Wilder Eukalyptus
Mann. Ich kann für ihn einspringen, bis Gemma wiederkommt. Ich muss nämlich dringend mit ihr sprechen. Ist Garry in der Nähe?«
»Nein, er ist in der Stadt und besorgt Material für die Schur.«
»Gut, geben Sie mir die Spritzpistole. Ich behandle die Schafe, und Sie lassen sie auf die Weide.«
Bulla blickte Ben stumm an.
»Ich bin selber Farmer, Bulla. Ich weiß schon, wie man das macht.«
Bulla deutete mit dem Kopf auf eine Holzbank, wo der Rucksack und die Spritzpistole lagen. »Bitte, nur zu. Tun Sie sich keinen Zwang an.« Er wandte sich zum Gehen, zögerte jedoch kurz. »Sie haben ein Auge auf unsere Gem geworfen, stimmt’s?«
»Ja«, gestand Ben.
Bulla nickte. »Sie wären ein guter Mann für Gem.«
Ben schüttelte den Kopf. Seine Gefühle für Gemma spielten hier keine Rolle. Falls sie tatsächlich in die Viehdiebstähle verwickelt war, würde er sie nicht einmal mehr mit der Kneifzange anfassen wollen. Aber tief in seinem Innern war Ben davon überzeugt, dass Gemma keine Kriminelle war.
Nachdem Jess die Medikamente besorgt hatte, die Gemma vom Arzt verschrieben worden waren, packte sie den Wagen voll mit Lebensmitteln und Alkohol und fuhr schließlich los.
»Alles klar, Gem?«, fragte sie, als sie auf den Zufahrtsweg von Billbinya bogen.
»Ja«, antwortete Gemma leise. Aber ihr war nicht wohl in ihrer Haut. Sie hatte Angst. Sie fürchtete sich davor, das Haus zu betreten. Craig hatte ihr versichert, dass diese Angst völlig normal sei, und Jess hatte sich sofort bereit erklärt, ihr auf Billbinya Gesellschaft zu leisten. Pat hatte seinen Besuch angekündigt, und Bulla und Garry
würden sicher auf dem Hof bleiben und in der Baracke schlafen, wenn Gemma sie darum bat. Außerdem war die Schurkolonne noch eine volle Woche da.
»Ah, ist das nicht Ned?«, fragte Jess, als sie auf den Hof fuhren.
Gemma sah hinüber zu der Gestalt im Gehege. »Nein, ich glaube, das ist Ben.« In ihrem Bauch breitete sich ein warmes Gefühl aus. »Was macht der denn hier am Samstag?«
»Wahrscheinlich ist er wegen dir hier.« Jess grinste süffisant. »Der fährt auf dich ab.«
»Hmm«, sagte Gemma und wechselte unter Schmerzen ihre Sitzposition.
Sie hielten vor dem Gehege und stiegen aus. Ben hob den Kopf, und ihm stockte kurz der Atem, als er Gemmas geschwollenes Gesicht und ihren bandagierten Arm sah. Er besprühte die letzten Schafe im Treibgang und ließ sie anschließend heraus, dann legte er den Rucksack ab und ging zu den beiden Frauen hinüber.
»Sie sehen ganz schön fertig aus, Gemma«, sagte er und berührte sanft ihre Schulter.
»Ja, das bin ich auch.« Gemma lächelte ihn an und genoss die Zuneigung und Anteilnahme, die Ben ihr vermittelte. »Wie kommt es, dass Sie hier bei uns mit anpacken?«
Bens Gesicht wurde ernst, da ihm der Grund seines Besuchs wieder einfiel. Er wandte sich von Gemma ab und mied ihren Blick. »Ich bin hier, weil ich mit Ihnen reden muss, und ich hatte den Eindruck, dass Bulla meine Hilfe gut gebrauchen kann. Also habe ich ihm vorgeschlagen, mich nützlich zu machen, während ich auf Sie warte.«
»Oh.« Gemma irritierte es, dass Ben ihr den Rücken zukehrte. »Na dann, vielen Dank. Ich werde wahrscheinlich eine Weile außer Gefecht sein mit dem Arm.«
Ben drehte sich plötzlich wieder um und sah Gemma direkt in die Augen. »Gemma, sagen Sie mir die Wahrheit. Haben Sie was mit den Viehdiebstählen zu tun? Was wissen Sie darüber? Jedes noch so kleine Detail kann hilfreich sein.«
Gemma wich augenblicklich vor Ben zurück, während Jess sich an ihre Seite stellte. Es entstand ein kurzes Schweigen, und Gemmas Augen wurden schmal. »Und ich dachte, Sie wären anders, Ben«, stieß sie mit erstickter Stimme hervor. »Ich dachte, Sie glauben mir. Wissen Sie was, Sie können mich mal! Ich werde mich nicht dazu herablassen, Ihre Fragen zu beantworten. Wir haben Ihre Hilfe nicht nötig. Sie können gerne wieder gehen.« Blind vor Tränen stolperte Gemma zurück zum Wagen.
Jess starrte Ben an. »Ich habe Sie wohl völlig falsch eingeschätzt«, sagte sie. »Eigentlich dachte ich, Sie gehören zu den Guten.« Sie schickte sich an, Gemma zu folgen.
»Jess, ich habe Dokumente mit Gemmas Unterschrift gefunden, die darauf hindeuten, dass sie mehr weiß, als sie zugibt. Wenn Sie wollen, dass ich ihr helfe, muss ich genau wissen, woran ich bin. Darum habe ich Gemma gefragt, ob sie in die Viehdiebstähle verwickelt ist. Denn wenn dem so ist, kann ich ihr nicht helfen. Aber falls
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