Wilder als Hass, süsser als Liebe
Dann begann sie, sich heftig zu wehren, um aus der Gewalt ihres Gegners freizukommen. Die beiden rollten in einer gewaltigen Staubwolke über den Boden, während Habib ununterbrochen versuchte, irgendwo einen Dolchstoß anzubringen. Als er es endlich schaffte, konnte sie die Klinge gerade noch aus den lebenswichtigen Zonen drängen, doch sie bohrte sich tief in ihren Oberarm. Juliet stieß einen scharfen, schnell erstickten Schmerzensschrei aus, der ROSS durchfuhr, als wäre er ebenfalls getroffen.
Dann machte Habib einen Fehler, wenn auch einen verständlichen. Er hob sein Gewicht ein kleines bißchen von seinem Gegner, um seine Kraft besser einsetzen zu können, und schmetterte dann sein Knie zwischen ihre Beine. Ein Mann wäre sofort bewegungsunfähig geworden.
Die Zuschauer stöhnten in entsetztem Mitgefühl, doch Juliet war nicht außer Gefecht gesetzt, wie ein Mann es gewesen wäre. Den Vorteil ausnutzend, daß Habibs Gleichgewicht einen Moment nicht so stabil sein konnte, *uchtete sie seinen Körper von ihrem. Er landete einen halben Meter weiter auf dem Rücken.
Juliet sprang auf die Füße, was das Publikum davon überzeugte, daß sie auf übermenschliche Art immun ge-Sen Schmerzen sein mußte. Dann beendete sie in einer fließenden Reihe von perfekten Bewegungen den Kampf. Zuerst trat sie Habib das Messer aus der Hand und schmetterte anschließend ihren gestiefelten Fuß in die gleiche, verletzliche Stelle, die er eben bei ihr getroffen hatte. Er brüllte auf und krümmte sich zuckend um seine gequetschten Genitalien zusammen.
Da ihr Gegner keinen Gedanken für Verteidigung mehr übrig hatte, beugte sich Juliet vor und durchtrennte Ha-bibs Kniesehne mit einem einzigen kaltblütigen Schnitt. Und damit war es vorbei.
Habib würde in nächster Zeit nicht mehr in der Lage sein, einen Kampf anzufangen.
Juliet ragte über der stöhnenden Gestalt des Mannes, den sie besiegt hatte, auf. Sie hatte das Messer noch in der Hand und rang mühsam und stoßweise nach Atem. ROSS war so intensiv bei dem Kampf dabeigewesen, daß er jeden ihrer rauhen, schmerzenden Atemzüge selbst empfand. Und genauso spürte er auch das wilde innerliche Jubeln über ihren Sieg.
Dann tauchte auch Abdul Wahab auf, den die Kampfgeräusche endlich angelockt hatten. »Was geht hier vor?« bellte er, während sein Blick von einem der Kämpfer zum anderen ging. »Wer hat damit angefangen?«
Da weder Juliet noch Habib bereit schienen, eine Erklärung abzugeben, meldete sich Murad. »Herr, ich kam gerade von einem Freund an einem anderen Feuer zurück und war zufällig in der Nähe, als der Kampf begann.« Er machte eine beleidigende Geste in Habibs Richtung. »Dieser Sohn eines Skorpions hat Jalal verhöhnt. Jalal ign°’ rierte ihn und wollte friedlich zu unserem Feuer zurückkehren, als Habib ohne Warnung angriff.«
»Ist es so gewesen, Jalal?«
»Aye.« In ihrer Erschöpfung hatte Juliet versehentlich in ihrer normalen Stimme gesprochen, welche einige Tonlagen höher klang, als die, die sie als Jalal benutzte.
registrierte überrascht, daß niemand es bemerkt zu haben schien.
Doch dann erkannte er, daß ihr eben bewiesenes Kampfgeschick es praktisch unmöglich machte, daß sie eine Frau sein konnte.
Ein kurdischer Händler trat vor. »Während des Kampfes versuchte Habib, ihn umzubringen. Der Targi hat Großmut bewiesen, sein Leben zu schonen.« Ein zustimmendes Gemurmel ertönte.
Der Kafila-Bashi starrte auf den Kameltreiber herab. »Du hast bekommen, was du verdient hast«, sagte er kalt. »Wir lassen dich in Merw zurück, denn ich will keine Unruhestifter in meiner Karawane haben.« Damit machte Abdul Wahab kehrt und stolzierte davon.
Die meisten Schaulustigen zogen sich nun in aufgeregter Unterhaltung wieder zu ihren Feuern zurück. Es stand außer Frage, daß Jalal von vornherein der allgemeine Favorit gewesen war. Selbst die zwei Kumpanen Habibs hoben den Kameltreiber nun mit offensichtlicher Verachtung auf und trugen ihn fort.
ROSS wollte zu Juliet gehen und sie in seine Arme schließen, bis sein rasend hämmernder Puls sich wieder normalisiert hatte, aber natürlich tat er es nicht. Er bezweifelte, daß sie ein solches Verhalten toleriert hätte, selbst dann, wenn nicht das halbe Lager zusah. Statt dessen folgte er also Saleh, der sich durch die Gruppe der Männer, die sie umringten, drängte. »Ihr könnt Jalal morgen beglückwünschen«, sagte Saleh laut genug, um sich über den brabbelnden Stimmen Gehör zu
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