Wilder Engel (German Edition)
den Einfall. Daran musst du dich doch noch erinnern. Was ist denn los mit dir? Im Übrigen kann es auch nicht schlimmer sein, als mit deinem Vater 36 Jahre lang verheiratet zu bleiben.«
»Tja, ich weiß nicht so recht, ehrlich, Mama!«
»Du rufst am besten heute noch Antonia an und sagst ihr Bescheid. Ich zähle auf dich, Angela.«
»Ich kann nur hoffen, du hast dir das alles sorgfältig überlegt, ich …«
»Habe ich. Und du weißt das auch ganz genau! In spätestens zwei Wochen fliege ich bei euch ein, mach das auch mit Julia klar, ja?«
»Okay, Mama!« Angie hatte kapiert, dass es momentan besser war, auf das Spiel einzugehen. Immerhin hatte sie noch etwas Zeit, um sich schlauzumachen – in Sachen Kondom-Automaten. Und überhaupt.
»Gut, dann! Ich melde mich bei dir, sobald ich einen Flug habe. Hast du eigentlich noch dieselbe Handy-Nummer?«
»Äh … nein! Man hat mir das Ding geklaut. Und ein neues hab ich noch nicht. Deshalb rufe ich ja von einer Zelle aus an.«
»Dann besorg dir ein neues Handy, Angela. Du musst doch erreichbar sein. Was ist denn los mit dir? Früher wärst du nie ohne das Ding auch nur zu den Mülltonnen gegangen.«
»Es wurde mir gestohlen, Mama. Letzte Nacht erst!«
Schnell hatte Angie diese kleine Notlüge erfunden.
»Besorg dir eines, und gib mir dann die neue Nummer durch. Ansonsten rufe ich bei Julia in der Pension an, falls vorher noch was ist oder mir noch was einfallen sollte.«
»Okay, Mama. Mach’s gut, wir sprechen uns. Ach ja, und grüß Papa schön von mir, trotz allem«, sagte Angie.
Es konnte ja nicht schaden, den armen Karl-Friedrich mit einem töchterlichen Gruß zu beehren. Immerhin würde er bald mit einer Kondom-Automaten-Queen verheiratet (gewesen) sein.
»Ich denke gar nicht daran«, sagte Ingeborg leise. »Er spricht seit sechs Wochen kein Wort mit mir. Wenn ich jetzt den Anfang machen würde wegen deiner Grüße, er würde glatt denken, ich wolle mich entschuldigen. Ich! Ha!«
»Wieso spricht er denn nicht mit dir, Mama?«
»Ich hatte einen Sonntagsbraten versehentlich zweimal gesalzen. Also versalzen, wenigstens für seinen Geschmack. Seitdem herrscht Funkstille.«
»Okay, Mama. Sieh zu, dass du einen Flug bekommst.« Angie war über sich selbst überrascht. Aber nach dieser verqueren Story musste der armen Frau einfach geholfen werden! Und wenn es verschärfte Recherche bedeutete, sei’s drum. Notfalls mussten die oben eben in der Informationszentrale auch mal selbst was arbeiten zur Abwechslung. Anstatt alles der Abgesandten Angie Engel zu überlassen. Zum Kuckuck noch mal.
Nachdem sie den Hörer aufgelegt hatte, versank Angie in fieberhaftes Nachdenken.
Ich muss etwas über diese Antonia herausfinden: die zukünftige Ex-Kondom-Automaten-Queen! Und über das Business an sich auch, damit Mama Ingeborg nicht reinrauscht und am Ende bloß ihr gutes Geld verliert … Hoffentlich gibt es in Angelas Tagebuch-Auszügen genug Hinweise, um damit arbeiten zu können.
Sie ließ den öffentlichen Fernsprecher links liegen und bog um eine Straßenecke. Dieser Weg würde sie schnellstens zurück zum Laptop in Julias Pension bringen.
In diesem Augenblick stellte sich ihr jemand in den Weg. Gedankenverloren wie sie war, konnte Angie nicht mehr schnell genug abbremsen und rauschte frontal in ihn hinein.
In die weit ausgebreiteten Arme dieses »Jemand«, um genau zu sein.
»Hallo Engelchen! Das ist aber eine nette Überraschung. Du könntest dich wenigstens ein bisschen über unser Wiedersehen freuen«, sagte Allister.
Und im nächsten Moment spürte sie auch schon seine Lippen auf ihrem Mund. Er begann, sie hingebungsvoll und voller Leidenschaft zu küssen.
Fuck!, dachte Angie wieder einmal. Aber danach hörte sie prompt mit dem Denken für ein Weilchen auf. Sie konnte nicht anders.
Und hätte sich diese innige Kussszene nicht ausgerechnet auf einem öffentlichen Gehweg abgespielt, alles wäre glatt noch viel schlimmer gekommen.
Angie hätte nämlich kapituliert! Einfach so. Er hätte ein leichtes Spiel gehabt, der Schotte. Allerdings hätte er sie dazu besser an einem einsamen Strandabschnitt abgefangen.
Dass dem nicht so war, war sein ganzes Pech.
Sie spürte es jedenfalls deutlich, es juckte sie schon wieder so schön, und vor allem so verdammt heftig. Sie hätte sich dieses Mal zu gerne von Allister vernaschen lassen.
Immerhin schuldete er ihr ein Rückspiel, nicht wahr?
Außerdem schien er durchaus dazu bereit, jedenfalls, wenn sie die
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