand des Grabens geschwungen und trat tollkühn auf die Wiese. Also kletterte sie ihm eilig hinterher, denn sie konnte sich unmöglich feige verstecken, wenn er so tapfer seinem Untergang entgegenschritt.
    Der Donner schwoll an, bis sich das rhythmische Bumbum nicht mehr vom Pochen ihres Herzens unterscheiden ließ. In dem Augenblick, in dem sie beschloss zu schreien,
wenn nicht sofort etwas geschah, kam das von Brisbane geschaffene Monster aus dem Wald.
    Statt eines Schreis entfuhr Tabitha ein überraschtes Quieken. Von dem dünnen Schwanz bis hin zu seinem dicken Kopf war der Drachen schimmernd smaragdfarben geschuppt. Tabitha blinzelte in Richtung des seltsamen Geschöpfs. Es war kein besonders elegantes Tier. Schnaubend wie ein asthmatischer Vetter der Wesen aus dem Land vor unserer Zeit, humpelte es über die Wiese - wäre nicht einer seiner Klauenfüße bereits groß genug gewesen, um Colin zu zermalmen, hätte er sicher weniger Furcht einflößend als vielmehr lächerlich gewirkt.
    Während der unbeholfene Lindwurm an Tempo gewann und seine fetten Beine wie Kolben auf- und niedergingen, flüsterte Tabitha inbrünstig: »Bitte, lieber Gott!« Dieses Mal appellierte sie nicht an das verwässerte Konzept von irgendeiner höheren Macht, sondern sprach direkt Colins Gott in seiner ganzen Gnade, Kraft und Herrlichkeit an.
    Colin hatte sich in der Wiese aufgepflanzt. Mit seinen gespreizten

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