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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Weinen eines Säuglings geradezu gespenstisch klar durch den Turm hallte. Sie blickten in die Dunkelheit, Colin riss entsetzt die Augen auf und sie klammerte sich hilfesuchend an ihn.
    Er legte einen Finger an ihre heißen Lippen und bedeutete ihr, hinter ihm die Wendeltreppe zu erklimmen.
    »Nein«, wisperte sie.
    »Ich werde Euch ganz sicher nicht alleine lassen, Weib.«
    »Ich gehe nirgendwo hin, ehe Sie sich nicht bei mir entschuldigen.«
    »Dafür, dass ich Euch geküsst habe?«, zischte er und schob sein Gesicht so dicht an ihres, als küsse er sie auf der Stelle noch mal.
    »Für Eure Verdächtigung, in Eure Burg eingebrochen zu sein, um Euch zu bestehlen.« Tabitha fühlte sich kindisch - aber aus irgendeinem Grund war es ihr unermesslich wichtig, dass Colin ihren Namen reinwusch von dem Vorwurf des Diebstahls.
    Er brauchte einen Augenblick, bis ihm klar wurde, dass sie sich allein mit drohendem Stirnrunzeln sicher nicht einschüchtern ließ. »Also gut«, knurrte er widerwillig. »Ich bitte Euch um Verzeihung, Mylady!«
    Als er auf dem Absatz kehrtmachte und die Treppe hinaufzusteigen begann, eilte ihm Tabitha nach. Sie war eher geneigt, mit ihm gemeinsam dem unheimlichen Weinen auf den Grund zu gehen, als alleine in der Dunkelheit zurückzubleiben. Trotzdem fauchte sie erbost: »Ich bin nicht Ihre Lady.«
    »Noch nicht«, entfachte er durch seine grenzenlose Arroganz aufs Neue ihre Wut.
    »Niemals«, keifte sie hinter ihm, auch wenn dieser Widerspruch selbst in ihren eigenen Ohren hohl und wenig überzeugend klang.
Als sie die Treppe hinaufschlichen, umklammerte Tabitha den Zipfel von Colins Tunika wie ein kleines Kind die Decke seines Betts, wenn es sich fürchtete. Seine Arme bräuchte er vielleicht, um sie beide gegen das unsichtbare Grauen zu verteidigen, das sie im Turm der Kapelle erwartete. Selbst ohne Schwert und Dolch war ein Mann wie Colin niemals gänzlich unbewaffnet, hatte sie erfahren.
    Als sie die eisenbeschlagene Tür am oberen Ende der Treppe erreichten, hörte das Weinen auf. Die bedrohliche Stille, die auf das Greinen folgte, hallte genauso wie das Klagelied.
    Tabitha rann ein eisiger Schauder den Rücken hinab, und Colin drückte ihr ermutigend die Hand. »Keine Angst, Mädel«, erklärte er. »Wahrscheinlich ist es nichts weiter als der Wind, der durch eine Spalte in der Steinwand pfeift.«
    Sie straffte ihre Schultern und sah ihn lächelnd an. Er schob sie dichter hinter sich, legte seine Hand an die Tür und drückte sie entschlossen auf.
    Ihre von Angst betäubten Sinne bombardierte ein Wirrwarr überraschender Eindrücke: ein goldenes Kruzifix, das schräg an einer der vergipsten Wände hing, das gedämpfte Gurren einer Taube, schlanke Kerzen, die auf einem reich verzierten Altar flackerten. Colin machte sich los von ihr und ging, wie von unsichtbarer Hand gezogen, in Richtung des Lichts, das die Dunkelheit diffus erhellte.
    Stille hatte sich über den Raum gesenkt. Und ihr Entsetzen wollte sie überwältigen, als plötzlich aus einer dunklen Ecke etwas Großes, Gedrungenes wie ein wütender Keiler auf Colin zugeschossen kam.
    Von der Attacke des fliegenden Angreifers überrascht, fiel Colin hintenüber und schlug krachend mit dem Kopf gegen die Wand. Gipswolken stiegen auf - mit einem unterdrückten Schrei stürzte Tabitha in Richtung des Altars und
schnappte sich, entschlossen Colins Gegner niederzustrecken, einen der Leuchter.
    Beim Klang des jämmerlichen Heulens einer Frau wurden ihre Finger um das blank polierte Messing starr.
    »Colin! Master Colin, seid Ihr es?«
    Zögernd drehte sich Tabitha um und sah, dass Colins Kopf im Schoß einer Frau lag, die groß genug war, um als Verteidigerin bei den New York Giants aufgestellt zu werden. Der Kerzenständer glitt ihr aus der Hand und fiel scheppernd zu Boden.
    »Och, Colin, mein armer Junge!«, stammelte die Frau. »Was habe ich getan?« Das Fleisch an ihren Oberarmen zitterte, als sie Colins Gesicht an die schwammigen Berge ihrer Brüste zog und ihn wiegte wie ein kleines Kind.
    Als er sich in ihren Armen wand, um nicht zu ersticken, hätte Tabitha um ein Haar gelacht.
    »Nana?«, wisperte er und blinzelte die Frau verwundert an. »Bist du es, Nana? Ich dachte, du wärst tot.«
    »Und ich dachte, du wärst tot, mein süßer Junge«, murmelte sie, während sie über seine dunklen Locken strich. »Aber anscheinend haben wir uns beide getäuscht.«
    Colin schüttelte verwirrt den Kopf, rappelte sich mühsam auf, strich über seine

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