Wilder Engel (German Edition)
ausgestattet sein, ansonsten wäre auf dem Engel’schen Display nämlich garantiert keine Vorwahl von Teneriffa erschienen.
»Ja, ich bin derzeit auf Teneriffa. Allerdings plane ich, nach München zu kommen.«
»Nein, Angela, du bleibst jetzt mal schön da, wo du bist«, sagte Ingeborg leise, aber in so bestimmtem Tonfall, dass Angie völlig vergaß zu protestieren.
»Ich werde deinen Vater verlassen, Kind!«, fuhr Ingeborg aber bereits fort. »Und ich werde zu dir und Elke nach Teneriffa kommen. Vielleicht lasse ich mich auch auf Dauer ganz auf der Insel nieder.«
»Äh, aber Mama! Elke ist gar nicht hier, schon ein ganzes Weilchen nicht. Sie ist auf … ähm … Weltreise.«
Angie hatte fieberhaft und blitzschnell überlegen müssen, um auf diese Lösung zu kommen.
»Umso besser. Dann ist ja jetzt Platz genug auch für mich in ihrer Wohnung, wenn sie nicht da ist. Auf Dauer suche ich mir natürlich was Eigenes.«
»Elkes Wohnung ist untervermietet. Ich wohne auch nicht da, und ich wollte ohnehin nach München, ich …«
»Pension Julia !«, trumpfte Ingeborg auf. »Dann geh ich eben zur guten Julia.«
Angie wusste, wann es Zeit war zu kapitulieren. »Okay, wie du willst. Ich wohne bereits da. Wenn ich abreise, kannst du mein Apartment übernehmen, es war ohnehin das deine beim letzten Mal. Mit Terrasse.«
»Nichts da, Angela! Du reist nicht ab, ehe ich mich nicht niedergelassen habe, verstanden? Ich brauche deine Hilfe, Tochter. Dieses Mal ist es andersherum. Immerhin muss ich mir ein neues Leben aufbauen, und das in meinem Alter. Ich zähle fest auf dich. Wenn alles so läuft, wie ich es mir vorstelle, dann bist du nach einigen wenigen Monaten wieder frei und kannst gehen, wohin du willst. Meinetwegen auch auf Weltreise. Aber nicht jetzt.«
Angie seufzte leise, sagte aber nichts.
»Ich habe es gehört!«, sagte Ingeborg streng. »Darf ich dich daran erinnern, wie oft du selbst mir geraten hast, deinen Erzeuger in den Wind zu schießen? Das waren deine Worte. Ich kann nicht glauben, dass du das vergessen hast!«
An dieser Stelle fand es Angie dringend an der Zeit, das Thema zu wechseln. Zwar hatte sie in Angelas Tagebüchern bereits Hinweise gefunden, welche die schwierige oder sogar gestörte Vater-Tochter-Beziehung andeutungsweise umrissen. Aber völlig klar war ihr nicht geworden, wieso und weshalb. Oder gar, wo das Drama seinen ultimativen Anfang gehabt hatte.
Allerdings war sie daran in erster Linie auch nicht sehr interessiert gewesen. Die Sexabenteuer von Angela Engel lasen sich so viel interessanter. Und aufschlussreich waren sie obendrein, was Angies Auftrag betraf.
Aber natürlich: Die Beziehungskiste des Elternpaares Engel konnte offenbar auch einige wertvolle Hinweise liefern. Allerdings bedurfte es dazu weiterer und vertiefter Recherche.
Sobald Ingeborg Engel auf Teneriffa gelandet war, würde sich das auch gar nicht vermeiden lassen, wie es im Moment aussah.
»Was willst du denn hier auf der Insel machen, Mama? Dauerurlaub?«
»Schön wär’s. Wenn ich es mir leisten könnte. Kann ichaber nicht, ich wundere mich über deine Frage, Kind. Ehrlich. Du solltest es eigentlich besser wissen.«
»Schon gut, Mama, war ja bloß ein dummer Scherz. Also, was hast du vor?«
Uff, Vorsicht, Angie! Presche nicht so vorlaut voran, dazu weißt du zu wenig. Hättest eben deine »Hausaufgaben« besser machen sollen.
»Ich werde mir wohl die Kondom-Automaten kaufen, Angela. Von Elkes Bekannter, dieser Antonia. Ich nehme an, sie will das Geschäft immer noch loswerden? Du und Elke, ihr habt mir doch schon vor zwei Jahren zu dem Deal geraten. Deshalb brauche ich ja deine Hilfe. Du musst Antonia anrufen. Sie hat seinerzeit versprochen, sich um alle rechtlichen Formalitäten zu kümmern. Ich brauche Papiere, wenn ich mich auf der Insel mit einem eigenen Geschäft niederlassen will.«
Fuck!, dachte Angie erschrocken. Wer ist diese Antonia? Wo wohnt sie, wie erreiche ich die Frau? Allmählich wird mein Erdenauftrag richtig anstrengend!
»Du hast dir viel vorgenommen, Mama. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich im Moment dazu sagen soll.«
Bravo, Angie, stottere ruhig ein bisschen herum, das verschafft Zeit und vielleicht spuckt sie ja desto mehr Infos aus, je blöder und begriffsstutziger du dich anstellst.
Ingeborg lachte am anderen Ende. »Wieso? Ich werde Kondom-Automaten-Queen auf Teneriffa. Ist doch auch was Schönes, oder? Wir drei, Elke, du und ich, haben uns damals kaputtgelacht über
Weitere Kostenlose Bücher