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Wilder Oleander

Wilder Oleander

Titel: Wilder Oleander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Harvey
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Gerichtsreporters, der Gerichtsdiener und Zuschauer. David war der Alpha-Wolf des Clans und Ophelia begehrte ihn mit jeder Faser ihres Seins.
    In der Verhandlungspause machte sie sich auf die Suche nach ihm. Umringt von Reportern und von den Frauen mit gierigen Blicken bedacht, entdeckte sie ihn in der überfüllten Halle. Als er sie bemerkte, ihr erhitztes Gesicht und ihr verschwörerisches Lächeln wahrnahm, löste er sich aus dem Pulk, griff nach Ophelias Hand und eilte mit ihr durch die Halle und um die Ecke, zog sie in den ersten Raum, der nicht verschlossen war - ein kleines Besprechungszimmer –, stieß die Tür zu, ohne darauf zu achten, sie zu verriegeln, schob hastig Ophelia den Rock hoch und streifte ihr das Höschen ab, half ihr dann, sich auf die ovale Platte des polierten Holztischs zu legen. Sie liebten sich voller Leidenschaft, zusätzlich angefeuert von dem Gedanken an die unversperrte Tür und die auf dem Flur wartende Menge.
    Und genau da war es passiert. Aus irgendeinem Grund versagten die Anti-Babypillen und die Empfängnis fand statt.
    In ihrer unmöglichen französischen Prunksuite in The Grove packte Ophelia jetzt den zweiten Schwangerschaftstest aus und wiederholte die Prozedur, wobei sie hoffte,
betete
, dass das erste Ergebnis sich als falsch herausstellen würde.
    Aber der zweite Teststreifen beseitigte den letzten Zweifel. Sie war schwanger.
    Alles um sie herum geriet ins Wanken, der Boden wurde ihr unter den Füßen weggezogen. Diese starke Frau, die Protestmärsche anführte und zu den Massen redete, streckte Halt suchend die Hand aus. Derart groß war die Angst, die mit einem Mal von ihr Besitz ergriff.
    Ihr Mund wurde trocken. Ihr Herz raste.
Was nun?
    Sie stürzte zum Telefon und rief ihre Ärztin an. »Ich bin schwanger. Wie ist das möglich? Ich nehme doch die Pille.«
    Dr.Cummins klang nicht so entsetzt, wie sie nach Ophelias Vorstellung hätte sein müssen. Begriff sie nicht, dass dies der Weltuntergang war? »Ophelia, die Pille ist kein hundertprozentiger Schutz. Auch wenn sie nur selten versagt. Nehmen Sie vielleicht seit Ihrem letzten Besuch in meiner Praxis ein neues Medikament ein?«
    »Nein, natürlich nicht.« Dann: »Mein Augenarzt hat mir Tetracyclin verordnet, wegen einer Bindehautentzündung.«
    Schweigen am anderen Ende. »Ophelia, Tetracyclin ist ein Antibiotikum und kann als solches die Wirkung von Anti-Babypillen beeinträchtigen. Ihr Augenarzt hätte sich erkundigen sollen, ob Sie ein orales Verhütungsmittel einnehmen.«
    »Er hat mir nur gesagt, dass Tetracyclin anfälliger für Sonnenbrand macht. Statt mich mit Sonnenschutzmittel einzuschmieren, wäre es wohl sinnvoller gewesen, ein Kondom zu benutzen!«
    »Ophelia, Sie sind aufgebracht. Verständlicherweise. Jetzt hören Sie mir mal zu. Kommen Sie her, dann testen wir Sie auf Fruchtwasser hin. Wenn das Ergebnis positiv ist, können wir sofort einen Abbruch machen.«
    Abbruch! »Nein.«
    »Noch ist es nur ein Embryo. Noch nicht mal ein Fetus … « Fetus.
     
    Es ist ein Baby! Mein Sohn oder meine Tochter! Nicht etwas, was man im Biologielabor einer Highschool seziert.
    Sie legte auf.
    Fühlte sich wie taub. Völlig durcheinander.
    Ihr Blick fiel auf ihre auf der Glasplatte des verschnörkelten Tischs ausgebreitete Arbeit, auf das Manuskript von
Zur Verteidigung unserer Ahnen
. Mit einem Mal verachtete sie ihre Ahnen, diese Juden in fernen Ländern, die ihr schlechtes Blut weitervererbt hatten. Sie trugen die Schuld daran, dass Ophelia damit rechnen musste, ein krankes Kind zu bekommen.
    Abtreibung kam nicht in Frage. Das war wider die Naturgesetze und die göttlichen Gebote. Wenn eine Frau im prähistorischen Zeitalter versuchte, eine Fehlgeburt einzuleiten, wurde sie vom Clan verstoßen, weil der Tod eines Kindes den Tod des Clans bedeutete. Überleben war das einzige Gesetz. Vor wie vielen Abtreibungskliniken hatte Ophelia zum Streik aufgerufen? Flugblätter verteilt? Transparente hochgehalten? Die Frauen geschmäht, die durch jene Türen eintraten? Sie Mörderinnen geheißen, weil sie sich geweigert hatte, »die andere Seite« der Medaille zu sehen?
    Und nun befand sie sich unvermittelt auf der anderen Seite. Wütend ging sie zwischen den Louis-Quinze-Stühlen auf und ab und rang die Hände.
    Wie sollte sie die Schwangerschaft überhaupt durchstehen?
    Jetzt war sie froh, dieses mysteriöse Preisausschreiben gewonnen zu haben und nach The Grove gekommen zu sein. Sie musste das Problem allein lösen,

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