Wilder Engel (German Edition)
später erneut gefährlich nahe an die Grenze zum Erwachen geriet, spürte Allister wieder die Wärme und unmittelbare Nähe eines anderen Menschen.
Allerdings war dessen Bein mittlerweile fort, also konnte Allister sich dieses Mal behaglich herumwälzen. Die Augen hielt er dabei geschlossen, noch brummte sein Schädel zu sehr, grelles Tageslicht hätte ihn wahrscheinlich zum Bersten gebracht.
Er streckte als Nächstes vorsichtig eine Hand aus und tastete sich, ebenso vorsichtig, voran.
Nackte Haut, warm, leicht feucht vom Schlaf. Eine kleine Vertiefung … Ah! Ein Bauchnabel, na klar!
Der andere Körper rührte sich nicht. Tiefe, gleichmäßige Atemzüge aber ließen die Bauchdecke sich heben und senken. Der Körper schlief offenbar, das war gut!
Da konnte die eigene Hand doch glatt keck ein wenig weiterfahnden! Wer weiß, was sich da noch alles finden ließe weiter unten?
Was er kurz darauf tatsächlich zu fassen bekam, riss Allister jäh aus dem Halbdämmer und zerstörte jegliche Hoffnung auf eine glückliche Wendung seiner Geschicke. Gleichzeitig dämmerte ihm, dass er selbst auch nackt war.
»Fuck! Was ist denn das?«
»Mann! Kannst du mich nicht sanfter wecken?«, sagte eine verschlafene, aber dafür eindeutig männliche Stimme, die Allister noch dazu bekannt vorkam.
Als Nächstes bemerkte er zu seinem Entsetzen, dass er das Corpus Delicti nicht nur noch immer in der Hand hielt, sondern dass das Ding auch noch weiter ständig anschwoll.
»Was zum Teufel ist das!«
Natürlich wusste er es längst. Es war bloß zu entsetzlich, es sich auch einzugestehen. Wozu unter anderem gehört hätte, es sich anzusehen. In voller Natur, um alle Zweifel endgültig zu zerstreuen.
Außerdem konnte Allister die Augen noch immer nicht öffnen, sie schienen verklebt zu sein, und da waren auch diese hämmernden Kopfschmerzen.
»Was … ist … das!«, krächzte er unglücklich.
»Wonach fühlt es sich denn an?«, fragte Cameron.
»Nach … einem … gottverdammten … Schwanz,Mann! Sag, dass es nicht wahr ist. Sag zumindest, dass du jetzt keine steife Latte hast, sag, dass ich träume, ich …«
»Was erwartest du denn, wenn du ihn angrabschst, während ich noch schlafe? Woher soll er denn wissen, dass du ein Kerl bist, Allister Fraser! Du könntest doch auch Titten und eine Muschi haben, rein theoretisch zumindest, oder nicht? Er hat keine Augen, die habe ich. Aber die waren geschlossen, weil ich nämlich geschlafen habe.«
Im nächsten Moment saß Allister aufrecht im Bett. Es gelang ihm sogar, beide Augen so weit aufzumachen, bis zwei dünne Sehschlitze entstanden waren.
»Wieso liegen wir eigentlich beide zusammen nackt in einem Einzelbett? Kannst du mir das mal erklären?«
»Du hast mich eingeladen, in deinem Zimmer zu übernachten, ganz einfach!«, erklärte Cameron geduldig, als redete er mit einem Kind. »Ich bin gestern erst angekommen und habe noch keine Unterkunft. Wir waren zusammen aus bis in die frühen Morgenstunden, haben Unmengen getrunken und uns amüsiert. Deshalb.«
»Deshalb …«, wiederholte Allister schwach. »Ich kann mich aber nicht erinnern, dich eingeladen zu haben.«
»Hast du aber. Immerhin sind wir hier in deinem Zimmer in deiner Absteige, oder etwa nicht? Beides konnte ich doch gar nicht kennen!«
Gutes Argument immerhin! Andererseits …
»Du hättest mir ja heimlich auf der Straße folgen, mir vor meiner Tür eins über den Schädel ziehen, die Schlüssel aus meiner Hosentasche angeln und mich hier hereinschleifen können.«
»Träum weiter, Baby! Du weißt doch ganz genau, dasses nicht so war. In dem Fall hätte ich dich nämlich einfach neben dem Bett liegen gelassen. Anstatt es mit dir zu teilen, wie ich es musste, weil es ja deines ist. Es wäre viel bequemer gewesen, dich einfach niederzuschlagen und das karge Lager für mich alleine zu behalten. Du hättest mir diesen Vorschlag ruhig schon früher unterbreiten können!«
Der Versuch einer halbwegs logischen Erklärung wird ja wohl wenigstens gestattet sein. Wenn man sich schon an nichts erinnern kann, dachte Allister. Ehe er laut und deutlich »Fuck!« sagte.
Anschließend versuchte er, die beiden Sehschlitze mit Hilfe seiner Finger ein wenig zu erweitern. Es gelang ihm auch halbwegs.
Und ja, dies hier war sein Zimmer, eindeutig.
Auf dem Tisch neben dem Fenster stand putzigerweise ein rotes Damenhandtäschchen. Er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, es dahin gestellt zu haben. Aber das musste
Weitere Kostenlose Bücher