Wilder als Hass, süsser als Liebe
umgehen.«
ROSS schwieg eine lange Zeit. »Ich bin froh, daß du so denkst«, antwortete er dann endlich. Seine Stimme klang emotionslos.
»Der Sturm hat sich offenbar gänzlich gelegt. Sollen wir mal nachsehen, wie die Außenwelt aussieht?«
Er zog den Umhang zurück, und aus jeder Falte und jedem Knick floß feiner Sand auf sie hinab. Die Nacht war angebrochen, doch der Himmel war sternenklar und ein wächserner Mond warf ätherisches Licht über die bleichen, sanft geschwungenen Dünen.
Die Temperatur war beträchtlich gefallen, und die frische Nachtluft fühlte sich nach der erstickenden Geschlossenheit ihres Unterschlupfes herrlich an.
Während sie tief, tief Luft holte, streckte Juliet ihre verkrampften Glieder aus. »Wüstensterne sind wunderschön«, bemerkte sie, als sie in die samtene Finsternis starrte. »Ich werde nie müde, sie anzusehen.«
ROSS war gedanklich noch eher mit dem Weltlichen als mit dem Himmlischen beschäftigt. Doch er nickte und meinte betont sachlich: »Gut, daß ich meinen Kompaß dabei habe, sonst hätten wir nur die Sterne als Orientierung. Der Sturm hat die Landschaft so verändert, daß wir uns leicht verirren könnten.«
»Wenigstens brauchen wir uns nicht zu beeilen. Ich bin sicher, daß wir morgen früh viel später aufbrechen, denn es wird Stunden dauern, all die verwehten Dinge wiederzufinden, die der Sturm mitgenommen hat.«
Juliet wollte sich gerade aufsetzen, als ROSS auf sie hinabsah. Das blasse Mondlicht war gerade kräftig genug, um die klassische Perfektion ihrer Züge herauszuarbeiten.
»Ja, es war richtig, daß wir beide unsere dumme Lust aufeinander zugegeben haben«, murmelte er, hob eine Hand und zeichnete sanft die Konturen ihres Gesichtes nach.
Juliet hielt den Atem an, wollte ihm sagen, daß er dies nicht tun sollte, doch bevor sie den Mund aufmachen konnte, beugte er sich zu ihr herunter und küßte sie mit tiefer, verlangender Leidenschaft. Ihr Mund war ein Brunnen voller Süße, und zärtlich trank er von ihren Lippen. Voller Verlangen trank er von ihr, aber seine Sehnsucht konnte das nicht stillen. Je mehr er von ihr nahm, desto mehr brauchte er, um zu überleben. Immer schon war das so gewesen …
Juliet spürte, wie die Begierde, die sie gerade noch in erträglichen Grenzen gehalten hatte, erneut aufflammte, und sie reagierte auf seine Küsse mit einem Hunger, der sie selbst schockierte.
Sie küßten sich mit einer Besessenheit, die sie fühlen ließ, daß sie jetzt ihre Bestimmung erreicht hatten, jetzt, da sie eins waren in ihren Empfindungen, in ihren Bewegungen. Sie gehörten zusammen, mit jedem Atemzug, jeder Faser ihres Körpers, mit ihrem ganzen Wesen waren sie füreinander bestimmt. Zwölf lange Jahre hatten sie sich nacheinander verzehrt wie Verdurstende.
Jetzt konnten sie die schmerzvolle Sehnsucht endlich stillen.
ROSS streichelte ihren Körper, von ihren Hüften zu ihren Brüsten, ohne den Kuß zu beenden. Juliet schlang die Arme um ihn, sie wollte ihn überall spüren. Sie drängte sich ihm entgegen und genoß die glühende Hitze, die sich bei seinen Berührungen in ihr ausbreitete. Ganz tief konnte sie das Kribbeln spüren, das ein köstliches Gefühl der Erwartung hervorrief.
Ich habe es nie vergessen können, dachte sie, als sie die Augen schloß.
ROSS lachte atemlos, als er ihren Schleier ganz herun-terzog und ihren Hals freilegte. Sekundenlang betrachtete er sie.
Ihr Blick war verschleiert, ihre Wangen gerötet. Er kannte diese entzückenden Anzeichen nur zu gut. Nie hatte er vergessen, wie sie aussah, wenn sie sich der Leidenschaft hingegeben hatte. Nur die Erinnerung hatte ihn die letzten Jahre überhaupt überstehen lassen. Und er wußte auch noch, wie er sie streicheln mußte, wie er sie erregen konnte. Und dieses Wissen stachelte ihn an.
Seine Hand glitt zu ihren Brüsten, seine Lippen hinterließen eine brennende Spur entlang der Linie ihres Halses. Juliet bog sich seiner Berührung entgegen, während sie die Lagen von Stoff und das enge Mieder verfluchte, das ihren Körper von seiner Haut trennte.
Und dann plötzlich - schockierend plötzlich - war er fort, und sie spürte nur noch die kalte Nachtluft auf ihrer glühenden Haut. Der Kontrast, der Verlust war fast vernichtend.
Ängstlich und verwirrt öffnete Juliet die Augen. ROSS stand über ihr und schirmte mit seinen breiten Schultern die Sterne ab, während sich seine Brust noch heftig hob und senkte.
Doch trotz seiner offensichtlichen Erregung triefte seine
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