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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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eine Münze?«
    Mit großer Geste betastete Colin seine nackte Brust. »Ich fürchte, ich habe gerade kein Geld bei mir.«
    Als Ersatz hob Tabitha einen kleinen, flachen Stein vom Höhlenboden auf. »Beobachten Sie meine Hand«, flüsterte sie mit einer Stimme, die, wie sie hoffte, der ihrer Mutter ähnelte. »Egal, was passiert, gucken sie immer auf meine Hand.«
    Gehorsam fixierte er ihre rechte Hand, während sie den Stein zwischen ihren Fingern herumrollte und zweimal fallen ließ, bis sie einen leidlich gleichmäßigen Rhythmus fand. »Schauen Sie gut zu, gleich wird dieser magische Stein direkt vor Ihren Augen verschwinden. Abrakadabra …« Sie öffnete schwungvoll die Hand.
    Der Stein flog in hohem Boden durch die Luft, ehe er mit einem Plop Colin an der Schläfe traf.

    Tabitha fuhr zusammen. »Tut mir Leid! Am besten probiere ich es noch einmal.«
    Colin rieb sich den Schädel und sah sie nachdenklich an. »Vielleicht sollten wir lieber warten, bis ich einen Helm trage.«
    Sie suchte einen zweiten Stein und wiederholte die vorgeblich geheimnisvolle Prozedur, wobei ihre Finger vor lauter Nervosität noch steifer und unbeholfener waren als sonst. Als sie jedoch dieses Mal mit einem »Abrakadabra!« die Hand öffnete, war der Stein wirklich verschwunden, und mit einem triumphierenden Lächeln verbeugte sie sich vor ihrem Zuschauer.
    Der allerdings packte sie gnadenlos am Arm, drehte ihre Hand herum und betrachtete das zwischen Daumen und Zeigefinger eingeklemmte Wunderding. Wieder zog er eine seiner Brauen hoch, und Tabithas gute Laune erlosch.
    »Spielverderber«, murmelte sie und entwand sich seinem Griff.
    »Ihr seid nicht allzu talentiert, nicht wahr?«
    Es überraschte sie, wie sehr diese leise Feststellung sie traf. Trotzdem widerstand sie der Versuchung, ihm mit Hilfe des Amulettes zu beweisen, wie talentiert sie wirklich war - denn vielleicht erwiese sich sein Mitleid für sie sogar von Vorteil.
    Sie stieß einen bedauernden Seufzer aus. »Deshalb hat mich die Truppe ja auch auf die Straße gesetzt. Sie fanden, meine Auftritte stellten eine einzige Peinlichkeit dar.«
    Seine zusammengekniffenen Augen warnten sie, dass man einen Sir Colin von Ravenshaw nicht so einfach durch Illusionen oder Täuschung hinters Licht führte. Doch ehe er ihre fantastische Geschichte in Frage stellen konnte, zwang ein entfernter Ruf sie beide, Kätzchen sowie Pferd zu packen
und, sollte die Höhle nicht ihr Grab werden, eilends weiterzuziehen.
     
    Roger Basil Henry Joseph Maximillian, Baron Brisbane, marschierte durch die gewundenen Gänge unter seiner Burg, wobei er versuchte, das Hinken zu verbergen, das ihm der Tritt von Colins verräterischer Hure eingebracht hatte. Er verabscheute es, vor seinen Untergebenen auch nur das geringste Zeichen von Schwäche zu zeigen.
    »Ich hoffe, dass ihr mir wirklich etwas Besonderes zu bieten habt«, schnauzte er erbost. »Wenn ihr mich umsonst aus meinem Bad gerufen habt, lasse ich euch morgen von der Köchin zu Pudding verarbeiten!«
    Die beiden Wachen beschleunigten ihre Schritte, bis sie beinahe rannten, nur, um seiner Reitgerte zu entgehen. Sie wussten aus trauriger Erfahrung, dass ihr Herr hinter seinem engelsgleichen Äußeren ein teuflisches Temperament verbarg. Und jetzt war er geradezu ungenießbar, weil Ravenshaw derart spektakulär auf dem Turnierplatz gesiegt hatte und abermals tolldreist geflohen war. Mehr als die Hälfte seiner Männer hockte zitternd bereits wieder im Burghof mit der Beteuerung, ihre Beute hätte sich einfach in Luft aufgelöst. Brisbane hatte gebrüllt, sie schöben bloß ihre Unfähigkeit, den Flüchtling zu ergreifen, auf Feen und andere Fabelwesen - anschließend befahl er, sie der Reihe nach auszupeitschen.
    Damit sie nicht zu ihren Kameraden in das Wachhäuschen gesperrt würden, eilten die beiden Burschen weiter, einer riss eine der Zellentüren auf und der andere zupfte nervös an der fettigen Locke, die unter seinem Helm hervorlugte.
    »So etwas habe ich noch nie gesehen, Mylord«, flüsterte er.

    »Genau, Mylord, es ist ein Rätsel, das nur Ihr selber lösen könnt.«
    Brisbane fegte in die Zelle, warf einen flüchtigen Blick auf den Insassen und sagte: »Er ist tot. Was müsst ihr sonst noch wissen, ihr Hohlköpfe?«
    Der Leichnam lag, die Zehen nach außen gedreht, rücklings auf dem Bett, und sein verwittertes Gesicht wies ein geradezu verzücktes Lächeln auf. Mit gerümpfter Nase stieß Brisbane seine Fingerspitze gegen den

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