Wilder Engel (German Edition)
nichts. Ganz diskret hintenherum. Damit dein guter Ruf auf keinen Fall gefährdet wird. Mit deinem Chef würde ich beispielsweise nie … selbst wenn er das beste und teuerste Rasierwasser auf Erden verwendete.«
Berthold schnaufte an dieser Stelle kläglich, griff – endlich! – nach der Schampusflasche neben dem Bett und ließ den Korken knallen.
»Darauf stoßen wir jetzt an, gell?«, freute ich mich. »Wir besiegeln unsere Abmachung, und alles wird gut.«
»Wenn du jetzt nicht sofort mit diesem Mist aufhörst, werde ich ernstlich böse, Angela!«, drohte er in diesem Moment. Er goss eines der Gläser randvoll und trank es im nächsten Moment auch schon in einem Zug aus.
Mir bot er nichts an! Was mir unmissverständlich zeigte, Berthold war stinksauer und ernst meinte er es obendrein.
»Ich brauche dich!«, rief ich.
»Ah ja? Wozu denn? Wenn ich fragen darf …«
»Zum … äh … Kristallzüchten zum Beispiel«, triumphierte ich. (Ich war sicher, die Erinnerung an gute alte Zeiten würde ihn jetzt umhauen, ihn zu Tränen rühren, er würde gleich zu meinen Füßen liegen, mich um Verzeihung bitten und mir immerwährende platonische Liebe schwören.)
»Du bist so was von durchgeknallt, Angela, also wirklich. Ich weiß tatsächlich nicht, warum ich mal so schrecklich auf dich abgefahren bin.«
»Bitte keine Beleidigungen, das habe ich wirklich nicht verdient. Kann ich übrigens auch ein Gläschen haben?«
»Bitte, bedien dich.«
Was ich dann auch tat. Ich machte es ihm sogar nach und goss mir das teure Sprudelwasser runter wie ein Glas Fanta.
»Habt ihr wenigstens ein Kondom benutzt? Du und dieser Kerl?«
»Natürlich.«
»Schon traurig, wie manche Geschichten zu Ende gehen. Ich hatte wirklich gedacht, das mit uns beiden könnte was werden.«
Damit stand Berthold auf, anschließend zog er sich schweigend an und ging zur Tür. »Ich schreibe dir morgen einen Brief. Als E-Mail. Schau also mal in deinen Computer rein bei Gelegenheit«, schlug er noch vor. »Tschau, Angela. Ein schönes Leben wünsche ich dir!«
Und dann war er weg.
Ich trank anschließend beinahe die ganze Flasche Champagner alleine leer, bis auf einen kleinen Rest, der in den Kühlschrank musste, und schlief durch, bis der Wecker klingelte. Das verdammte Ding war natürlich noch auf Bertholds Bedürfnisse getrimmt, aber ich war jetzt blöderweise wach.
Als Nächstes fiel mir ein, dass ich von heute an wieder einmal frischgebackener Single war. Was vor allem meine Mutter ganz schön aufregen würde!
Und Schuld an allem hatte nur dieser verdammte Alessandro. Wieso musste der Kerl auch verheiratet sein? Und ein Windhund noch dazu. Das »Happy-End in der Toskana« hätte meiner Mutter bestimmt gefallen.
Und mir auch!
Einige Stunden später …
Habe gerade noch einmal die Notizen oben zu meinem Galerie-Abenteuer durchgelesen.
Muss mir selbst eingestehen, wie ein ziemliches Miststück zu klingen. Jedenfalls, was Berthold und unsere einjährige Beziehung betrifft.
Andererseits (und das soll KEINE Entschuldigung sein!): Kann jemand von mir ernstlich erwarten, dass ich bereits vor Erreichen der 30-er Grenze den Freuden eines erfüllten Sexuallebens Adieu sage?
Oder noch einmal anders herum gefragt: Müsste nicht eigentlich Berthold etwas gegen sein »Problem« unternehmen? Anstatt indirekt MIR die Schuld für alles, was passiert ist, einfach so in die Schuhe zu schieben?
Habe Elke telefonisch zu dem Thema befragt. Sie wiederholte ihre bereits einmal an anderer Stelle geäußerte Meinung. Und bekräftigte diese sogar noch: »Vergiss es, Angela, das wird nie was mit dem. Mach dich nicht unglücklich. Und vor allem, hör nicht auf deine Mutter! Die stammt aus einer anderen Generation und hat von diesen Dingen wenig bis gar keine Ahnung.«
Außerdem sagte Elke auch noch: »Ein Mann, der mit Mitte dreißig schon solche Probleme hat, ist mit Mitte fünfzig tot. Nieren- oder Prostata- oder Blasenkrebs. Bei Chemikern kommt das häufiger vor als im Durchschnitt der Bevölkerung. Der siecht dir unter den Augen weg. Willst du das?«
»Nee«, sagte ich, »du lieber Himmel!« Und dann: »Der arme Berthold. Das hat er eigentlich nicht verdient.«
»Das hat niemand verdient, aber so ist es nun mal. Das Leben ist brutal. Außerdem hat er sich das Chemiestudium selbst ausgesucht.«
Ehrlich gesagt fühlte ich mich nach diesem Gespräch mit Elke sogar noch eine Spur schlechter als vorher.
So machte ich mir etwa folgende Gedanken: Durfte
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