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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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gleichen Takt keuchte wie sie.
    In dem Gefühl, weniger zu verfolgen als vielmehr verfolgt zu werden, bewegte sie sich treppaufwärts. Sie wusste nicht mehr, ob sie in Richtung dessen eilte, was sie am oberen Ende erwartete, oder ob sie vor einer grausigen Gefahr flüchtete, die hinter ihr im Dunkel lauerte.
    Ihre Unsicherheit war sicher ein Spiegel ihrer emotionalen Notlage, sagte sie sich, wenn auch nicht allzu überzeugt.
Zwar lebte sie in der Gegenwart, doch war sie irgendwo gefangen zwischen Zukunft und Vergangenheit.
    Sie hechtete weiter auf den zweiten Absatz. Hoffentlich böten die Schatten des Korridors ihr Schutz! Doch als sie über ihre Schulter blickte, stieß sie gegen etwas Warmes, Festes, schrie wie besessen auf und wäre ganz sicher niemals mehr verstummt, hätte sich nicht eine muskulöse Hand entschieden über ihren Mund gelegt.

15
    Tabithas Verfolger war keine ätherische Erscheinung, kein schattiges Phantom, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut - ein Mensch mit Muskeln und Sehnensträngen, die sie unnachgiebig an die Wand drückten, jedoch ohne dabei grob zu werden. Das Rasseln seines Atems mischte sich mit ihrem Keuchen. Sie roch das Holzfeuer in seinem Haar, schmeckte Schweiß und Leder in der Handfläche, die fest auf ihren Lippen lag. Zitternd vor Erleichterung sackte sie müde gegen ihn, glücklich gerade über ihr Fleisch und Blut, das sie beide verwundbar machte.
    »Hört auf zu schreien«, drang Colins barsche Stimme durch die Dunkelheit. »Sonst weckt Ihr sicher die Lebenden und auch die Toten auf.«
    Zitternd nickte sie, und langsam zog er seine Hand zurück, wobei er allerdings seine Fingerspitzen während einer endlosen Sekunde auf ihrer Unterlippe liegen ließ. Statt einen Schritt nach hinten zu weichen, damit sie etwas Raum bekam, stützte er seine Hände zu beiden Seiten ihrer Schultern gegen die Mauer, wodurch er, obgleich nur unmerklich
größer als sie, über ihr aufzuragen schien. Eins seiner Knie schob er zwischen ihre Beine, sodass sie in einer peinlichen Situation gewesen wäre, hätte sie versucht, sich ihm in irgendeiner Richtung zu entziehen.
    »Wie …«, krächzte sie und räusperte sich. »Als ich gegangen bin, haben Sie tief und fest geschlafen. Wie sind Sie also in die Burg gekommen … und dann auch noch so schnell hierher?«
    »Ich habe den Geheimgang vom Garten her genommen«, erklärte er sachlich.
    »Dann müssen Sie es doch gehört haben«, sagte sie, froh, dass sie offenbar nicht als Einzige allmählich den Verstand verlor. »Das Weinen!«
    »Ich habe nichts gehört. Nichts außer dem Heulen des Windes und dem Geräusch, als Ihr aus dem Zelt geschlichen seid und dadurch Euer Versprechen gebrochen habt!«
    Beinahe kam es Tabitha so vor, als läge in seiner stolzen, leidenschaftlichen Stimme etwas wie Betrübnis. Gern hätte sie ihm ins Gesicht gesehen; aber das Mondlicht, das unter ihnen auf die Stufen fiel, drang nicht ganz herauf. »Ich bin aus dem Zelt geschlichen, weil ich ein Baby weinen gehört habe.«
    »Ihr solltet Euch schämen!« Die Bitterkeit in seiner Stimme überraschte sie. »Die Erinnerung an meine arme tote Schwester zu beschmutzen, weil Ihr dahinter Eure Gier verbergen wollt! Meint Ihr, ich wäre ebenso leicht irrezuführen und abergläubisch wie die Frauen im Dorf? Als nächstes werdet Ihr wahrscheinlich versuchen, mich davon zu überzeugen, dass sich der Schatten meines Vaters aus seinem Grab erhoben hat und dass der Himmel von Hexen bevölkert ist.«
    Seine Worte verursachten einen Schauder in ihr. Einen Schauder, den er angesichts ihrer körperlichen Nähe ganz sicher gespürt hatte. Wenn sie einander noch näher kämen,
würde sie sicher wieder mit den Zähnen klappern. »Wenn Sie nicht glauben, dass ich das Weinen gehört habe, weshalb wandere ich dann wohl Ihrer Meinung nach mitten in der Nacht in dieser gottverlassenen Ruine herum? Zur körperlichen Ertüchtigung?«
    »Natürlich, um mich auszurauben. Zweifellos ist die Verführung einfach zu groß. Zu wissen, dass die restlichen Reichtümer der Ravenshaws hier innerhalb der Burgmauern herumliegen und nur darauf warten, dass sie sich jemand aneignet. Schon als ich Euch das erste Mal gesehen habe, wusste ich, dass Ihr zu der Sorte Frauen gehört, die die Schwäche eines Mannes gnadenlos auszunutzen versteht.«
    Tabithas Empörung gewann die Oberhand über ihre Vernunft. »Das ist ein unfairer Vorwurf, meinen Sie nicht auch, wenn er von einem Mann kommt, der offensichtlich nicht die

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