Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
Vom Netzwerk:
aufgeblähten Bauch des Alten und herrschte die beiden Wachen an: »Wer ist dieser Kerl? Was hat er verbrochen?«
    Roger hatte seit Colins Rückkehr so viele Scherereien gehabt, dass man wohl kaum von ihm erwarten konnte, sich an jeden einzelnen winselnden Bauern zu erinnern, den er zum Tode oder zu lebenslanger Haft verurteilt hatte.
    »Wilderei, Mylord«, fistelte einer der beiden Wachen. »Er hat behauptet, sonst wäre er verhungert. Hat sogar eine der Burgratten gefressen.«
    Traurig schüttelte Brisbane den Kopf. »Der arme Kerl hätte gut daran getan, sich daran zu erinnern, dass auch Völlerei zu den sieben Todsünden gehört.«
    Die beiden Gefolgsleute tauschten einen verständnislosen Blick, ehe der Verwegenere der beiden antwortete: »Genau das haben wir auch gesagt, Mylord!«
    Sie winkten zu dem Tisch hin, der am Fußende des Bettes stand, und endlich riss Brisbane überrascht die Augen auf. Obgleich der Alte ganz offensichtlich einen Großteil der ausgebreiteten Köstlichkeiten verschlungen hatte, stand dort immer noch genug für eine ganze Garnison. Er blickte wieder auf den Toten und merkte erst jetzt, dass der Gegenstand, den der Verurteilte fest umklammert hielt, ein abgenagter Hühnerknochen war.

    Verwundert nahm er einen mit kaltem Fleisch gefüllten Brotlaib in die Hand, fuhr mit einem Finger durch die cremige, orangefarbene Glasur und hob ihn an seine Lippen. »Mmmm«, murmelte er versonnen, »das ist eine ganz spezielle Sauce.«
    Einer der Wachen setzte seinen Helm ab und stieß seinen Kollegen in die Rippen. »Es war mehr, als der Alte verdauen konnte.«
    Brisbanes verwunderter Blick wanderte von dem lächelnden Leichnam über den Buntglas-Lampenschirm und den flauschigen Teppich zu dem bequemen Bett. »Ist die Einrichtung dieser Zelle nicht vielleicht eine Spur zu luxuriös? Als ich den Steinmetz mit dem Bau des Kerkers beauftragte, hatte ich eigentlich etwas … Spartanischeres im Sinn. Ihr wisst schon - Eisenfesseln, Berge verfaulender Knochen, Horden von Ratten - so in der Richtung.«
    Einer der Männer marschierte in den Gang und riss die Tür der gegenüberliegenden Zelle auf, die genau den Beschreibungen seines Herren entsprach. Eine ganze Armee fiepender Ratten krabbelte an den Wänden entlang und ihre Augen funkelten blutrot in der Dunkelheit.
    Brisbane grinste. »Ah, das gefällt mir schon besser!«
    Der eine Wächter baute sich wieder neben seinem Gefährten auf. »Aber die andere Zelle haben Ravenshaw und das Weib geteilt, bevor wir den Alten dort einquartierten.«
    Das Lächeln ihres Herren schwand. »Und wie hat Colin euch dazu gebracht, seine Zelle derartig luxuriös auszustatten? Schon als Junge war er sehr charmant. Er hat das Herz meiner eigenen Schwester gestohlen mit nichts als einer Hand voll welker Wildblumen! Hat er euch bestochen? Hat er euch irgendeinen kostbaren Stein aus dem Heiligen Land versprochen?«

    Die Männer rissen entsetzt die Augen auf, denn sie wussten, ihr Leben hinge von ihrer Antwort ab. »Wir können nichts dazu, Mylord!« Eilig bekreuzigte sich der Wortführer mit zitternden Fingern. »Wir waren nichts weiter als die Opfer eines dunklen Zaubers.«
    Brisbane grunzte drohend. »Ich warne euch! Für heute habe ich genug von abergläubischen Geschichten. Ravenshaw mag so fromm sein, dass einem davon übel wird - aber deshalb ist er noch lange kein Heiliger. Er kann weder Wunder vollbringen noch einfach Brathähnchen aus dem Ärmel schütteln.« Vom furchtsamen Stottern der Wachen angewidert, machte Brisbane kehrt und marschierte aus der Zelle.
    »Nicht Sir Colin, aber sie «, rief einer der beiden Männer ihm verzweifelt hinterher. »Wir glauben, dass sie diejenige war, die das alles bewerkstelligt hat.«
    »Genau«, pflichtete der Zweite seinem Kumpanen eilig bei, ehe seine Stimme vor lauter Panik brach. »Die Frau!«
    »Sie?« Langsam machte Brisbane nochmals kehrt. »Die Frau«, wiederholte er und runzelte die Stirn.
    Diese Person, die plötzlich aus dem Nichts auf der Wiese erschienen war … Die es gewagt hatte, ihn zu verspotten, eindeutig ohne Angst vor seiner Rache … Die das seltsame Amulett an ihrem Hals umklammert hatte, als besäße es die Macht, ihre leidenschaftlichsten Wünsche zu erfüllen.
    Nachdenklich legte er einen Finger an sein Kinn. In der Tat hatte er derartige Überlegungen stets als Unsinn abgetan. Schließlich hätte er nicht gezögert, seine Seele zu verkaufen, wäre ihm daraus ein persönlicher Gewinn erwachsen - aber bisher

Weitere Kostenlose Bücher