Wilder Eukalyptus
hinweg, als sie auf dem Weg nach draußen war.
»Ja, ja«, murmelte Jess. »Gib der Frau den kleinen Finger, und sie nimmt die ganze Hand.«
Gemma und Jess schrubbten jeden Zentimeter in der Scheune. Sogar die Fenster wurden geputzt - die Idee kam von Jess.
»Ich glaube kaum, dass die Scherer Wert auf saubere Fenster legen, Jess. Die kommen gar nicht dazu, die Aussicht zu genießen«, hatte Gemma eingewandt, aber Jess war nicht davon abzubringen. Die Container wurden sorgfältig von den kleinsten Faserresten befreit, die an dem Holz klebten, und der Boden wurde gründlich gekehrt, bis schließlich draußen über dem Feuer das Wasser in dem alten Kessel kochte, der zweihundert Liter fasste. Die Frauen schleppten eimerweise heißes Wasser in den Schuppen, das sie auf dem Boden ausschütteten, und anschließend streuten sie Scheuerpulver darüber und begannen zu schrubben. Der Schweiß tropfte ihnen von der Stirn, während sie still und konzentriert arbeiteten. Jack, der gleich nebenan in der Baracke war, sah gelegentlich herein und bot seine Hilfe an, aber Gemma schickte ihn wieder fort. »Nein, ruh dich aus und sieh zu, dass du bald wieder fit bist«, sagte sie. »Wir brauchen dich nächste Woche.«
Nach und nach löste sich der Lanolinfilm von den Dielen, und das Kiefernholz begann durchzuschimmern. Zum Schluss gingen Gemma und Jess in die Hocke und begutachteten ihr Werk.
»Tja, sollte hier jemand zur Kontrolle vorbeikommen, habe ich wohl nichts zu befürchten«, sagte Gemma.
»Gut«, antwortete Jess. »Mir knurrt der Magen. Kein Wunder, Mittag ist schon längst vorbei. Was hältst du davon, wenn du hier alles zusammenräumst und ich hinübergehe und uns was zu essen mache?«
»Bist du jetzt der Chef hier oder was?«, spottete Gemma, die Hände in die Hüften gestemmt.
»Nö, ich bin bloß hungrig«, antwortete Jess und
lächelte, froh darüber, dass Gemma wieder zu Scherzen aufgelegt war.
In Wahrheit hatte Gemma ein flaues Gefühl im Magen. Sie war sich nicht sicher, wie sie Bulla, Gaz, Ned und Ben die unangenehmen Neuigkeiten beibringen sollte und wie die Reaktionen ausfallen würden. Sie vermutete, dass Bulla bereits Verdacht geschöpft hatte, seit er die fremden Lämmer vergangene Woche entdeckt hatte. Allerdings wusste sie nicht, wie weit sein Verdacht reichte.
Craig Buchanan hatte genug davon, auf der Wache herumzusitzen. Über Zeitschemas, Karten und Computern zu brüten, war nicht gerade seine Lieblingsbeschäftigung, obwohl er seinen Job liebte. Aber er schob eben nicht gerne Innendienst. Lieber mischte er sich unter die Leute. Vielleicht sollte er heute Abend mal die Jewel Bar ausprobieren …
Craig beugte sich über die Tastatur und gab Bullas vollen Namen ein. Kein Treffer , erschien auf dem Bildschirm. Craig seufzte und tippte als Nächstes Jack Charles Marshall und das Geburtsdatum 19.07.1970 in die Suchmaske. Der Computer ratterte. Plötzlich erschien auf dem Monitor 1 Treffer . Craig klickte auf »Details« und rechnete insgeheim mit einer Vorstrafe wegen Trunkenheit am Steuer oder Geschwindigkeitsübertretung. Doch das Ergebnis übertraf seine Erwartungen.
»Hey, Dave«, rief er durch die offene Tür. »Wir haben einen Treffer. Komm mal her und sieh dir das an.«
Dave war sofort zur Stelle. »Was gefunden?«
Craig las den Eintrag laut vor, während sein Partner ihm über die Schulter sah.
»Jack Charles Marshall hat 2003 sechs Monate wegen Viehdiebstahl gesessen. Er hat drei Jungochsen geklaut, sie schlachten lassen und das Fleisch auf dem Schwarzmarkt verkauft. Tatort war … Queensland«, sagte Craig, während er rauf- und runterscrollte. »2005 wurde Marshall wegen schwerer Körperverletzung verurteilt. Er hat eine Frau misshandelt. Wenn das mal kein Volltreffer ist!«
»Freu dich nicht zu früh«, warnte Dave. »Marshall arbeitet noch nicht lange auf Billbinya. Trotzdem wirft das natürlich ein völlig neues Licht auf die Situation. Gut, wir behalten das im Hinterkopf. Marshall kann sich ausrechnen, dass wir irgendwann sein Vorstrafenregister überprüfen. Vielleicht hat er sich ja deshalb gestern vor mir versteckt. Allerdings meinten die anderen Männer, er wäre krank, und ich hatte nicht den Eindruck, als würden sie für ihn lügen. Außerdem«, fügte Dave nach kurzer Überlegung hinzu, »möchte ich ihn nicht direkt verhören. Vielleicht versucht er gerade einen Neuanfang. Bestimmt war es nicht leicht für ihn, Arbeit zu finden, und ohne begründeten Verdacht möchte
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